Revision des Datenschutzgesetzes droht zu scheitern
Das Parlament kann sich nicht auf eine Lösung für die Totalrevision des Datenschutzgesetzes einigen. Der Nationalrat hat die Vorlage nun ein letztes Mal zurück in den Ständerat geschickt. Wenn dieser an seiner Lösung fürs Profiling festhält, muss die Einigungskonferenz einen Kompromiss finden.
Der Nationalrat hat über die Totalrevision des Datenschutzgesetzes debattiert und den Vorschlag des Ständerats abgelehnt. Nach drei Jahren Ratsdebatte sollte die Vorlage bis zum Ende der Herbstsession bereinigt sein. Doch in einem Kernpunkt, dem Umgang mit der automatisierten Bearbeitung von Personendaten, herrscht nach wie vor Uneinigkeit. Die Vorlage sei absturzgefährdet, teilt "admin.ch" mit.
Knackpunkt ist das sogenannte Profiling, mit dem bestimmte Aspekte einer Person bewertet werden sollen. Ein Beispiel sind Onlineshops, die das Surfverhalten von Nutzern und Nutzerinnen analysieren und diesen dann Kaufempfehlungen unterbreiten.
Der Bundesrat wollte diese Art der Datenbearbeitung an strengere Bedingungen knüpfen, was der Nationalrat bei seiner ersten Beratung im vergangenen Herbst ablehnte. Der Ständerat schlug daraufhin weniger strenge Regeln für Unternehmen vor. Die kleine Kammer wollte zudem unterscheiden zwischen normalem Profiling und Profiling "mit hohem Risiko", für das eine ausdrückliche Einwilligung nötig wäre.
Nationalrat stellt sich gegen Kompromissvorschlag
"Es ist eine unendliche Geschichte, die wir hoffentlich langsam auf die Zielgerade bringen", sagte Cédric Wermuth (SP/AG). Seine Fraktion plädierte - zusammen mit den Grünen, der GLP und einigen Abweichlern der Mitte- und der FDP-Fraktion - dafür, den Kompromissvorschlag des Ständerats anzunehmen. Dieser schaffe Rechtssicherheit und gewährleiste ein Datenschutzniveau, das dem geltenden Recht entspreche.
Der Nationalrat lehnte das aber ab. Er beschloss mit 98 zu 88 Stimmen bei 5 Enthaltungen, an der ursprünglichen Lösung festzuhalten. Demnach sei auf besondere Voraussetzungen für das Profiling zu verzichten, namentlich auf die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person.
Gegner befürchten negative Folgen für die Wirtschaft
Eine Kommissionsmehrheit hielt den Vorschlag des Ständerats für nicht überzeugend, wie Nationalrat Matthias Samuel Jauslin (FDP/AG) sagte. Mit der Einführung des Begriffs "Profiling mit hohem Risiko" befürchte man einen "Swiss finish", der negative Folgen für die Schweizer Wirtschaft haben könnte.
Die Mitte-Fraktion schloss sich dieser Argumentation mehrheitlich an. Der Vorschlag des Nationalrats sei rechtssicherer und wirtschaftsfreundlicher als jener des Ständerats, sagte Marco Romano (CVP/TI). Das heutige Schutzniveau bleibe bestehen.
Umstrittenes Widerspruchsrecht
Der Nationalrat lehnt weiterhin auch ein Widerspruchsrecht gegen das Profiling ab - mit 105 zu 84 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Es gebe bereits heute ein solches Recht, argumentierte Samuel Jauslin im Namen der Kommissionsmehrheit. Ein zusätzlicher Artikel sei unnötig.
Auch eine dritte Differenz zwischen National- und Ständerat bleibt bestehen: Der Nationalrat möchte bei den Bonitätsprüfungen, dass Personendaten über zehn Jahre zurückverfolgt werden dürfen, um die Kreditwürdigkeit einer Person abzuschätzen. Dieser Entscheid fiel mit 104 zu 87 Stimmen bei einer Enthaltung. Der Ständerat möchte diesen Zeitraum wie der Bundesrat auf fünf Jahre beschränken.
Revision droht zu scheitern
Die Vorlage kommt nun ein letztes Mal in den Ständerat. Wenn dieser an seiner Profiling-Lösung festhält - was wahrscheinlich ist -, muss sich die Einigungskonferenz mit der Revision des Datenschutzgesetzes befassen.
Links-Grün droht mit einem Nein bei der Schlussabstimmung, sollte sich bis dahin nicht der Lösungsvorschlag des Ständerats durchsetzen. Zusammen mit der SVP, welche das neue Datenschutzgesetz aus grundsätzlichen Gründen ablehnt, könnten SP und Grüne die Vorlage am Schluss bachab schicken.
Fragliche Anerkennung der EU
Der nächste Streit wäre vorprogrammiert. Scheitert die Vorlage, könnte die EU das Schweizer Datenschutzniveau als nicht äquivalent einstufen. Die Folgen für Schweizer KMUs wären frappant: Die grenzüberschreitende Datenübermittlung zwischen der Schweiz und den EU-Staaten wäre mit zusätzlichen administrativen Hürden verbunden.
"Vielleicht kriegen wir die Kurve noch", sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Sie plädierte dafür, das heute geltende Schutzniveau nicht zu unterbieten. Mit dem Profiling-Vorschlag des Nationalrats sei das nicht sichergestellt.