Wie die Schweiz ihre digitale Zukunft gestaltet
Vor zehn Jahren begann sich die Schweiz sektor- und industrieübergreifend mit der digitalen Transformationsfrage auseinanderzusetzen – und ich war als erste Geschäftsführerin von DigitalZurich2025 mittendrin. Heute sind wir in der Zukunft von damals angekommen, doch gleichzeitig an einem neuen Wendepunkt: Künstliche Intelligenz hat das Spielfeld verändert. Welche Wegweiser sind nun entscheidend, um in der globalen Wertschöpfungskette nicht nur mitzuhalten, sondern weiterhin vorne mitzuspielen?

2015 schlossen sich Nationalräte, Regierungsräte, Universitätspräsidenten und Wirtschaftsführer grosser Schweizer Firmen zusammen, um die Grossregion Zürich zum digitalen Hotspot Europas zu machen. So entstand DigitalZurich2025 – später digitalswitzerland – eine Standortinitiative zur Beschleunigung der digitalen Transformation, zur Förderung digitaler Talente, zur Unterstützung von Start-ups und zur Schaffung optimaler politischer Rahmenbedingungen. Ich übernahm damals mit meiner Beratungsfirma Inspire 925 das Mandat für die Geschäfts- und Gesamtprojektleitung. Am 7. Januar 2017 zog ich Bilanz, nachdem ich die Verantwortung an einen vollamtlichen Geschäftsführer übergeben hatte – und präsentierte fünf zentrale Wegweiser für die Zukunft (hier nachzulesen).
Nun leben wir in eben jener Zukunft von "DigitalZurich2025" – und der Zeitpunkt scheint richtig, um erneut eine Standortbestimmung vorzunehmen. ChatGPT und andere KI-Technologien verändern Geschäftsmodelle und Arbeitsprozesse mit nie dagewesener Geschwindigkeit. Welche neuen Wegweiser braucht es nun, damit die Schweiz vorn mitspielen kann und auch im Zeitalter der KI Innovationstreiberin bleibt?
1. Mit der E-ID kommt – spät, aber doch – ein wichtiger Baustein
Die elektronische Identität ist für die digitale Wettbewerbsfähigkeit essenziell und in Estland schon seit 20 Jahren im Einsatz. In der Schweiz soll sie ab 2026 endlich verfügbar sein – sofern kein Referendum zustande kommt.
2. Stärkere politische Vertretung der Digitalthemen
Während die Agrarwirtschaft im Parlament eine grosse Lobby besitzt, ist die Stimme der Digitalwirtschaft unterrepräsentiert. So können wir ab Mai von den USA nur noch begrenzt KI-Chips importieren – eine Einschränkung, die unsere Innovationskraft ausbremsen wird. Gibt es deshalb einen Aufschrei in Bern? Nein! Sollte es aber. Es gilt, dieses Thema mit den USA neu auszuhandeln und insgesamt die Digitalkompetenz im Parlament zu erhöhen.
3. Bildung im KI-Zeitalter ausbauen
In den obligatorischen Schulstufen besteht Nachholbedarf bei digitalen Kompetenzen. Berufsbegleitende Re- und Upskilling-Angebote müssen zudem schweizweit noch zugänglicher und niederschwelliger sein, damit der Arbeitsmarkt genügend digitale Talente hervorbringt. Auf Hochschulniveau ist die Schweiz dank ETH und EPFL international Spitze, doch ab 2025 erhält der ETH-Bereich 100 Millionen Franken weniger vom Bund. Eine einmalige Kürzung um weitere 100 Millionen Franken erhöht diesen Betrag auf 200 Millionen dieses Jahr. Gerade jetzt (in diesem technologischen Beschleunigungsmoment) sollten wir aber sogar mehr in Forschung und Innovation investieren. Mit dem aktuellen Budgetentscheid nehmen wir uns selbst aus dem Rennen. Hier ist eine Kurskorrektur nötig.
4. Forschungspartnerschaft mit Europa stärken
Seit dem 1. Januar 2025 haben Schweizer Forschende wieder mehrheitlich Zugang zu EU-Förderungen – nach dreieinhalb Jahren Ausschluss. Nach wie vor haben sie aber keinen Zugang zu EU-Programmen, welche die EU als strategisch und sicherheitsrelevant einstuft, darunter SpaceTech, Cybersecurity oder Quantencomputing. Um diese Chance zu sichern und auszubauen, dürfen wir die bilateralen Verträge mit der EU nicht aufs Spiel setzen. Eine starke Forschung, gepaart mit einer State-of-the-Art-Forschungsinfrastruktur wie wir sie unter anderem mit dem CERN, Paul Scherrer Institut und der Swiss AI Initiative haben, ist die Basis für eine prosperierende Schweizer Wirtschaft.
5. Start-up-Investments fördern
Um Technologien aktiv mitzugestalten und unsere Abhängigkeit von amerikanischen Technologieanbietern zu reduzieren, braucht es mehr Kapital für Jungunternehmen, besonders im DeepTech-Bereich. Zwar funktionieren erste Finanzierungsrunden oft, doch Mega-Investments, IPOs und grosse Übernahmen fehlen in der Schweiz. Wollen wir das nächste "Nvidia" im Land sehen, müssen Scale-ups hier wachsen und Exits realisieren können. 2024 flossen 2,3 Milliarden Franken in Start-ups; um zu den Top-Ten der globalen Innovations-Cluster zu gehören, sind 5 Milliarden Investments pro Jahr nötig, und bis 2030 sogar 10 Milliarden jährlich. Abhilfe könnten Pensionskassen schaffen (ähnlich wie im Silicon Valley), doch hierfür müssten sie einen einstelligen Prozentanteil ihres immensen Anlageportfolios für Investitionen in Jungunternehmen nutzen.
Damit diese fünf Punkte zum Erfolg führen, ist ein kultureller Wandel nötig: weniger Behäbigkeit und Gärtchendenken, dafür mehr Offenheit und Mut. Diese Eigenschaften, zusammen mit Begeisterung, Ideenreichtum und Ausdauer, entscheiden, ob wir unseren Platz in der globalen Wertschöpfung bis 2035 weiter ausbauen und das KI-Zeitalter erfolgreich meistern oder nicht.

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