Streaming-Dienste werden wegen Corona immer beliebter
Jugendliche nutzen ihr Handy immer mehr, wie die diesjährige James-Studie zeigt. Wegen der Coronakrise hat die Bedeutung des Smartphones und von Streaming-Diensten nochmals zugenommen.
Die Swisscom und die ZHAW haben im Jahr 2020 wieder die Handynutzung und den Medienumgang der Schweizer Jugendlichen untersucht. Dafür befragten die beiden Unternehmen 1000 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren, wie Swisscom mitteilt. Die selbstgeschätze Nutzungsdauer nahm stark zu: Am Wochenende ist die Handynutzung mit fünf Stunden am Tag rund zwei Stunden höher als 2018. Während der Woche beträgt die Nutzungsdauer des Smartphones rund drei Stunden pro Tag.
Mädchen chatten, Jungen gamen
Die Internetnutzung verlagert sich zunehmend aufs Handy. Mädchen nutzen in erster Linie soziale Netzwerke und chatten auch via Sprachnachrichten. Jungs dagegen benötigen das Smartphone eher für das Schauen von Onlinevideos und zum Gamen. Insgesamt gaben zwei Drittel der Jungen an, auf dem Smartphone regelmässig zu gamen, wohingegen dies eines von zehn Mädchen tut. 38 Prozent der Befragten nutzen auch Game-Flatrate-Abos.
(Source: 2020 ZHAW Medienpsychologie)
Auch Streaming-Dienste werden immer beliebter. 75 Prozent der Jugendlichen haben Zugriff auf ein Streaming-Abonnement wie Netflix in ihrem Haushalt. Auch Musik-Streaming wird mit einer Nutzung von 59 Prozent immer beliebter. Jugendliche nutzen das Handy aber nach wie vor auch zum Lesen von Büchern: 23 Prozent der Befragten tun dies regelmässig. "Der Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie war für die Jugendlichen belastend", sagt Daniel Süss, ZHAW-Forscher und Co-Studienleiter. "Sie nutzten vermutlich verstärkt die Angebote von Streaming-Diensten, um sich abzulenken oder aus der für sie belastenden Realität zu flüchten."
Ein weiterer Streaming-Dienst, der kürzlich in der Schweiz lanciert wurde, ist Google Stadia. Lesen Sie hier mehr dazu, welche Erfahrungen die Redaktion mit dem Game-Streaming-Dienst im Hands-on gemacht hat.
Tiktok wird beliebter
Instagram und Snapchat dominieren seit 2018 die sozialen Netzwerke, wie es in der Studie weiter heisst. 2020 nutzen über 90 Prozent aller Jugendlichen diese beiden Portale. Als neuer Aufsteiger zählt Tiktok: 75 Prozent der Jugendlichen besitzen einen Tiktok-Account. Facebook wird gerade noch von 14 Prozent der Jugendlichen genutzt. Dieser Trend zeichnete sich bereits in der James-Studie 2018 ab. Somit ist das Portal bei den Jugendlichen weniger beliebt als Tinder. Rund ein Viertel der befragten Jugendlichen nutzen die Mobile-Dating-App.
(Source: 2020 ZHAW Medienpsychologie)
Im Vergleich zu früher schützen jedoch weniger Jugendliche ihre Privatsphäre auf den sozialen Netzwerken: Während es im Jahr 2014 noch 81 Prozent taten, schützen 2020 noch 66 Prozent ihre Privatsphäre. "Wenn die Jugendlichen ihre Privatsphäre einschränken, sind sie weniger sichtbar und erhalten weniger Reichweite. Dies schränkt die Möglichkeiten ein, an Likes zu kommen", sagt Gregor Waller, Co-Projektleiter.
Sexuelle Belästigung kommt häufiger vor als Cybermobbing
Ein Viertel der befragten Jugendlichen kam schon in Kontakt mit Cybermobbing. Davon sind mehr Mädchen als Jungen betroffen. Jedoch sind noch mehr Jugendliche von sexueller Belästigung im Internet betroffen: 44 Prozent der Befragten wurden von einer fremden Person mit unerwünschten sexuellen Absichten kontaktiert. Auch hier sind die Mädchen mit 55 Prozent häufiger betroffen als Jungen mit 28 Prozent.
"Natürlich interessieren sich Jugendliche in diesem Alter immer mehr für sexuelle Inhalte. Es ist aber etwas ganz anderes, wenn Jugendliche ungewollt damit konfrontiert werden", sagt Michael In Albon, Jugendmedienschutz-Beauftragter bei Swisscom. Der Grund für den Anstieg sieht die ZHAW und Swisscom in der Verharmlosung sexualisierter Inhalte im Netz. Jugendliche sollen mehr darauf sensibilisiert werden. Wichtige Elemente dabei seien: "Sich abgrenzen, nein sagen, Absender blockieren sowie den Vorfall offen mit Bezugspersonen ansprechen".
Die Befragung fand zur Zeit des Lockdowns statt. Dadurch sei die Bedeutung des Smartphones noch gestiegen, wie Daniel Süss in einem Video erklärt.