Best of Breed

Individueller Standard oder standardisierte Individualität?

Uhr | Aktualisiert
von Jacqueline Fischer, Product Manager Advisor Workbench, Finnova; Marco Gwerder, Leiter Business Process Framework & Business Process Solutions, Finnova

Oft reichen Standardprodukte nicht aus, um das Bedürfnis nach Individualität in bankfachlichen Belangen zu erfüllen. Im Gegenzug kann sich kein Bankinstitut, kein Financial Service, kein ­Unternehmen die maximal flexible Lösung leisten. Ein Dilemma.

Jacqueline Fischer, Product Manager Advisor Workbench, Finnova; Marco Gwerder, Leiter Business Process Framework & Business Process Solutions, Finnova. (Source: zVg)
Jacqueline Fischer, Product Manager Advisor Workbench, Finnova; Marco Gwerder, Leiter Business Process Framework & Business Process Solutions, Finnova. (Source: zVg)

Unternehmen sehen sich nicht erst seit dem Ausbruch von ­Covid-19 vor zwei Jahren mit einem zunehmenden Digitalisierungsdruck konfrontiert. Die digitale Transformation wird befeuert durch Konkurrenten mit entsprechenden Lösungen sowie Tool- und Plattformanbieter. Auch die neuen Genera­tionen mit ihrer zunehmenden Maturität in der Handhabung von digitalen Anwendungen tragen dazu bei. Schliesslich ist die Generation Z schon vollständig digital aufgewachsen. Und die Produkte, welche die Anforderungen der Generation Alpha erfüllen, müssen noch entwickelt werden … Zusätzlich fördern Risiko- und Compliance-Überlegungen sowie das Ziel, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, die digitale Transformation. Der Digitalisierungsdruck kann also von aussen wie von innen kommen, wobei sich die Motive teilweise überschneiden.

Kostensenkung und Risikominimierung als ­bisherige Maximen

Die Themen "Deckungsbeiträge" und "Prozessoptimierung" sind längst nicht vom Tisch. De facto zählen sie wohl zu den eigentlichen Treibern der Digitalisierung und Automatisierung. Durch die Effizienzsteigerung erledigen Bankmitarbeitende ihre Aufgaben schneller. Zudem sinkt ihre potenzielle Fehlerquote, weil sogenannte "geführte Prozesse" sie in ihren vielfältigen Tätigkeiten unterstützen. Auch Compliance-Risiken verringern sich dank vorgegebener Business-Rules. Das Skalierungspotenzial bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen wird dennoch vielerorts unterschätzt. Damit ist nämlich nicht nur die höhere Anzahl von ausgeführten Prozessen gemeint. Auch die Wiederverwendung eines bereits digitalisierten integrierten Prozesses (oder von Bestandteilen davon in anderen Prozessen mit ähnlichen Anforderungen) ist hier zu prüfen. Clever gedacht, gut geplant und geschickt umgesetzt, optimieren digitale Prozesse den Return on Investment.

Lernen, um wachsen zu können – Standardisierung und Individualisierung

Doch wo beginnen? Standardlösungen sind skalierbar und ermöglichen es auf einfache, aber hochwirksame Weise, vieles kostengünstig zu realisieren. Zudem sind sie mehrfach getestet und profitieren von einer grossen Community und deren Know-how. Wo Geschäftsprozesse über Unternehmen hinweg homogen sind, decken Standardlösungen die zu designenden Prozesse der jeweiligen Bankinstitute (bezüglich Breite und Tiefe) gut ab. Um die Investitionen in digitalisierte, geführte Prozesse wirtschaftlich nachhaltig zu gestalten, muss der Fokus einerseits auf der Softwarearchitektur und andererseits auf der User Experience liegen.

Der Ruf nach individuellen, bankspezifischen Prozessen wird insbesondere dann lauter, wenn die Möglichkeiten der Standardlösung erschöpft sind, mehrere Best-of-Breed-Lösungen verbunden oder die Lösungen auf zusätzliche Kanäle, sprich Prozessgruppen, ausgeweitet werden sollen. Daraus ergeben sich zwei strategische Handlungsoptionen:

  1. Die Standardlösung wird um die individuellen Zusatz­anforderungen erweitert.

  2. Die Best-of-Breed-Lösungen werden über eine Orchestra­tionskomponente (Software) mit der Standardlösung ­verbunden.

Unseren Erfahrungen zufolge ist die zweite Handlungsoption zu bevorzugen. Nur so lässt sich das Beste aus den teilweise divergierenden Ansprüchen bezüglich Standard und Individualität herausholen: Individuelle, skalierbare Erweiterungen und Integrationen werden im Rahmen von Best-of-Breed-Lösungen gezielt vorgenommen. Dadurch bleiben die Entwicklungs- und Betriebskosten für die Standardlösung tief, und die Time-to-Market wird verringert.

Ganzheitliche Unternehmenssicht

"Nur ein bisschen" Digitalisierung ist nicht möglich oder wird nur von kurzem, beschränktem Erfolg gekrönt sein. Hier geht es nicht um Quick Wins, sondern um ein langfristiges Projekt. Das Prozessportfolio muss deshalb bekannt und das Vorgehen als Ganzes gut geplant sein. Dabei ist es unerlässlich, die Stakeholder frühzeitig einzubeziehen und dauerhaft einzubinden.

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