Kolumne

Progressive Evolution in der Finanzindustrie

Uhr | Aktualisiert
von Hendrik Lang, CEO, Finnova

Bewährtes modernisieren, Neues schaffen – und immer wieder Ressourcen in Basis-Innovationen stecken. Das ist der Weg, wie Banken neue Geschäftsfelder entwickeln und gestärkt aus dem Digitalisierungskarussell hervorgehen können.

Hendrik Lang, CEO, Finnova. (Source: Netzmedien)
Hendrik Lang, CEO, Finnova. (Source: Netzmedien)

Banken sind gezwungen, ihre Geschäftsmodelle digital weiterzuentwickeln. Das ist spannend, aber für die Geldinstitute kein leichtes Unterfangen. Nehmen wir die Blockchain-Technologie als Beispiel. Bis auf wenige Ausnahmen wie etwa Sygnum oder Maerki Baumann geschieht trotz einer gewissen Blockchain-Begeisterung schliesslich wenig Konkretes.

Use Cases, auf welche die Marktteilnehmer sehnlichst warten, fehlen weitgehend. Die Zurückhaltung der Banken ist nachvollziehbar, da deren Projektportfolios ohnehin bereits mit Digitalisierungs- und Regulationsprojekten übervoll sind. Da ist die Luft dünn für "Basis-Innovationen", also Innovationen der übernächsten Geländekammer.

Die digitale Geschäftsmodellinnovation ist aber nicht nur für Banken eine Herausforderung, sondern auch für uns als Hersteller und Entwickler von Bankensoftware. Klar, als Technologie­unternehmen liegt Innovation in unserer DNA. Auch wir müssen uns primär aufs Hier und Jetzt fokussieren. Damit die Basis-Innovationen aber nicht zu kurz kommen, betreiben wir ein gut strukturiertes Innovationsmanagement, in dem wir unsere Handlungsfelder in drei "Horizons" gegliedert haben.

  • Horizon 1 beinhaltet alle Investitionen, die mit dem ­un­mittelbaren Werterhalt unseres Leistungsportfolios ­zusammenhängen.

  • Horizon 2 sind Produkt- und Lösungsinnovationen, die ­unseren Kunden und unserer Community einen direkt ­spürbaren, unmittelbaren Nutzen bringen.

  • Horizon 3 ist langfristigen Projekten gewidmet, die zwar ­keinen unmittelbaren Payback bringen, aber wichtig für die nachhaltige Innovationskraft eines Unternehmens sind. ­Hierunter fallen etwa Bereiche der künstlichen Intelligenz oder Blockchain, aber auch Geschäftsmodell-Innovationen.

Wäre so ein Horizon-Modell etwas, nach dem auch Banken ihre Innovationstätigkeit managen könnten? Vielleicht. Allerdings wird eine weniger innovative Bank entgegnen, dass ein Innovationssystem wie unsere "Horizons" für ein Tech-Unternehmen wie ­Finnova zwar unabdingbar ist, für eine Bank aber nicht.

Doch ist das nicht ein Trugschluss? Das Geschäft der Banken basiert auf dem Austausch von Daten und Informationen. Entwickeln sich Finanzinstitute nicht schrittweise und fast unmerklich zu Tech-Unternehmen? Treten nicht auch deshalb verstärkt Tech-Unternehmen als Neo-Player in den Finanzmarkt ein?

In welcher Rolle eine Bank als Technologieunternehmen auftreten will, muss jede für sich entscheiden. Ungeachtet dessen ist aber auf VR- und Geschäftsleitungsebene das Verständnis in Bezug auf Technologie, Softwarearchitektur, Schnittstellen etc. für den zukünftigen Erfolg eine obligatorische Voraussetzung ­(lesen Sie dazu die Beiträge auf den Seiten 12ff., 16f.)

Trotz aller "Tech-Verliebtheit" möchte ich aber eines klar festhalten. Endkunden sind immer noch Menschen. Das Bedürfnis nach sozialem Kontakt und persönlichem Austausch wird sich kaum ändern. Hier liegt die Stärke der "traditionellen" Banken gegenüber den Neo-Banken. Letztere setzen zwar zum Glück wichtige – oftmals technologisch getriebene – Impulse, aber nach dem ersten Wow-Effekt scheint die Innovationskraft zu verblassen.

Dürfen wir uns jetzt also als Finanzindustrie zurücklehnen und den Status quo beibehalten? Beileibe nicht. Bewährtes modernisieren, Neues schaffen – und fortlaufend Kraft und Mittel in Basis-Innovationen stecken. Diese Balance zu finden, ist nicht einfach, aber es führt kein Weg daran vorbei. Bei Finnova sprechen wir gerne von "progressiver Evolution".

Die Finanzindustrie wird sich schrittweise zu völlig neuen Geschäftsmodellen entwickeln, davon bin ich überzeugt. Von alleine passiert es aber nicht – packen wir es also an!

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