Privatwirtschaftliche Tätigkeiten der Post

Update: Postcom muss Übernahmen von Klara und Livesystems doch prüfen

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von René Jaun und Dylan Windhaber und skk, lha, yzu

Das Bundesverwaltungsgericht anerkennt die Beschwerden privater Unternehmen gegen privatwirtschaftliche Tätigkeiten der Post und überarbeitet damit die bisherige Rechtsprechung. Die Postcom tritt nun in die Verantwortung des Entscheides über die Beschwerden.

(Source: Post)
(Source: Post)

Update vom 25.11.2024: Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) nimmt eine Anpassung der bisherigen Rechtsprechung vor: Wenn Privatunternehmen eine Begründung aufbringen können, dass staatliche Unternehmen für bestimmte privatwirtschaftliche Tätigkeiten eine unzureichende gesetzliche Grundlage aufweisen können oder sie nicht wettbewerbsneutral sind, könne die Parteistellung der Privaten verneint werden. Für eine entsprechende Prüfung im Falle der Schweizerischen Post sei die Eidgenössische Postkommission (Postcom) zuständig, wie das BVGer mitteilt. Das BVGer befürwortet demnach die Beschwerden der beiden Privatunternehmen Abacus Research und Goldbach Neo Ooh gegen die privatwirtschaftlichen Tätigkeiten der Post. Die Postcom habe abschliessend über die Parteistellung der Beschwerden zu entscheiden. Unter Umständen müsse die Postcom zudem prüfen, ob die Post für eben diese privatwirtschaftlichen Tätigkeiten über eine angemessene Marktzugangserlaubnis verfüge. Die Urteile sind allerdings noch nicht rechtskräftig und können vor dem Bundesgericht angefochten werden.

Die grundrechtlich geschützte Wirtschaftsfreiheit würde Privatunternehmen keinen allgemeinen Schutz vor Konkurrenz - auch durch den Staat - bieten, wie es weiter heisst. Jedoch seien den privatwirtschaftlichen Tätigkeiten des Staates verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt: Diese müssen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen sowie verhältnismässig als auch wettbewerbsneutral sein. Die Tätigkeiten der Post sind demnach im Postorganisationsgesetz geregelt und begrenzt: Die Post muss die Grundversorgung sicherstellen und darf damit verbundene Dienstleistungen erbringen. 

Hintergrund der Beschwerde

Die Konkurrentinnen der von der Schweizerischen Post zugekauften Unternehmen hätten bei der Postcom sowie beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) beanstandet, dass die Übernahme von privatwirtschaftlichen Unternehmen durch die Post unzulässig sei. Konkret geht es laut Mitteilung um die Unternehmen Abacus Research und Goldbach Neo Ooh, die in direkter Konkurrenz mit den zur Post zugehörigen privaten Unternehmen ePost Services (ehemals Klara Business) und Livesystems stehen. Die Postcom wie auch das Bakom traten auf diese Aufsichtsbeschwerden zunächst nicht ein (siehe unten).


Update vom 29.06.2022:

Postcom tritt nicht auf Beschwerden gegen Post-Einkäufe ein

Die Eidgenössische Postkommission (Postcom) tritt nicht auf die eingereichten Aufsichtsbeschwerden gegen die unlängst erfolgten Zukäufe der Schweizerischen Post ein. In den entsprechenden Anzeigen ging es namentlich um die Übernahmen der Firmen Klara und Livesystems, teilt die Postcom mit. "Die Anzeigerinnen gingen von einer umfassenden Aufsicht der Postcom im Postbereich aus und brachten eine Vielzahl von Rügen vor, die nicht in den Zuständigkeitsbereich der Postcom fallen", schreibt die Behörde.

Zuständig sei man einzig für die Prüfung der Einhaltung des Quersubventionierungs-Verbots im Einzelfall, heisst es weiter. Hier habe man jedoch keine verbotene Quersubventionierung im Sinne der Gesetzgebung ermitteln können.

 

Originalmeldung vom 15.06.2022:

Päckliflut beschert dem Postmarkt ein Umsatzplus

Die Eidgenössische Postkommission (Postcom) hat den Jahresbericht 2021 veröffentlicht. Darin stellt sie der Schweizerischen Post ein grundsätzlich gutes Zeugnis aus: Der Konzern habe "die Dienstleistungen der Grundversorgung einmal mehr flächendeckend und durchgehend in guter Qualität" erbracht.

Mehr Umsatz mit Paketen als mit Briefen

Im Jahr 2021 stieg der Gesamtumsatz des Postmarktes um 4,7 Prozent auf 4,4 Milliarden Franken. Das entspreche dem höchsten Zuwachs seit vielen Jahren, schreibt die Postcom. Zurückzuführen sei das Plus auf "die aussergewöhnliche Dynamik im Paketmarkt", wie es in der Mitteilung heisst. Zudem gingen die Umsätze in den Segmenten Brief sowie Zeitungen und Zeitschriften zwar zurück, jedoch weniger stark als in den vergangenen Jahren.
Konkret ging der Briefumsatz um 2,6 Prozent auf 1,5 Milliarden Franken zurück. Der Durchschnitt der letzten Jahre liege bei 5,9 Prozent. Die Anzahl Sendungen für den gesamten postalischen Markt ging um 1,1 Prozent auf 3 Milliarden Sendungen zurück - auch dieser Rückgang sei deutlich geringer als im Jahr 2020. Bei den Briefen reduzierte sich das Volumen mit -2,2 Prozent auf 1,9 Milliarden verarbeitete Sendungen.
Der gesamte Umsatz, der in der Grundversorgung generiert wurde, nahm im Vergleich zum Vorjahr um 1,4 Prozent zu. 2021 kompensierte das starke Wachstum bei den Paketen bis 20 Kilo erneut den Rückgang bei den Briefen und den Zeitungen und Zeitschriften der Grundversorgung. Erstmals sei in der Grundversorgung der Paketumsatz grösser ausgefallen als der Briefumsatz, merkt die Postcom an.
An Black Friday 2021 brach die Post ihren Päckli-Rekord, mit 7,4 Millionen binnen einer Woche abgefertigter Pakete, wie Sie hier lesen können.

Corona drückt auf die Leistung

Die Post habe die strengen Vorgaben der Postverordnung erfüllt, obwohl die Coronapandemie ihr enorme logistische Anstrengungen abverlangt habe, teilt die Postcom mit. Das Prüforgan weist darauf hin, dass in Zusammenhang mit zeitweise vielen Covid-19-Erkrenkungen sogenannte Force-Majeure-Ausnahmen genehmigt wurden. Dabei wurden bei der Qualitätskontrolle einige Monate aus der Erhebung ausgeschlossen.
So habe die Post unter Berücksichtigung der Force-Majeure-Ereignisse 95 Prozent der Priority-Pakete pünktlich zugestellt, womit die regulatorische Vorgabe erreicht sei. Ohne die Ausklammerung einiger Monate betrug die Laufzeit bei den Priority-Paketen 94,10 Prozent.

Postcom prüft Quersubventionierung durch Firmenübernahmen

In jüngster Zeit machte die Schweizerische Post durch vermehrte Zukäufe von sich reden. Namentlich übernahm der Konzern das Luzerner Start-up Klara, was unter anderem dem St. Galler Softwareentwickler Abacus sauer aufstiess, wie Sie hier lesen können.

Im Jahresbericht erwähnt die Postcom zwei Aufsichtsbeschwerden, die aufgrund der Firmenübernahmen durch die Schweizerische Post eingereicht worden seien. Man besitze "keine rechtliche Handhabe, um die Rechtmässigkeit von Unternehmensübernahmen seitens der Post oder die in diesem Zusammenhang getroffenen Entscheidungen generell zu überprüfen", stellt die Kommission klar. Sie kann jedoch prüfen, ob die Post durch die Zukäufe das Verbot einer Quersubventionierung verletzt. Man führe derzeit in den Bereichen der Kommunikations- und Logistics-Services vertiefte Abklärungen durch, heisst es im Jahresbericht. Ungeachtet dieser Abklärungen habe man jedoch keine verbotenen Quersubventionen feststellen können.

Was der Post-CIO zu den vielen Übernahmen sagt, lesen Sie im Interview mit der Netzwoche.

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