Mit Satelliten und KI gegen den Klimawandel
Wie sich mittels künstlicher Intelligenz die Auswirkungen des Klimawandels auf die Schweiz reduzieren lassen, zeigt eine neue Studie der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW. Die beteiligten Experten setzen grosse Hoffnungen in satellitengestützte Erdbeobachtungen und KI-Modelle. Diese könnten laut Empa-Forscher Gerrit Kuhlmann, einer der Co-Autoren der Studie, die Verursacher von Treibhausgasemissionen rasch ausfindig machen.
Das Übereinkommen von Paris verpflichtet die beteiligten Länder ihre Treibhausgasemissionen zu rapportieren, um den weltweiten Fortschritt auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel zu ermitteln. Derzeit basiert die Emissionsberichterstattung jedoch hauptsächlich auf Emissionsinventaren, die aus sozioökonomischen Statistiken zu Aktivitäten und Emissionsfaktoren berechnet werden. Zudem erweist sich das Erstellen der Daten als ressourcenintensiv, zeitaufwändig und ist mit vielen Unsicherheiten verbunden – und daher unzureichend, um politische Massnahmen zeitnah zu bewerten. Empa-Forscher Gerrit Kuhlmann erläutert deshalb in einer Fallstudie im neuen "White Paper" der SATW, wie künstliche Intelligenz (KI) kombiniert mit neuen Erdbeobachtungsdaten und Erdsystemmodellen zur effizienten Überwachung von Treibhausgasemissionen genutzt werden könnte. Ziel der SATW-Studie war es aufzuzeigen, wie neue Technologien die negativen Auswirkungen des Klimawandels in der Schweiz reduzieren und Gesellschaft und Wirtschaft widerstandsfähiger machen können.
Grossemittenten schneller aufspüren
Ein globales System für die Messungen von Treibhausgasemissionen wird ein wichtiges Instrument zur Kontrolle des Fortschritts zu einer Netto-Null-Gesellschaft sein. Daher werden zurzeit Beobachtungssysteme entwickelt, die präzise, zuverlässige und weltweite Echtzeit-Informationen zu den anthropogenen Treibhausgasemissionen bereitstellen können. Diese Systeme nutzen luft-, satelliten- und bodengestützte Messungen. Modelle analysieren die Daten und berechnen die Emissionen von Länder, Kraftwerken und Industrieanlagen. "KI spielt für globale Systeme eine wichtige Rolle, da sie es ermöglicht, grosse Datenmengen zeitnah und präzise zu verarbeiten", so Empa-Forscher Kuhlmann. "KI-gestützte Algorithmen können verwendet werden, um globale Karten von CO2- und Methanemissionen zu erstellen. Damit lassen sich beispielsweise Emissionshotspots identifizieren oder der CO2-Fussabdruck von Produkten besser abschätzen." Mit diesen Daten könnten künftig die grossen Verursacher rasch entdeckt und deren Treibhausgasemissionen bestimmt werden.
Zugang zu Forschungsprogrammen ist entscheidend
Die an der SATW-Studie beteiligten Experten setzen grosse Hoffnungen in die neuesten Entwicklungen rund um KI und satellitengestützte Erdbeobachtungen, um die klimatischen Herausforderungen zu meistern. Damit das Potenzial von KI umfassend genutzt werden kann, haben die Studienautoren auch Empfehlungen an Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung, Hochschulen und Förderinstitutionen sowie Unternehmen formuliert. Beispielsweise sollten die KI-Fähigkeiten und das Fachwissen nationaler Kompetenzzentren im Bereich Klima und Nachhaltigkeit gestärkt und der Zugang zu internationalen Forschungsprogrammen wie diejenigen der EU sichergestellt werden.
Die Entwicklung der Modelle für ein globales Überwachungssystem für Treibhausgase erfordert laut Kuhlmann Zugang zu globalen Erdbeobachtungsdaten. "Der Zugang zu den Diensten des europäischen Copernicus-Programms ist für die Schweiz von entscheidender Bedeutung, um weiterhin in diesem Bereich forschen zu können." Denn das Erdbeobachtungsprogramm der EU ist führend bei Beobachtungssystemen für Treibhausgase – vor allem mit der kommenden Erweiterung der Erdbeobachtungssatelliten mit Satelliten zur CO2- und Methanmessung sowie dem europäischen CO2-Überwachungs- und Verifizierungssystem. Diese Entwicklungen werden insbesondere im Rahmen von internationalen Forschungsprogrammen wie "Horizon Europe" vorangetrieben, weshalb eine möglichst vollständige Beteiligung für Schweizer Forschende von zentraler Bedeutung ist.
SATW-Studie zu KI und Klimawandel
Der Klimawandel hat weltweit negative Auswirkungen – und die Schweiz ist besonders davon betroffen. Über 70 Fachleute und Forschende aus 30 renommierten Schweizer Hochschulen, Behörden und Industrieunternehmen wollten herauszufinden, wie neue Schlüsseltechniken und Methoden unsere Gesellschaft und Wirtschaft widerstandsfähiger machen können. Das Resultat ist eine umfangreiche Studie (White Paper) sowie eine Zusammenfassung (Factsheet). Empa-Forscher Gerrit Kuhlmann zeigt darin mit einer Fallstudie auf, wie KI kombiniert mit neuen Erdbeobachtungsdaten und Erdsystemmodellen zur effizienten Überwachung von Treibhausgasemissionen genutzt werden könnte. In Zusammenhang mit den Aktivitäten im Rahmen ihrer Fokusthemen Künstliche Intelligenz sowie Energie und Umwelt fördert die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) KI-Projekte und identifiziert Technologien, die für die Klimaneutralität und die Versorgungssicherheit von Bedeutung sind.
Dieser Beitrag ist zuerst auf "empa.ch" erschienen.