Die Schweiz auf dem Weg zur KI-Nation
Google Cloud hat in Zürich seine Vision einer KI-Nation Schweiz vorgestellt. Teil des Events war auch Baloise FX - eine Kooperation von Google und Baloise, die Finanzplanern die Arbeit vereinfachen soll.
Der diesjährige Google Cloud Summit im Stageone in Zürich ist ganz im Zeichen der Zukunftstechnologien gestanden. Unter dem Motto, die Schweiz zu einer führenden KI-Nation zu machen, stellte Google Cloud eine Reihe von Innovationen und Partnerschaften vor, die Unternehmen dabei unterstützen sollen, die digitale Transformation voranzutreiben.
"Wir sind eine Tennis-Nation, wir sind eine Ski-Nation - und seit Kurzem sind wir auch eine Musik-Nation, nachdem wir wieder beim Eurovision Song Contest gewonnen haben", sagte Roi Tavor, Managing Director von Google Cloud Switzerland & Austria, in seiner Begrüssungsrede. "Unser Ziel ist es, nun auch eine KI-Nation zu werden. Und heute werden wir euch zeigen, wie wir das erreichen wollen." Tavor hob die Rolle der Schweiz als Wirtschaftsmotor und Innovationshub hervor und betonte, dass Zürich als Cloud-Region von Google seit 2019 massgeblich zur digitalen Entwicklung beitrage.
Roi Tavor, Managing Director von Google Cloud Switzerland & Austria. (Source: Netzmedien)
Der Fokus des Summits lag auf den Fortschritten in der AI-Technologie und deren Einfluss auf verschiedene Industrien. "Technologie ohne Zweck ist sinnlos", stellte Tavor klar und betonte, dass KI nicht nur Spielerei, sondern eine transformative Kraft sei, die Wirtschaft und Gesellschaft in der Schweiz massgeblich beeinflussen werde. In den nächsten zehn Jahren könnte KI das Schweizer Bruttoinlandprodukt um bis zu 85 Milliarden Schweizer Franken steigern – ein Wachstum von 11 Prozent. Die Zahlen zitierte Bianca End, Head of Field Sales Corporate bei Google Cloud, aus einer Studie, die Impact Consulting im Auftrag von Google umgesetzt hat.
Gemini 1.5 und Cloud-Innovation
Ein zentraler Punkt der Präsentation war Gemini 1.5, eine neue Version von Googles KI-Modell, die im Februar erstmals vorgestellt und nun für eine breitere kommerzielle Nutzung freigegeben wurde. Spannend war auch die Präsentation des Projekts Astra. Die Anwendung soll zeigen, wie KI genutzt werden kann, um Probleme in der realen, alltäglichen Welt zu lösen. So kann es etwa Matheaufgaben lösen, wenn man sie mit der Kamera scannt, oder Zeichnungen erklären, Wahrzeichen erkennen und - wie ein Video zeigte - auch dabei helfen, eine Brille wiederzufinden, wenn man sie verlegt hat.
Bianca End, Head of Field Sales Corporate bei Google Cloud. (Source: Netzmedien)
Über 2 Millionen Entwicklerinnen und Entwickler weltweit würden bereits auf die Generative-AI-Tools von Google zurückgreifen, um Lösungen für komplexe Herausforderungen zu entwickeln. Diese Technologien ermöglichten es Unternehmen, in nur wenigen Minuten umfangreiche Codezeilen zu analysieren oder in verschiedene Programmiersprachen zu übersetzen. Das Ziel: Die KI soll dereinst 1000 verschiedene Programmiersprachen beherrschen.
Beim Thema KI kommen natürlich auch immer Sicherheits- und Datenschutzbedenken. Diese adressiert der Konzern mit dem Secure AI Framework. Google entwickelte dieses in Zusammenarbeit mit 19 anderen Technologiefirmen, wie Simone Ruppertz-Rausch, Head of Sales Engineering Alps bei Google Cloud, auf der Bühne erklärte. Es ist ein Konzept für die Entwicklung sicherer KI-Systeme. Das Framework soll Unternehmen helfen, sichere KI-Systeme von Grund auf zu entwickeln und die Daten ihrer Nutzenden zu schützen.
Neue Geschäftsmodelle mit KI
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Keynote war die Vorstellung vorgefertigter AI-Agenten, die speziell für Unternehmen entwickelt wurden. Diese intelligenten Agenten können nicht nur einfache Aufgaben automatisieren, sondern auch komplexe Entscheidungen treffen und Prozesse optimieren. Google zeigte am Event auf, wie Unternehmen und die öffentliche Verwaltung bereits von diesen KI-Lösungen profitieren können.
Stephanie Voigt, Technical Account Manager bei Google Cloud, hier mit Tavor auf der Bühne, führte die Teilnehmenden durch die Keynote. (Source: Netzmedien)
Ein Beispiel dafür ist die KI-Integration in Google Workspace. Mit dem Agent Gemini for Google Workspace kann die KI direkt in Anwendungen wie Gmail, Docs und Sheets eingebunden werden und so Mitarbeitende bei der täglichen Arbeit unterstützen. Etwa, indem es Aufgaben wie das Erstellen von Berichten, die Analyse von Daten und die Beantwortung komplexer Fragen übernimmt.
Baloise FX - wenn Google auf Baloise trifft
In einem Medienroundtable im Rahmen des Cloud Summits stellten Google und Baloise zudem ein gemeinsames KI-Projekt vor: Baloise FX. Die technische Umsetzung wurde mit dem Unternehmen Datatonic realisiert, das auf die Erstellung komplexer Prompts spezialisiert ist.
Mit dem Projekt wollen die Unternehmen den Mitarbeitenden im Bereich der Finanzplanung die Arbeit erleichtern, wie Matthäus Beer, Head Life Insurance Solutions Private Clients, und Thomas Reichert, Data Scientist & Aktuar SAV bei Baloise, erklärten. Die Idee ist, dass die generative KI das Reporting erstellt. Das Sprachmodell Gemini überzeugte demnach insbesondere durch seine Fähigkeit, grosse Mengen an Finanzdaten und Anweisungen präzise zu verarbeiten und so die Finanzplanungsprozesse zu optimieren.
Der Versicherungskonzern verfolgt bei Baloise FX einen hybriden Ansatz, bei dem das technologische Potenzial von KI genutzt wird und der menschliche Faktor, insbesondere im zwischenmenschlichen Bereich, erhalten bleibt. Die Finanzplaner von Baloise arbeiten somit eng mit dem System zusammen, das ihnen erlaubt, Routineaufgaben effizienter zu erledigen, während sie sich stärker auf den empathischen Umgang mit den Kunden konzentrieren können.
Thomas Reichert, Data Scientist & Aktuar SAV bei Baloise, Simone Ruppertz-Rausch, Head of Sales Engineering Alps bei Google Cloud, und Matthäus Beer, Head Life Insurance Solutions Private Clients bei Baloise (v.l.). (Source: Netzmedien)
Auch die Verantwortung für die Richtigkeit der Inhalte bleiben beim Menschen. Zu diesem Zweck implementierte Baloise auch ein Feature im Dashboard, das erzwingt, dass die Mitarbeitenden den automatisch generierten Bericht zunächst prüfen, bevor sie ihn weiterschicken. Ferner werden die Reportings stets im Vier-Augen-Prinzip geprüft - die KI wird hier nicht mitgezählt.
Ein zentrales Thema für Baloise war dabei der Datenschutz - schliesslich arbeitet das Sprachmodell mit Kunden- und Finanzdaten. Es sei wichtig, dass diese Daten innerhalb der Schweiz bleiben und sicher verarbeitet würden. Dies werde durch die Nutzung von Google-Rechenzentren in Zürich sichergestellt.
Das Projekt befindet sich derzeit in der fünften Testphase, und eine Live-Schaltung für reale Kunden ist für Anfang des kommenden Jahres geplant. Langfristig sieht Baloise Potenzial für eine verstärkte Nutzung von KI in verschiedenen Geschäftsbereichen, etwa in der Vorsorgeberatung, im Kundendienst und bei der Schadensabwicklung. Dabei betonten Reichert und Beer jedoch stets, dass der menschliche Faktor entscheidend bleibt und KI als Werkzeug zur Arbeitserleichterung gesehen wird. Diese technologische Entwicklung wird in der gesamten Versicherungswirtschaft zunehmend an Bedeutung gewinnen und könnte Arbeitsprozesse nachhaltig verändern, waren sich die Experten sicher.
Das könnte Sie ebenfalls interessieren: Google Cloud hat im April 2024 seine Google Cloud Next abgehalten. Das Unternehmen präsentierte auf der Konferenz eine Reihe an Neuerungen aus dem Bereich generativer KI. Darunter sind Hardware-Neuheiten, Entwicklertools und Sicherheitsanwendungen (lesen Sie hier mehr dazu).