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Die Rolle von KI in der Transformation des Schweizer Finanzsektors

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von Sebastian Ahrens, AI Center of ­Excellence Leader, PwC Schweiz

KI revolutioniert den Schweizer Finanzsektor und optimiert Kundenerlebnisse, Prozesse und die Markterschliessung. Banken setzen verstärkt auf die Technologie, aber Regulierung und ­Vertrauensbildung bleiben Herausforderungen auf dem Weg zum Vorreiter für ethische, innovative KI-Finanzlösungen.

Sebastian Ahrens, AI Center of ­Excellence Leader, PwC Schweiz. (Source: (C) www.foto-shooting.ch)
Sebastian Ahrens, AI Center of ­Excellence Leader, PwC Schweiz. (Source: (C) www.foto-shooting.ch)

Die Finanzwelt steht an der Schwelle zu einer tiefgreifenden Veränderung, getrieben von generativer künstlicher Intelligenz (GenAI). Diese Technologie verspricht eine Revolution in der Konzeption, Bereitstellung und Nutzung von Finanzdienstleistungen. GenAI ermöglicht Finanzinstituten, komplexe Datenanalysen zu automatisieren und hyperpersonalisierte Kundeninteraktionen zu schaffen. Sie optimiert nicht nur bestehende Prozesse, sondern eröffnet neue Geschäftsfelder und verbessert den Kundenservice grundlegend. In einer zunehmend technologiegetriebenen Branche wird GenAI zum entscheidenden Faktor für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation. Finanzinstitute, die diese Technologie erfolgreich integrieren, werden die Zukunft der Branche massgeblich gestalten.

Der Schweizer Finanzplatz als Innovationstreiber

In dieser globalen Transformation nimmt die Schweiz eine Schlüsselposition ein. Als führender Finanzplatz vereint das Land einzigartige Voraussetzungen, um die GenAI-Revolution optimal zu nutzen. Die Verschmelzung jahrhundertealter Finanztradition mit einer ausgeprägten Innovationskultur schafft den idealen Nährboden für KI-gestützte Finanzinnovationen. Hochqualifizierte Arbeitskräfte und der Digitalisierungsdruck in einem Hochlohnland beschleunigen die GenAI-Adoption, und die anspruchsvolle internationale Klientel treibt die Entwicklung hochinnovativer, KI-gestützter Dienstleistungen voran. 

GenAI ermöglicht den Schweizer Finanzinstituten, personalisierte Dienstleistungen und massgeschneiderte Lösungen für eine anspruchsvolle Kundschaft anzubieten und damit die internationale Ausrichtung der Institute zu unterstützen und den Erwartungen ihrer anspruchsvollen Klientel zu genügen. Gleichzeitig bietet die Technologie im Compliance- und Risikomanagement Lösungen für komplexe regulatorische Anforderungen, was das Vertrauen in den Finanzplatz stärkt. Der Sektor investiert hierzu in KI-Kompetenzförderung durch Aus- und Weiterbildungsprogramme, um Fachkräfte mit kombiniertem Finanz- und KI-Wissen auszubilden. Diese Interdisziplinarität ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Integration von KI in die Finanzprozesse.

Ein ausgewogener regulatorischer Ansatz für KI im Finanzsektor

Die Schweiz verfolgt einen nuancierten Ansatz zur Regulierung von KI-Technologien im Finanzwesen. Dieser Rahmen zielt darauf ab, Innovation zu fördern und gleichzeitig Risiken für Finanz­institute sowie Verbraucherinnen und Verbraucher zu minimieren. Transparenz steht dabei im Mittelpunkt, insbesondere bei datenbasierten Entscheidungen. 

Schweizer Finanzinstitute streben danach, die Funktionsweise ihrer KI-Systeme klar und verständlich darzulegen, um das Vertrauen der Kundschaft zu stärken und regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Der Datenschutz geniesst höchste Priorität, wobei ein robustes Rahmenwerk der Daten-Governance die sichere und verantwortungsvolle Nutzung von Daten gewährleistet. Dieser ausgewogene Ansatz positioniert die Schweiz als Vorreiterin für eine ethische und effektive KI-Nutzung im Finanzsektor.

Navigieren im globalen Regulierungsumfeld

Das EU-KI-Gesetz, als weitreichende Regulierung für KI in Europa, beeinflusst auch Schweizer Unternehmen erheblich. Obwohl die Schweiz nicht direkt der EU-Gesetzgebung unterliegt, wird das EU-KI-Gesetz voraussichtlich indirekt Auswirkungen auf die hiesige Finanzbranche haben. Im Fokus der EU-Gesetzgebung stehen die Einstufung aller KI-Anwendungen und die aus der Risikoklassifizierung abgeleiteten Anforderungen an die Organisationsstrukturen und Kontrollen. Das EU-KI-Gesetz unterscheidet sich damit deutlich vom US-Ansatz mit seiner Ausweitung der bestehenden Risikomanagementsysteme oder dem Ansatz Chinas und Indiens, die stärker auf verbindliche Ethik-Richtlinien setzen, wobei China eine stärkere staatliche Kontrolle ausübt und Indien zusätzlich die nationale KI-Industrie fördert.

Schweizer Finanzinstitute müssen aufgrund ihrer globalen Ausrichtung diese divergierenden Ansätze berücksichtigen. Dies erfordert eine flexible Compliance-Strategie, die es ermöglicht, in verschiedenen Märkten zu operieren und gleichzeitig die hohen Schweizer Standards aufrechtzuerhalten. Die Fähigkeit, diese regulatorischen Herausforderungen zu meistern, könnte sich als Wettbewerbsvorteil für Schweizer Unternehmen erweisen und ihre Position als vertrauenswürdige globale Finanzakteure stärken.

Kooperationen als Schlüssel zur Innovation

Die grundlegende Innovationskraft des Schweizer Finanzsektors wird durch ein dynamisches Netzwerk aus Kooperationen gestärkt. Finanzinstitute, Start-ups, Forschungseinrichtungen und Investoren bilden ein fruchtbares Ökosystem für KI-Innovation. Weltklasse-Universitäten wie die ETH und EPFL treiben die Grundlagenforschung voran, während Start-ups diese Erkenntnisse in praktische Anwendungen umsetzen. Etablierte Finanzinstitute bringen ihre Branchenexpertise und Ressourcen ein, um Innovationen zu skalieren. Diese Synergien beschleunigen die Entwicklung und Implementierung relevanter KI-Lösungen. Zudem fördern die enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Forschung auf der einen Seite und die Bereitstellung von regulatorischen Sandboxes auf kantonaler Ebene auf der anderen Seite den Aufbau dringend benötigter KI-Kompetenzen, wodurch die Schweiz ihre Position als attraktiver Standort für KI-Talente festigt.

Die Zukunft der generativen KI im Schweizer ­Finanzwesen

Die Zukunft der generativen KI im Schweizer Finanzwesen liegt in der klugen Verbindung traditioneller Stärken mit Spitzentechnologie. Als «Smart Follower» sollte sich die Schweiz darauf konzentrieren, bestehende KI-Technologien intelligent zu adaptieren und für den Finanzsektor zu optimieren. Statt in einen kostspieligen Wettlauf um Grundlagenentwicklung einzutreten, gilt es, den globalen Fortschritt im KI-Bereich zu nutzen und darauf aufbauend massgeschneiderte Lösungen für den Schweizer Finanzplatz zu ent­wickeln. Gezielte nationale KI-Initiativen und Investitionen in Forschung sollten diesen Ansatz unterstützen. 

Die einzigartige Kombination aus Finanzexpertise, Innovationsgeist und Vertrauenswürdigkeit ermöglicht es der Schweiz, nicht nur effiziente KI-Implementierungen voranzutreiben, sondern auch Standards für deren ethischen Einsatz zu setzen. Durch die Fokussierung auf Nischenanwendungen und die geschickte Nutzung vortrainierter Modelle kann die Schweiz ihre Ressourcen optimieren und agil auf technologische Entwicklungen reagieren.

Indem sie KI-Technologien mit ihren traditionellen Werten in Einklang bringt, positioniert sich die Schweiz als Vorbild für verantwortungsvolle Innovation im Finanzsektor. So festigt sie ihre Stellung als führendes Finanzzentrum im KI-Zeitalter und zeigt, dass intelligente Adaption und ethischer Einsatz von Technologie ebenso wertvoll sind wie deren Erfindung.

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