Wo die Schweiz auf dem Weg zur Multi-Cloud steht
Eine Cloud bringt viele Vorteile. Aber bringen viele Clouds noch mehr Vorteile? Vertreter des Multi-Cloud-Ansatzes sind davon überzeugt. Interxion ging dem Thema auf den Grund und verfasste eine Studie zu Multi-Cloud-Strategien. Dafür befragte die Firma die IT-Entscheider von 150 Schweizer Grossunternehmen.
Früher war IT viel einfacher. Das stimmt zwar nicht wirklich, aber zumindest liefen alle Daten und Applikationen auf der eigenen Infrastruktur im Keller der eigenen Büros. Ob es sich dabei um geschäftskritische Daten handelte, spielte keine Rolle. Doch dann kam die Cloud und machte diese Konstante zur Variablen. Plötzlich hatten Firmen Optionen: On premise, Colocation, die Public Cloud oder hybride Mischformen. Mit der Cloud kamen die Clouds. Denn wer sich absichern will, setzt auf eine Multi-Cloud-Strategie. So wollen Firmen etwa das Risiko eines Datenverlusts minimieren. Die Idee dahinter ist, dass man seine Daten und Applikationen auf verschiedene Cloud-Services verschiedener Dienstleister verteilt. Dies schützt Unternehmen, wenn etwa ein Cloud-Service ausfällt oder ein Hoster eine defekte Festplatte zu beklagen hat.
Der niederländische Anbieter von Rechenzentrumsdienstleistungen Interxion ging der Frage nach, wo Unternehmen in Bezug auf Multi-Cloud-Strategien derzeit stehen. Die Ergebnisse veröffentlichte das Unternehmen in der Studie "Cloud Trends: Wie lässt sich das Cloud-Chaos bewältigen?". Die Studie soll die Vorteile und Hürden einer Multi-Cloud-Strategie aufzeigen. Hierfür wurden 1400 IT-Entscheider von Grossunternehmen aus 7 europäischen Ländern befragt – 150 der Befragten kamen aus der Schweiz. Interxion gab der Redaktion einen Einblick in die Studie und in die Antworten der Schweizer IT-Entscheider.
D Enterprise Strategy Group hat eine Studie zur Nutzung von Cloud-Diensten durchgeführt. Sie untersucht, wie Firmen ihre Prozesse in die Cloud verlagern, auf welche Varianten sie dabei setzen und wie sie mit Multi-Cloud-Umgebungen umgehen. Die Ergebnisse finden Sie hier.
Schweizer wollen sich zeitlich nicht festlegen
Wie die Studie zeigt, haben hierzulande lediglich 8 Prozent der Befragten eine integrierte Multi-Cloud-Strategie umgesetzt. Weitere 10,7 Prozent gaben an, dass ihre Multi-Cloud mit der Zeit natürlich gewachsen sei. Bei diesen Unternehmen entstand sie aufgrund von Schatten-IT. Eine Strategie, den Cloud-Wildwuchs in die Firmen-IT zu integrieren, fehle jedoch. Im europäischen Vergleich hinke die Schweiz etwas hinterher. Europaweit setzen bereits 10,4 Prozent der Befragten auf die Multi-Cloud; zusätzliche 11 Prozent haben eine planlos gewachsene Multi-Cloud ohne Integrationsstrategie.
(Source: Interxion)
Die grosse Mehrheit der Befragten plant derzeit, langfristig eine integrierte Multi-Cloud-Strategie umzusetzen. Dies gaben 41,3 Prozent der Befragten an. Wenn es um einen konkreten Zeitplan geht, zeigt sich jedoch etwas mehr Zurückhaltung: Nur noch 32,7 Prozent legten sich darauf fest, in den nächsten 18 Monaten eine integrierte Multi-Cloud-Strategie zu implementieren. Anderswo sind diese Zahlen genau umgekehrt. Europaweit gaben etwa knapp 40 Prozent der Befragten an, in den nächsten 18 Monaten eine entsprechende Strategie umzusetzen und nur knapp 33 Prozent blieben vage, was den Zeitplan betrifft.
Immerhin 4,7 Prozent der befragten Schweizer Unternehmen begnügen sich mit einer einzelnen Cloud – oder nutzen gar keine. Was dies betrifft, liegt die Schweiz nur knapp über dem europäischen Schnitt von 4,4 Prozent.
Andere Länder, andere Motivationen
Bei der Frage, warum Unternehmen den Schritt hin zur Multi-Cloud machen, sticht in der Schweiz ein klares Argument hervor: Geld. Über 30 Prozent der befragten IT-Entscheider aus der Schweiz gaben an, dass ihnen eine Multi-Cloud-Strategie mehr Flexibilität ermögliche. So könnten sie gezielt die Clouds nutzen, die für ihre Zwecke am kostengünstigsten seien. Zwar antworteten europaweit auch 26 Prozent mit derselben Begründung. Doch ist dies in den übrigen Ländern nicht die meistgenannte Antwort. Die Mehrheit der Befragten (28 Prozent) will so die technologischen Vorteile der einzelnen Cloud-Angebote optimal nutzen können. Dies sehen in der Schweiz jedoch nur 26 Prozent ebenso.
(Source: Interxion)
Auf verschiedene Clouds zu setzen, verhindert auch ein Vendor-Lock-in – also die Abhängigkeit von einem einzigen Anbieter. Dies wollen über 16 Prozent der europäischen Befragten und 12,7 Prozent der Schweizer IT-Entscheider mit einer Multi-Cloud-Strategie vermeiden. Die Stabilität ist für 15,3 Prozent der befragten Schweizer IT-Entscheider das Hauptargument. Sie wollen mit der Verteilung ihrer Daten und Rechenleistung auf verschiedene Provider und Services die Zuverlässigkeit insgesamt erhöhen.
Den Datenschutz nannten immerhin noch 7,3 Prozent als Beweggrund. Der Anteil ist jedoch in keinem anderen Land so hoch wie in der Schweiz. Europaweit liegt der Schnitt bei 5 Prozent – in den Niederlanden und Schweden etwa bei nur 3,3 Prozent.
Besonders für IaaS vielversprechend
Eine Multi-Cloud-Strategie ist gemäss der Mehrheit der Befragten insbesondere im Bereich Infrastructure-as-a-Service (IaaS) vielversprechend. 36 Prozent der Schweizer IT-Entscheider gaben dies an. Die Anzahl deckt sich mit dem europäischen Durchschnitt. Weitere 30 Prozent halten den Multi-Cloud-Ansatz für besonders vielversprechend, wenn es um Platform-as-a-Service-Lösungen geht. Was dies betrifft, sehen die Schweizer IT-Entscheider das ein wenig anders als ihre europäischen Kollegen. Europaweit liegt der Schnitt bei knapp 27 Prozent.
(Source: Interxion)
Deutlich weniger nannten hybride Infrastruktur als Antwort auf die Frage, in welchen Bereichen eine Multi-Cloud-Strategie besonders vielversprechend sei. Knapp mehr als der europäische Durchschnitt. Lediglich 10 Prozent haben dagegen ihr Augenmerk auf Software-as-a-Service (SaaS) gerichtet, deutlich weniger als in den übrigen europäischen Ländern. Europaweit halten es 14,9 Prozent der Befragten insbesondere bei SaaS-Lösungen für sinnvoll, auf verschiedene Clouds zu setzen. In den Niederlanden lag der Anteil sogar bei über 23 Prozent.
Vertrauen in die Grossen anstatt in die Lokalen
Die Frage: "Welchen Provider ziehen Sie bei der Umsetzung Ihrer Multi-Cloud-Strategie vor?" zeigt, wie gross das Vertrauen in die Hyperscale-Clouds wie AWS, Azure und Google Cloud ist. 28,7 Prozent der Schweizer Befragten wollen auf die grossen internationalen Provider setzen. Ein europaweiter Trend. In der Schweiz zeigt sich jedoch eine leicht stärkere Vorliebe für branchenspezifische Cloud-Angebote. So wollen hierzulande 23,3 Prozent der befragten IT-Entscheider eine Kombination von Hyperscalern und branchenspezifischen Lösungen nutzen. 21,3 Prozent wollen ausschliesslich branchenspezifische Cloud-Angebote verwenden.
(Source: Interxion)
Schweizer Lösungen sind jedoch eine Mangelware, wie aus der Studie ersichtlich ist. Weniger als 5 Prozent der Befragten ziehen lokale Cloud-Anbieter in Betracht. Knapp 10 Prozent erwägen eine Mischung aus lokalen und internationalen Providern. Auch die lokale Expertise kann nicht gegen die internationale Übermacht antreten. So wollen lediglich 5,3 Prozent der Befragten eine eigene Multi-Cloud-Strategie entwickeln. Und nur 4 Prozent gaben an, bei der Auswahl des Cloud-Providers den Rat ihres Systemintegrators oder Dienstleisters zu befolgen.
Konnektivität und Sicherheit stehen im Weg
Bei den Hürden, die einer Multi-Cloud-Adoption im Wege stehen könnten, zeigt sich wieder ein einheitlicheres Bild im Ländervergleich. 10 Prozent der befragten Schweizer IT-Entscheider – auch in den übrigen Ländern die kleinste Gruppe – gaben an, dass eine Multi-Cloud-Umgebung nicht in ihre Strategie passe.
(Source: Interxion)
Die meistgenannten Herausforderungen sind Konnektivität und Sicherheit. So sind 30 Prozent der Befragten in der Schweiz der Meinung, dass es schwierig sei, die verschiedenen Clouds technisch zu verknüpfen. Weitere 22 Prozent gehen davon aus, dass die Nutzung verschiedener Cloud-Services das Sicherheitsrisiko erhöhe.
Fast 20 Prozent der Befragten sehen das Problem bei der Implementierung einer Multi-Cloud-Strategie jedoch ganz woanders. Sie gaben nämlich an, dass sie nicht genau wüssten, auf welcher Infrastruktur ihre geschäftskritischen Applikationen und Daten gehostet würden.
Zur Methodik: Die "RIA-Survey 2019" wurde von Research in Action im Auftrag von Interxion erstellt. Die Studienverantwortlichen befragten 1400 IT-Entscheider in 7 europäischen Ländern: Dänemark, Deutschland, Irland, Niederlande, Österreich, Schweden und Schweiz. Hierzulande nahmen 150 Personen an der Umfrage teil. Es handelt sich dabei um IT-Entscheider aus Unternehmen mit mindestens 5000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 250 Millionen Franken oder mehr.