Editorial

Mitmachen statt meckern

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Yannick Züllig, Redaktor. (Source: Netzmedien)
Yannick Züllig, Redaktor. (Source: Netzmedien)

Weltweit ist die Schweiz für ihre Luxusgüter und ihren Wohlstand bekannt. Doch unser wohl wertvollstes Gut ist eines, das man nicht im Duty-Free-Shop am Flughafen kaufen kann: die direkte Demokratie. Kaum ein Staat auf der Welt ist so nah an seinem Volk wie die Schweiz. Wenn ich wollte – und genügend Gleichgesinnte fände –, könnte ich ein Gesetz auf den Weg bringen, das die Nutzung einer Badeente vorschreibt. Das Beispiel ist absurd, aber immerhin denkbar. Unser politisches System bietet uns viele Möglichkeiten, Sinnvolles zu tun oder gegen Unsinniges vorzugehen.

Doch diese Möglichkeiten werden zu wenig genutzt. Mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung schwänzt die Wahlen. Die durchschnittliche Stimmbeteiligung in den vergangenen zehn Jahren liegt auf nationaler Ebene bei knapp 46 Prozent – sowohl bei den vierteljährlichen Abstimmungssonntagen als auch an den alle vier Jahre stattfindenden Parlamentswahlen. Den neuen Nationalrat wählten 2023 46,7 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer – zum Vergleich: An der Bundestagswahl 2021 nahmen 76,4 Prozent der Deutschen teil. Unsere nördlichen Nachbarn haben allerdings ausserhalb dieser Wahl kaum eine Möglichkeit, sich direkt in politische Prozesse einzubringen – die Bevölkerung muss demonstrieren und protestieren und hoffen, dass die Politik sie hört. 

Hierzulande ist das anders, denn die Schweiz ermöglicht der Stimmbevölkerung, so gut wie alles zu ändern, an dem sie sich stört – oder sich zumindest darum zu bemühen, etwas zu ändern. Dennoch beteiligen sich insbesondere junge Menschen seltener an Wahlen und Abstimmungen. Der Politologe Lucas Leemann von der Universität Zürich nannte dafür im Vorfeld der Wahlen 2023 gegenüber "SRF" verschiedene Gründe: "Politische Par­tizipation ist Gewohnheit." Jüngere Menschen hätten diese Gewohnheit oft noch nicht entwickelt. Auch falle es jungen Menschen aufgrund ihres aktiven, abwechslungsreichen Lebensstils oftmals schwer, sich regelmässig in politische Prozesse einzubringen. 

Aus meinem privaten Umfeld kenne ich auch viele junge Menschen, die sich schlicht zu wenig für politische Themen interessieren und lieber keine statt einer uninformierten Stimme abgeben. Doch nicht nur die Interessen, sondern auch die Zugänglichkeit der politischen Entscheidungsprozesse sind ein Thema, gerade in jüngeren Bevölkerungsschichten. Demokratie lebt davon, dass sich die Menschen einbringen können – und je tiefer die Hürden dafür sind, desto besser gelingt das politische Zusammenleben. Deshalb greifen Behörden immer öfter in den digitalen Werkzeugkasten, um die politische Partizipation zu fördern. Der Schwerpunkt dieses Specials widmet sich dieser sogenannten E-Partizipation

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