"Wir haben die erste Halbzeit verloren – die zweite werden wir gewinnen"
Wenn Asut ruft, fährt die Branche nach Bern. Swisscom-CEO Schaeppi sprach über Innovationen, SRG-Chef de Weck über Medienumbrüche als Chance. Es gab aber auch weniger optimistische Stimmen.
Carlota Perez ist eine gefragte Frau. Die Wirtschafts- und Innovationsforscherin aus Venezuela war Beraterin der Weltbank, der OECD und diverser lateinamerikanischer Länder. Am 16. Juni war sie in Bern, am 42. Asut-Seminar.
Perez referierte auf der grossen Bühne und vertrat folgende These: Wenn Märkte zu frei sind, produzieren sie Innovationen, die in eine völlig falsche Richtung laufen. Moderne Technologien hätten das Potenzial, die Menschheit in eine "neue goldene Ära" zu lenken — aber nur, wenn der Staat eingreife. Die Finanzmärkte seien von der Realwirtschaft entkoppelt, was falsche Anreize schaffe. Auch das sei ein Grund für mehr staatliche Eingriffe, da die Produktion sonst oft nicht profitabel sei. "Und die grossen, globalen Unternehmen sollen endlich Steuern zahlen, statt lustige Brillen zu produzieren", forderte Perez.
Prof Perez am #asutsem16 "ein goldenes Zeitalter braucht einen aktiven Staat" pic.twitter.com/F4cjxez3m7
— asut (@asut_ch) June 16, 2016
Im Saal war das Who’s who der Schweizer IT-Branche. Die Tech-Elite spendete brav Beifall, obwohl sie seit Jahren das Gegenteil predigt: Freiere Märkte, weniger Regulierungen, möglichst tiefe Steuern. Der Applaus der Anwesenden war nicht glaubwürdig, und schon beim nächsten Redner waren Perez’ Gedanken wohl wieder vergessen.
Beste IT Infrastruktur in der CH, warum denn noch enger regulieren? #asutsem16 unnötige #Regulierung durch @bakomCH @Swisscom_de @vse_aes
— Michael Frank (@sicherenergie) June 16, 2016
Schaeppi vermisst den Pioniergeist
Swisscom-CEO Urs Schaeppi betrat die Bühne und sprach über die digitale Transformation. Die wichtigsten Impulse der Branche kämen aus den USA und aus Asien — nicht aus Europa. "Wir haben die erste Halbzeit verloren – aber die zweite werden wir gewinnen." Die Schweiz sei im Digitalisierungsrennen gut positioniert. Sie müsse nur die Angst vor dem Scheitern verlieren und mehr Mut zeigen. "Unsere Grossväter hätten die Porta Alpina gebaut. Uns fehlt heute der Pioniergeist", sagte Schaeppi.
@Swisscom CEO speaking about digital economy at the #asutsem16 in Bern. pic.twitter.com/anxxq2eAf7
— Hans Vestberg (@HansV_Ericsson) June 16, 2016
Schaeppi kündete "5G for Switzerland" an, ein Projekt, das Swisscom gemeinsam mit Ericsson und der EPF Lausanne lanciert. Die Partner wollen die Entwicklung von 5G vorantreiben und in Kooperation mit der Industrie verschiedene Anwendungsmöglichkeiten des noch nicht standardisierten Mobilfunkstandards erforschen. Etwa Smart Transportation, autonomes Fahren, automatisierte Verkehrsleitsysteme oder die virtuelle Realität.
Sensation am #asutsem16: @Swisscom_de und @ericsson lancieren "5G for Switzerland" https://t.co/khYYxPmnCN pic.twitter.com/tHLIYNlLdo
— asut (@asut_ch) June 16, 2016
Nach Schaeppi referierte Roger de Weck. Der Umbruch der Medien sei eine Chance, sagte der SRG-Generalsektor, und die Schweiz könne mit dem Wandel umgehen. Das Schweizer Fernsehen etwa stelle neue Folgen der Hit-Serie "Der Bestatter" schon vor der Ausstrahlung komplett ins Netz. Das funktioniere bestens. Der digitale Kanal sei nämlich eine Ergänzung zur traditionellen TV-Welt, und nicht etwa eine Konkurrenz, sagte de Weck.
#asutsem- brillanter Speech von Roger de Weck zum Thema Digitalisierung der Medien pic.twitter.com/qODjkmAESi
— Markus Schrofer (@mschrofe) June 16, 2016