Nachgefragt

"Facebook ist kein Hype mehr"

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Pascal Sieber berät Unternehmen auf ihrem Weg in die digitale Welt. Am Best of Swiss Web Award ist er ­Jurypräsident der Kategorie Online Marketing. Im Interview erzählt Sieber, was ihn dieses Jahr überrascht hat und was er bei den Einreichungen vermisste.

Pascal Sieber ist Berater und Jurypräsident der Kategorie «Online-Marketing» bei Best of Swiss Web.
Pascal Sieber ist Berater und Jurypräsident der Kategorie «Online-Marketing» bei Best of Swiss Web.

Wie haben Sie die diesjährigen Jurytage erlebt?

Pascal Sieber: Wir hatten in der Kategorie Online-Marketing dieses Jahr vergleichsweise viele Projekte zur Beurteilung erhalten. Die Vorjurierung klappte bestens und der Jurytag war inspirierend. In unserem Juryteam waren auch neue Mitglieder, und wir konnten einen sehr guten Teamgeist aufbauen.

Was macht die Kategorie Online-Marketing besonders spannend?

Das Web ist Hilfsmittel für die Kommunikation und deshalb für das Marketing ein "gefundenes Fressen". Alles, was über das Web zugänglich ist, ist in irgendeiner Form Marketing. Sei es aktives oder passives Marketing. Es spannend zu beobachten, wie gut die Kandidaten diese Chancen nutzen.

Was hat Sie besonders überrascht?

Überraschend ist seit Jahren, dass das Online-Marketing eine viel bravere Ausprägung annimmt, als man dies auf den ersten Blick erwarten würde. Gutes Online-Marketing ist zu 90 Prozent Knochenarbeit und dies drückt sich in den Eingaben auch aus. Etwas überraschend war es dieses Jahr, dass die Community-Aspekte eher wieder etwas rückläufig sind. Facebook und Co. sind nicht mehr ein Hype, sondern werden genutzt, wo es sinnvoll ist.

Was heisst das konkret? Können Sie ein Beispiel nennen?

In früheren Jahren hatten wir mehr Projekte, die über den Selfservice hinaus das Co-Design oder sogar in Richtung Co-Creation gingen. Allen ist sicher die Migipedia-Seite bekannt, auf der sich die Konsumenten über Produktverbesserungen unterhalten. Noch weiter gehen etwa die Automobilhersteller, die Ansätze der Open Innovation umsetzen, um mit den Ideen der Kunden-Community neue Produkte zu gestalten.

Was haben Sie bei den Projekten vermisst?

Neuere Ansätze der Marketing-Automation sahen wir noch keine. In einem Projekt deutete sich dies an, und man kann erwarten, dass bald solche Ansätze sichtbar werden.

Sind Schweizer Werber zu brav oder gar zu wenig originell oder woran liegt das?

Hier steht weniger die Originalität im Vordergrund als der Investitionswille und die Investitionskraft. Es kann natürlich sein, dass in der Schweiz gerade im Handel die Wett­bewerbsintensität noch geringer ist als etwa in Deutschland und deshalb die Notwendigkeit zur Automation noch weniger gross ist.

Welche Trends gibt es in der Kategorie Online-Marketing?

Es gibt einen merklichen Trend zu Mobile First. Das Web wird schon von einigen Teilnehmern als zweites Medium nach dem Smartphone betrachtet.

Welche Folgen hat dies für das Online-Marketing?

Wir betrachten das mobile Web genauso wie alle anderen Formen: immer aus der Sicht der Zielgruppen. Für die Jurierung hat dies also keine Auswirkungen. Für das Fach­gebiet Online-Marketing und damit für die Projekte bedeutet dies, dass diese sich mit dem Verhalten der Zielgruppe bezüglich mobiler Devices auseinandersetzen sollten.

Welche Trends gab es an der Technologiefront?

Wir sahen dieses Jahr eher Trends am Back-End als am Front-End. Technologisch ist das nicht neu, aber die heutigen Websites werden zunehmend aus integrierten Systemen gespeist und immer seltener aus Stand-alone-Content-Management-Systemen.

Mussten Sie lange diskutieren, um einen Sieger in der Kategorie Online-Marketing zu küren?

Ja, aber das ist unsere Arbeit. Wir sind es den Teilnehmern, aber auch unserer Expertise schuldig, dass wir die Pro- und Contra-Argumente bis auf das letzte Detail besprechen und mehrfach abwägen, wer der Gewinner sein soll. Leider kann nur einer gewinnen.

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