Bundesrat sieht keine Verzerrung des Wettbewerbs durch Swisscom
Der Bundesrat hat die Auswirkungen der Aktivitäten von Staatsbetrieben auf den Wettbewerb in der Schweiz untersucht. Betrachtet wurden im Bericht vor allem Swisscom, die SBB, Post und Ruag. Der Bundesrat sieht keinen konkreten Handlungsbedarf.
Der Bundesrat hat die "Auswirkungen staatlich beherrschter Unternehmen auf die Wettbewerbsmärkte" untersucht. In einem 50-seitigen Bericht betrachtete der Bundesrat den Einfluss von Swisscom, den SBB, der Post und Ruag auf den Wettbewerb in der Schweiz. Auslöser waren ein Postulat der FDP-Fraktion und ein Postulat von FDP-Nationalrat Peter Schilliger.
Ehemalige Monopolisten stehen im Wettbewerb
Die Ursprünge dieser Staatsbetriebe sei oft historisch begründet. Der Staat schuf Monopole, um Infrastrukturen für die Grundversorgung aufzubauen. Mehrheitlich wurden die Märkte in den vergangenen Jahrzehnten liberalisiert. Durch die Digitalisierung würden die ehemaligen Monopolisten jedoch vermehrt in Märkte vordringen, die nicht in den Grundversorgungsauftrag fallen. "Deshalb stehen staatsnahe und private Unternehmen in immer mehr Märkten im Wettbewerb", heisst es im Bericht.
Vor allem die FDP-Fraktion befürchtet eine Verzerrung des Wettbewerbs in der Schweiz. Mit den Postulaten forderten sie daher eine Übersicht über die Aktivitäten der Staatsbetriebe ausserhalb des Grundversorgungsauftrags.
Im Bericht werden folgende vier grossen möglichen Wettbewerbsvorteile für Staatsfirmen genannt:
Keine Gleichbehandlung in der Regulierung/Besteuerung: Als Bespiel wird hier die Schweizerische Post genannt, die nicht dem Nachtfahrverbot unterliegt, oder die Kantonalbanken, die Steuerprivilegien haben.
Informationsvorteil: Dies tritt ein, wenn der Staat als Eigner seinem Unternehmen Informationen für politische Entscheidungen frühzeitig zukommen lässt, oder Entscheidungsträger in den Aufsichtsgremien der Firmen vertreten sind. Beispiele sind etwa Regulierungsvorhaben.
Finanzierungsvorteile: Mittels Staatsgarantien können Staatfirmen leichter an Geld auf dem Kapitalmarkt kommen. Auch fallen die Finanzierungskonditionen durch die hohen Sicherheiten oft günstiger aus. Zudem könnten Staatsfirmen höhere Risiken eingehen als die Wettbewerber.
Der Vorteil Quersubventionierung trifft ein, wenn ein Staatsunternehmen die Einnahmen aus Monopolgeschäften für die Finanzierung anderer Geschäftsbereiche einsetzt.
Swisscom dominiert die Märkte
Swisscom nimmt im Bericht eine prominente Rolle ein. Der Bund hält aktuell einen Anteil von 50,95 Prozent am Unternehmen. Laut dem Bundesgesetz über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes muss der Bund die kapital- und stimmenmässige Mehrheit halten. Ausser dem gesetzlichen Auftrag hält Swisscom auch die Grundversorgungskonzession bis 2022.
Im Markt ist Swisscom in allen Tätigkeitsfeldern in der Schweiz führend. Bei der Festnetztelefonie hält Swisscom einen Marktanteil von 60 Prozent. Der grösste Konkurrent UPC kommt auf 13,2 Prozent. Ebenso dominiert Swisscom die Mobiltelefonie (57,75 Prozent) und das Breitband (51,34 Prozent). Lediglich beim digitalen Fernsehen ist UPC mit 30,7 Prozent nah an den 36,3 Prozent von Swisscom.
Zudem hat Swisscom Anteile an verschiedenen Geschäftsfeldern ausserhalb des Kerngeschäfts. Die Liste der Beteiligungen ist lang:
(Source: Admin.ch)
Zudem beteiligt sich Swisscom an folgenden Digitalisierungsvorhaben:
Gemäss Bericht wird Swisscom weiter im Transportbereich aktiv werden, etwa mit Drohnen oder der Vernetzung von Transportaktivitäten. Dabei stehe Swisscom in Konkurrenz zu global tätigen Anbietern. Jedoch ist es Swisscom untersagt, "Transport- oder Gesundheitsdienstleistungen ohne einen IKT-Bezug anzubieten", wie es im Bericht heisst. Per Gesetz sei die Expansion von Swisscom in andere Märkte daher beschränkt.
"Die Mehrheitsbeteiligung des Bundes verleiht Swisscom gewisse Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren privaten Mitbewerbern, wie beispielsweise vorteilhafte Finanzierungsbedingungen auf den Kapitalmärkten", fassen die Autoren die Erkenntnisse zusammen.
Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf
"Der Bundesrat erkennt keine gravierenden Defizite hinsichtlich der Gewährung der Wettbewerbsneutralität zwischen privaten Unternehmen und solchen in Bundesbesitz", heisst es im Bericht abschliessend. Eine zu starke Wettbewerbsverzerrung stellen die Studienautoren im Bericht nicht fest. Leichte Verzerrungen liessen sich durch eine vollständige Privatisierung verhindern, was jedoch einen "Verlust der direkten Kontrolle der öffentlichen Hand über die Qualität der von diesen Unternehmen betriebenen kritischen Infrastrukturen impliziert."
Der Bundesrat wolle wie bisher regelmässig prüfen, ob es zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt und dann Massnahmen ergreifen. Dies jedoch nur, soweit das öffentliche Interesse nicht gefährdet wird. "Die staatlichen Unternehmen benötigen eine ausreichende unternehmerische Freiheit, um ihren öffentlichen Auftrag möglichst wirksam und kostengünstig zu erfüllen", schreiben die Autoren weiter.
Interessenkonflikte liessen sich nicht vermeiden. Diese sollten aber demokratisch legitimiert und transparent gemacht werden. Nur so könne die politische Prioritätensetzung nachvollziehbar gemacht werden, heisst es abschliessend. Der vollständige Bericht ist auf der Seite des Bundes abrufbar (PDF).