Roboter als Therapeuten der Zukunft
Die Digitalisierung und Technologisierung, der dazugehörige Strukturwandel und dessen Auswirkungen auf die Bevölkerung werden täglich diskutiert. Auch im therapeutischen Bereich finden solche Diskussionen statt, genährt von Befürchtungen, dass Patienten künftig nur noch mit Maschinen interagieren werden. Wird der Beruf des Therapeuten überflüssig?
Verschiedene Technologien für die Rehabilitation kommen laufend auf den Markt oder befinden sich im Rahmen von Forschungsprojekten im Entwicklungsstadium. In einer Zeit, in der Sensoren immer kleiner, leichter und einfacher in der Bedienung werden, finden diese immer mehr Anwendung in der Therapie, um beispielsweise Befunde aus Assessments zu quantifizieren. Während früher der Therapieverlauf primär aufgrund von subjektiven Beobachtungen der Therapeuten dokumentiert wurde, können heute validierte Assessments standardisiert durchgeführt werden und produzieren vom Untersucher weitgehend unabhängige quantitative Messgrössen.
Objektive und intensive Therapie durch den Einsatz von Technologien
Auch die Robotik hat ihre Berechtigung in der Therapie gefunden. Eine Erfolgsgeschichte sind Gangroboter. Diese erlauben es Patienten ohne oder mit sehr eingeschränkter Gehfähigkeit etwa nach einem Schlaganfall, ein physiologisches Gangmuster zu trainieren. Sie ermöglichen die detaillierte Aufzeichnung des Trainings, wie zum Beispiel dessen Dauer oder den individuellen Unterstützungsgrad. Zudem erleichtern Gangroboter die Arbeit der Physiotherapeuten ungemein, war doch früher ein Gehtraining für solche Patienten mit extremen körperlichen Belastungen für die Therapeuten verbunden. Mithilfe von Robotik sind heute längere und intensivere Trainings durchführbar, die für den Patienten nachweislich bessere Erfolge bringen. Auch neue Therapiemodelle sind möglich, in denen ein Therapeut mehrere Patienten parallel betreut und der Patient selbstständig trainieren kann. Dies kann die Effizienz einer Rehabilitation erhöhen, Kosten sparen und helfen, den Fachkräftemangel zu kompensieren.
Ängste bezüglich des Einsatzes von Technologie in der Therapie müssen ernst genommen werden. Basieren die Beurteilung des Patienten und die Planung der Therapie primär, oder gar ausschliesslich, auf Messdaten, wird die Individualität der Patienten vernachlässigt. Die Zusammenarbeit von Therapeut und Patient ist nötig, um einen individuellen Therapieplan, der erfolgreich durchgeführt werden kann, zu definieren. Dies bedingt einen mündigen Patienten, der Verantwortung für seine Therapie übernimmt, und einen Therapeuten, der seine Rolle als Coach versteht und angemessen informieren kann. Die Befürchtung, dass der Beruf des Therapeuten aufgrund der Technologisierung verschwinden könnte, scheint somit unbegründet. Vielmehr wird eine noch stärkere Interaktion von Therapeut und Patient nötig, jedoch mehr beratend, unterstützend und motivierend.
Herausforderungen für die Zukunft
Wo stehen wir in dieser Entwicklung? Wenn Therapeuten künftig vermehrt Technik einsetzen sollen, braucht es bereits in der Grundausbildung eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesem Thema. Ein technisches Grundverständnis ist nötig für die Mitarbeit in der Entwicklung sowie den gezielten und sinnvollen Einsatz. Aus immer mehr Technologielösungen auf dem Markt muss die beste für einen bestimmten Patienten ausgewählt werden.
Auch politisch braucht es aktive Mitgestaltung. Vergütungsmodelle müssen den effizienten Einsatz von Technologie ermöglichen und neue Entwicklungen sollen ohne zusätzliche administrative oder politische Hürden in der Praxis erprobt werden können. Dabei ist es nötig, dass nicht ausschliesslich auf Technologie fokussiert wird, sondern ein aufbauendes Miteinander von Patient, Therapeut und Technologie gefördert wird.