Jörg Hesske: "CIOs wollen sich nicht mehr um Infrastruktur kümmern"
Jörg Hesske ist seit dem 1. Mai Vice President für die DACH-Region bei Netapp. Die Redaktion hat mit ihm über das Schweizer Geschäft und die Transformation von Netapp gesprochen. Hesske verrät zudem, wie sich der Markt in der Schweiz von dem in Deutschland und Österreich unterscheidet.
Netapp hat Sie zu Beginn des neuen Fiskaljahrs zum Vice President für die DACH-Region ernannt. In der Ankündigung war damals von einer Transformation die Rede. Was meinte Netapp damit genau?
Jörg Hesske: Wir haben uns reorganisiert und die Regionen in Europa neu aufgeteilt. Ich bin immer noch Managing Director für das Deutschland-Geschäft, seit 1. Mai aber auch Vice President für die DACH-Region. Das ist sinnvoll. Viele Ideen, die aus der Schweiz und Österreich kommen, funktionieren auch in Deutschland.
Was ist in der Schweiz anders als in Deutschland und Österreich?
Unsere Organisationen in der Schweiz und in Österreich sind kleiner als die in Deutschland. Sie denken anders und agieren pragmatischer. In Deutschland dauert es oft länger, bis neue Projekte in Gang kommen. Es gibt einige Dinge, die Schweizer und Österreicher besser machen als unsere Kollegen in Deutschland.
Zum Beispiel?
In Österreich organisierten wir in nur 2 Wochen einen Event mit Microsoft und unseren Kunden. Er kam sehr gut an. Diese Idee wollen wir nun auch in Deutschland adaptieren, wo die Planung solcher Veranstaltungen bis jetzt länger dauerte.
Sie waren über 7 Jahre Country Manager von VMware Deutschland. Wie unterscheidet sich die Kultur von Netapp und VMware?
VMware ist eine tolle Firma, aber die Kultur bei Netapp ist anders. Nicht besser oder schlechter, aber anders.
Anders?
Ja, ich nenne Ihnen ein Beispiel. Kurz nachdem ich bei Netapp anfing, fand unsere Insight-Konferenz in Berlin statt. Ich war am Global Account Dinner, wanderte von Tisch zu Tisch und sprach mit den Leuten. Dabei konnte ich nicht feststellen, wer bei Netapp arbeitete und wer Kunde von Netapp war. Die Mitarbeiter von Netapp sind so nah an den Kunden dran, das ist bemerkenswert. Ein paar Monate später fand eine weitere Veranstaltung in München statt, und die grosse Nähe zu den Partnern und Kunden fiel mir erneut auf. Das sieht man in der IT-Industrie so nur selten.
Sie sind nun über 4 Jahre bei Netapp und haben die Transformation vom Speicherhersteller zum Anbieter von Multi-Cloud-Dienstleistungen miterlebt. Wie haben Sie das wahrgenommen?
Jede Transformation ist schwierig, aber ich nehme den Wandel positiv wahr. Netapp veränderte nicht nur seine Organisation, sondern auch die Prozesse. Die IT wandelt sich aber schnell und es gibt nicht den einen Masterplan für die Zukunft. Wir müssen flexibel sein. Darum ist es wichtig, dass wir kommunizieren, wo Netapp genau hin will. So gelang es uns, die meisten Mitarbeiter zu halten.
Netapp beschäftigt über 10'000 Mitarbeiter. Ist es in einem so grossen Unternehmen besonders schwierig, sich zu wandeln?
Wir sind gross genug, um Enterprise-Kunden anzusprechen, und klein genug, um flexibel auf Veränderungen im Markt zu reagieren. Der Einstieg in den Flash-Markt war für uns zum Beispiel nicht einfach, aber mittleweile haben wir einen hohen Marktanteil. Bei den hyperkonvergenten Infrastrukturen ist es ähnlich.
Sprechen Sie mit Kunden eigentlich mehr über Speicher und Infrastruktur oder über Daten, Software und Clouds?
Wenn ich mit CIOs spreche, frage ich immer, ob sie Netapp auf dem Radar haben. Sie sagen meistens nein, da sie sich nicht mehr um Infrastruktur kümmern wollen. CIOs haben heute andere Probleme. Wenn ich sie frage, wie ihre Firma mit Daten umgeht, verläuft das Gespräch sofort ganz anders. Wir sprechen dann über Multi-Clouds, APIs und Netapps Data-Fabric-Ansatz. Und die Infrastruktur - egal ob On-Premise oder Off-Premise - rückt in den Hintergrund. Am Ende ist Netapp meist auf dem Radar des Gesprächspartners.
Ich möchte noch kurz über die Schweiz sprechen. Sind Sie zufrieden mit dem Geschäft in der Schweiz?
Wir veröffentlichen keine Länderdaten, aber ja, das Geschäft in der Schweiz läuft sensationell gut. Über Multi-Clouds wird aber noch nicht so intensiv diskutiert wie in Deutschland. Das ist verständlich, weil die grossen Hyperscaler ja erst gerade in die Schweiz kommen und weil das Land stark reglementiert ist. Das mag für das Business nicht immer gut sein, aber es ist ein Asset, wenn es um Datenschutz und Privatsphäre geht. Klar ist, dass die Themen Cloud und Multi-Cloud auch in der Schweiz weiter Fahrt aufnehmen werden.
Merken Sie grosse Unterschiede zwischen der Schweiz, Deutschland und Österreich?
Ich mache einmal im Quartal eine Office-Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Dabei ist mir aufgefallen, dass es durchaus kulturelle Unterschiede zwischen den Ländern gibt, auch wegen den vier Sprachen in der Schweiz. Ich finde das spannend. Die Herausforderungen in der IT sind aber meist dieselben.