Countdown für das elektronische Patientendossier
Vieles ist auf Kurs, aber die Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD) per April 2020 bleibt weiterhin eine grosse Herausforderung – nicht nur auf technischer, sondern auch auf organisatorischer und nicht zuletzt kultureller Ebene.
Die Uhr tickt. Spätestens Mitte April 2020 müssen Akutspitäler, psychiatrische Kliniken und Rehabilitationskliniken mit dem elektronischen Patientendossier (EPD) arbeiten können. So will es das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG). Pflegeheime und Geburtshäuser haben noch zwei Jahre mehr Zeit. Für den ambulanten Bereich gibt es keine Fristen. Auch für die Bevölkerung ist die Teilnahme am EPD freiwillig.
Erste zertifizierte EPDs bis Ende des Jahres
Die Arbeiten zur Einführung des EPD laufen in allen Regionen immer intensiver. Die zukünftigen Anbieter des EPD – die sogenannten "Gemeinschaften" und "Stammgemeinschaften" – sind Zusammenschlüsse von Gesundheitsfachpersonen und ihren Einrichtungen, etwa Spitäler oder Apotheken. Sie müssen die zahlreichen rechtlichen Vorgaben erfüllen, unter anderem zu Datensicherheit und Datenschutz, um als offizielle EPD-Anbieter zertifiziert zu werden.
Momentan zeichnet sich rund ein Dutzend (Stamm-)Gemeinschaften ab, wobei die überwiegende Mehrheit kantonal oder überkantonal orientiert ist. Während sich einige Anbieter noch kaum positionieren, können bei anderen bereits Dossiers eröffnet werden, so im Pionierprojekt "MonDossierMédical" im Kanton Genf. Der Westschweizer Anbieter CARA hat öffentlich angekündigt, per Ende 2019 betriebsbereit zu sein. Auch die anderen (Stamm-)Gemeinschaften zeigen sich zuversichtlich, den Einführungstermin einhalten zu können.
Beim Umzug in den Neubau des Spitals Limmattal hat die IT-Abteilung eine tragende Rolle gespielt. Roman Plattner, Leiter ICT im Spital, spricht hier über seine Aufgaben, E-Health in der Schweiz und darüber, was ihn am elektronischen Patientendossier stört.
Vielfältige Herausforderungen
Doch die dezentrale Einführung des EPD bleibt ein komplexes Zusammenspiel von rechtlichen, organisatorischen und technischen Elementen. Es bestehen noch einige Herausforderungen:
Finanzierbare Identifikationsmittel für die Bevölkerung bereitstellen;
technische Spezifikationen finalisieren, damit das revidierte Ausführungsrecht wie geplant am 1. Juli 2019 in Kraft gesetzt werden kann;
ausreichende Ressourcen für den Aufbau von Stammgemeinschaften in den Versorgungsregionen sowie für eine nachhaltige Finanzierung der ersten Betriebsjahre;
genügend Personal und Fachwissen in den Stammgemeinschaften, damit die organisatorischen Zertifizierungsvoraussetzungen rechtzeitig erfüllt werden können;
rechtzeitiger Beginn (und Abschluss) aller Zertifizierungsverfahren;
tiefe Integration des EPD in die IT-Systeme der Behandelnden, damit diese nicht den aufwändigen Umweg über ein Webportal machen müssen;
Bereitschaft in den Akutspitälern, psychiatrischen Kliniken und Rehabilitationskliniken, die Einführung des EPD frühzeitig als Organisationsprojekt zu planen.
Patienten ernst nehmen
Die Einführung des EPD könnte im Gesundheitswesen den Digitalisierungsschub bewirken, den es für eine zeitgemässe koordinierte Versorgung braucht. Die digitale Vernetzung hat das Potenzial, die Zusammenarbeit und Rollen der Gesundheitsfachpersonen und ihrer Patientinnen und Patienten nachhaltig zu verändern. Vor diesem Hintergrund ist die EPD-Einführung zwar auch ein komplexes Informatikvorhaben, vor allem ist es aber ein Kulturprojekt zur Veränderung des Umgangs mit Patienten und ihren Unterlagen. Ob vorgeschrieben oder freiwillig – Gesundheitsfachpersonen, die ihre Patienten ernst nehmen, schliessen sich dem EPD an.