Wundermittel Process Mining

Wie sich das Dilemma der Digitalisierung aufheben lässt

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Die Fachhochschule HWZ hat an einem Event in Zürich gezeigt, wie sich die Digitalisierung kundenorientiert gestalten lässt. Process Mining nennt sich die Technik, die dabei helfen soll, Prozessoptimierung und Kundenorientierung unter einen Hut zu kriegen.

Evangelos Xevelonakis, Head of Center für Data Science der HWZ. (Source: Netzmedien)
Evangelos Xevelonakis, Head of Center für Data Science der HWZ. (Source: Netzmedien)

Viele Firmen machen heute auf digital – aber in den meisten Fällen klappt es nicht so richtig. Mitarbeiter bleiben aussen vor, erhoffte Effizienzgewinne bleiben aus und vor allem: den Kunden fehlt der Nutzen. Dies, weil viel zu oft das Ziel nur darin besteht, Geld zu sparen. Und der Nutzer aus dem Blick gerät. "Der Zwiespalt zwischen Kostensenkungen und Kundenorientierung – das ist das grosse Dilemma der Digitalisierung", sagte Evangelos Xevelonakis, Head of Center für Data Science der HWZ, an einem Event der Fachhochschule in Zürich.

Dieses Dilemma liesse sich nicht von einem Tag auf den anderen überwinden. Statt die nächste grosse Disruption zu suchen, schlug Xevelonakis einen iterativen Ansatz vor. Das heisst: Es braucht mehrere Anläufe. Kleine, etappenweise Verbesserungsschritte. Und eine "Hands-on-Mentalität". Nur so liesse sich das, was im Prozessmanagement heutzutage "Process Mining" genannt wird, erfolgreich umsetzen. Das war denn auch das Ziel der Veranstaltung an der HWZ: Process Mining als die neue Wunderwaffe gegen ineffiziente Geschäftsprozesse zu bewerben.

Den Mitarbeiter mit einbeziehen

Im Prinzip geht es darum, die Abläufe im Unternehmen zu rekonstruieren und sodann den Ist- mit einem Soll-Zustand zu vergleichen. In anderen Worten: "gelebte Prozesse mit Referenz-Prozessen abgleichen", sagte Xevelonakis. Der springende Punkt ist aber: Man will auf diese Weise nicht nur Ursachen für ineffiziente Prozesse ausfindig machen, sondern mittels maschinellem Lernen auch Handlungsempfehlungen und eines Tages auch verlässliche Vorhersagen treffen können. Doch derzeit geht es vor allem darum, "verborgene Zusammenhänge aufzudecken".

Der erste Schritt im Process Mining ist einer der schwierigsten. Die Prozessdaten zusammenzuführen, sei eine grosse Herausforderung, zumal die Daten oftmals aus heterogenen Systemen stammen. Ferner müsse die Qualität der Daten laufend überwacht, agile Methoden gelebt und datenwissenschaftliches Know-how vermittelt werden. Das Wichtigste sei jedoch, die Mitarbeiter mit einzubeziehen und sie zu motivieren. "Wir sind überzeugt, dass erst das Zusammenspiel von Mensch, digitaler Technologie und agilen Organisationsstrukturen den Unterschied auf dem Weg zu Prozessoptimierungen ausmachen", sagte Xevelonakis.

Evangelos Xevelonakis, Head of Center für Data Science der HWZ. (Source: Netzmedien)

Die Warum-Frage am Anfang stellen

Process Mining könnte überall dort zum Zug kommen, wo Daten über einzelne Abläufe in IT-Systemen gespeichert werden – beispielsweise in ERP- und Workflow-Management-Systemen. Ziel ist es, auf Basis dieser Daten die Prozesse zu visualisieren, Pfadabhängigkeiten aufzuzeigen und Verbesserungspotenzial zu erkennen.

Typische Anwender sind etwa Grossunternehmen aus der industriellen Fertigung. Doch ein Tool für Process Mining liesse sich überall dort einsetzen, wo viele Daten anfallen, sagte Janina Nakladal, die den deutschen Anbieter von Process Mining Celonis vertrat. Besonders stark wachse derzeit die Nachfrage in der Pharma- und Finanzbranche.

Bevor man aber damit anfängt, Daten zu Prozessoptimierungszwecken aufzubereiten, kommt ein wichtiger Schritt: "Zuerst muss man das Warum definieren – also klären: Warum automatisieren, und warum überhaupt mittels Process Mining? Oftmals ist das die grösste Challenge", sagte Nakladal. Und auch sie sagte, es sei unerlässlich die Mitarbeiter von Anfang an mit einzubeziehen, "damit Process Mining mehr ist als ein blosses Monitoring-Tool."

Evangelos Xevelonakis (l.) von der HWZ und Janina Nakladal, Senior Academic Alliance Manager, Celonis. (Source: Netzmedien)

Celonis sei vor neun Jahren gestartet und mittlerweile weit über die Start-up-Phase hinausgekommen, sagte Nakladal. Das Unternehmen aus München beschäftigt inzwischen über 750 Mitarbeiter, habe kürzlich den mit 250'000 Euro dotierten Deutschen Zukunftspreis gewonnen und gelte mit einem Marktwert von 2,5 Milliarden Euro zu den wenigen Unicorns in Deutschland. "Das ist schon ganz angenehm", sagte Nakladal.

Die Software sei nun fertig; auf der Agenda stünden zwei Stossrichtungen: zum einen soll das Partnernetzwerk wachsen, zum anderen sei Celonis derzeit dran, die eigenen Unternehmensprozesse zu optimieren. "Auch wir verfolgen das Ziel einer stärkeren Kundenorientierung", sagte Nakladal.

Process Mining zählt zu einem von 11 ERP-Trends für 2020, die Proalpha zusammengestellt hat. Hier geht es zu den weiteren Themen, die in der Welt der Business Software noch dieses Jahr wichtig werden sollen.

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