2008: Krise? Welche Krise?
Die Wunden der Dotcom-Blase sind 2008 noch kaum verheilt, da zieht schon der nächste Sturm am Horizont auf. Wie schlimm trifft die Finanzkrise aus den USA die ICT-Branche? Am Ende triumphiert der Optimismus – auch dank der Vorreiter aus dem Silicon Valley.
2008 ist ein Jahr, das vor allem wegen der Turbulenzen auf den Weltfinanzmärkten in Erinnerung bleibt. Dabei spielt sich das Banken-Drama erst in den letzten Monaten des Jahres ab. Der Kollaps von Lehman Brothers, die Rettung der UBS und das Quantitative Easing der Zentralbanken lassen fast vergessen, dass sich auch in der IT so einiges tat. Schliesslich ist 2008 in der Schweiz offizielles "Informatikjahr". Die Anzeichen, dass es wirtschaftlich schwierig werden könnte, sind allerdings schon im Januar da, wie Thomas Brenzikofer in der ersten 2008er-Ausgabe der Netzwoche schreibt. Trotzdem startet die Schweizer ICT-Branche mit Zuversicht, gar Euphorie ins neue Jahr. Die Umsätze sollen wachsen, Tech-Giganten wie Google bauen in der Schweiz ihre Europa-Hubs und die heissbegehrten Fachkräfte holt man sich jetzt einfach aus dem Ausland. Schon im Februar trübt sich die Laune allerdings ein. Auch die Aktienkurse der ICT-Firmen leiden unter der Finanzkrise. Und Cyberpunk-Autor Bruce Sterling warnt im Interview mit der Netzwoche: "Das Web 2.0 ist tot." Ende März stellt Redaktor Alessandro Monachesi eine ketzerische Frage: "Wie viele E-Health-Anlässe braucht die Schweiz?" Zum E-Healthcare.ch-Kongress kommen nämlich neu der E-Health Summit und das E-Health Forum. Im April rechnet die Sonderpublikation "Netzreport" vor, wie viel Geld ein durchschnittliches KMU pro Jahr und Mitarbeiter für die IT ausgibt: 6000 Franken. Im Detail zeigen sich allerdings grosse Unterschiede.
Gartner ruft das Cloud-Zeitalter aus, Apple erobert den Handymarkt
Der Mai gibt einen Vorgeschmack darauf, wohin das Geld der CIOs in Zukunft fliessen könnte. An seinem Symposium in Barcelona präsentiert Gartner den grossen Trend der IT: Cloud Computing. "Die IT-Dienstleistungen der Zukunft kommen aus der Wolke", titelt die Netzwoche. Wirklich neu sei daran aber nicht die Technologie, sondern die Einstellung der Kunden. Im Juni kommt eine beunruhigende Entwicklung ans Licht. Obwohl es dem Schweizer IT-Sektor insgesamt gut geht, überleben vergleichsweise wenige Start-ups die ersten Jahre. Redaktor Christian Walter geht auf Spurensuche. Ein Krieg tobt in der Juli-Ausgabe der Netzwoche – der Formatkrieg. Die Debatte um die Standardisierung von Microsofts Office Open XML entpuppt sich genauer betrachtet allerdings als Sturm im Wasserglas. Was sich bereits 2007 ankündigte, wird dann im August deutlich. Das iPhone beginnt, den Smartphone-Markt aufzurollen. Palm und Blackberry müssen sich warm anziehen.
Wer Apple sagt, der muss auch Google sagen, denn 2008 kommen die ersten Android-Handys auf den Markt. Zuvor erfindet Google aber noch den Browser neu, wie die Netzwoche im September berichtet. Chrome geht an den Start. Im Crash-Monat Oktober stellt Alessandro Monachesi dann die Frage: "Ist die Krise in der ICT angekommen?" Die Branche ist sich uneinig, Analysten widersprechen sich. Während Firmen mit vielen Kunden im Finanzsektor bangen, scheinen die grossen Webkonzerne gut auf die Zukunft vorbereitet. Das zeige sich auch in der Politik, schreibt Thomas Brenzikofer im November. Mit Barack Obama hätten die US-Amerikaner einen regelrechten ICT-Präsidenten gewählt. Der holte nicht nur hochrangige Vertreter der Branche in seinen Beraterstab, er kündigte wenige Tag nach seiner Wahl auch ein Hightech-Politprogramm an. "Online First" lautet die Devise. Diesen Optimismus nimmt die Netzwoche auch mit in den Dezember. Eine Wiederholung des Dotcom-Debakels sei trotz allem nicht zu erwarten, heisst es zum Jahresende. Denn: Die IT sei anders als 2001 nicht Teil der Krise, sondern könnte Teil der Lösung sein. Ein guter Vorsatz für's neue Jahr.
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