Eine Welt im Krisenmodus – und der ICT-Markt legt weiter zu
Trotz Planungsunsicherheiten und knapper werdenden Budgets wird in Schweizer Unternehmen nicht an der operativen und strategischen Bedeutung und am hohen Stellenwert der Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) gerüttelt. Die Mehrheit der Unternehmen ist bereit, die Ausgaben in die ICT weiter zu erhöhen, um ihre Effizienz, Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit zu steigern.
Auf der Basis unserer aktuellen Frühjahrsprognose rechnen wir mit einer Zunahme der ICT-Ausgaben 2024 im Business-to-Business-Segment von insgesamt 4,5 Prozent. Allerdings bleibt das wirtschaftliche Umfeld unter Druck. Die derzeitigen geopolitischen Krisen, der Krieg in der Ukraine und in Nahost, die Inflation, Unsicherheiten in den Lieferketten sowie hohe Energie- und Rohstoffpreise hinterlassen ihre Spuren und führen weltweit zu einer schwächelnden Nachfrage. Betroffen davon sind vor allem die stark exportabhängigen Unternehmen in der Industrie, wo die aktuelle Entwicklung zu sinkenden Margen und daraus resultierend zu Zurückhaltung mit Blick auf die Ausgaben und Investitionen führt.
Die angespannte Situation zeigt sich konkret in den Zahlen der MEM-Industrie: Im Vergleich zum Vorjahr reduzierten sich hier die Auftragseingänge 2023 um 8,4 Prozent, die Exporte um 2,6 Prozent. Erste Lichtblicke scheinen sich aus Sicht von Swissmem jedoch abzuzeichnen: Der Rückgang bei den Auftragseingängen hat sich im vierten Quartal 2023 abgeschwächt und die globalen Einkaufsmanagerindizes verzeichnen auf tiefem Niveau einen leicht positiven Trend.
Mit Blick auf die gesamte Schweizer Wirtschaft prognostiziert die Konjunkturforschungsstelle KOF (ETH) ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,6 Prozent für 2024. Damit bleibt die Wirtschaftsentwicklung deutlich unter dem Potenzial vergangener Jahre. Risiken für die Konjunktur gehen im laufenden Jahr von der Wirtschaft in Deutschland und in China aus. Eine zunehmende Abschwächung in diesen Ländern könnte die exportabhängige Schweizer Wirtschaft weiter bremsen. Positive Signale zeichnen sich aber mit Blick auf die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte 2024 ab: Die meisten Wirtschaftsauguren und -verbände erwarten eine Erholung, die von einer anziehenden globalen Nachfrage und der industriellen Dynamik getragen wird.
Der geopolitische Einfluss auf die Märkte
Die aktuellen wirtschaftlichen und geopolitischen Verwerfungen und Krisen haben erheblichen und disruptiven Einfluss auf sonst kontinuierliche Entwicklungen in den Märkten. Gerade seit der Pandemie haben Diskontinuitäten die Unternehmen gezwungen, sich mit den jeweiligen Unsicherheiten auseinanderzusetzen und flexible sowie adaptive Strategien zu entwickeln, um effektiv und sicher navigieren zu können. Und so haben derzeit zwei Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung und die ICT-Ausgaben im Schweizer Markt: die schwächelnde globale Nachfrage einerseits und die Ausgaben in die digitale Transformation andererseits. Die Stellschraube ICT hat dabei einen entscheidenden Einfluss auf die nachhaltige Ausgestaltung der Resilienz, um sich in volatilen Märkten zu behaupten.
Die Investitionen in die digitale Transformation sind damit für viele Unternehmen zu einer strategischen Notwendigkeit geworden. Besonders priorisiert werden Projekte, die auf die Automatisierung abzielen, die Verkürzung von Durchlaufzeiten fördern, die Innovationsfähigkeit steigern, das Kundenerlebnis verbessern und die taktische sowie strategische Ausrichtung des Unternehmens auf der Grundlage von Daten optimieren.
GenAI als Game Changer
Und nun betritt ein Game Changer die Bühne, der das Potenzial zum Katalysator für den nächsten Tech Supercycle hat. Die generative künstliche Intelligenz (GenAI) hatte sich im November 2022 mit einem eigentlichen Urknall angekündigt und innerhalb von zwei Monaten 100 Millionen Nutzerinnen und Nutzer gewinnen können. Mit der Anwendung ChatGPT haben Unternehmen jeder Grösse und Branche rasch damit begonnen, ihre Geschäftsprozesse zu optimieren, manuellen Aufwand, Fehlerraten und Reaktionszeiten zu reduzieren, das Kundenerlebnis zu verbessern und neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Die rasche Verbreitung und Nutzung der KI schlägt sich auch in den entsprechenden Wachstumsraten dieses neuen Marktes nieder. Auf der Basis unserer neuen Studie zum Thema rechnen wir mit einem Plus von über 40 Prozent der Ausgaben für GenAI im laufenden Jahr. Der Sprung nach oben basiert in vielen Fällen auf kurzfristig angesetzten, spontan getätigten Ausgaben, denn mehr als 50 Prozent der Unternehmen haben KI als Posten in ihren Budgets 2024 gar noch nicht vorgesehen.
In der aktuellen von Unsicherheiten geprägten Wirtschaftslage, in der die Margen und Budgets immer knapper werden, stehen Unternehmen vor der permanenten Herausforderung, ihre Betriebskosten effektiv zu senken und so auch Freiräume für die Innovation zu schaffen. Die ICT bietet hier Erfolg versprechende Ansätze zur Kosteneinsparung. Konkret im Rahmen der neuen Studie nachgefragt, zeigt ein Blick auf die Resultate, welche Bereiche priorisiert ins Auge gefasst werden, um die Effizienz zu steigern und Kosten zu reduzieren. Die gezielte Förderung von Projekten in den Bereichen Automatisierung, Remote Work, Security, effizientes Supply Chain Management, von GenAI-Anwendungen und der Public Cloud zeigt, dass die digitale Transformation und smarte Technologielösungen als Schlüsselkomponenten für zukünftige Geschäftserfolge eingestuft werden.
Und so spiegeln die 2024 weiter steigenden Ausgaben für ICT (B2B) auf ein Volumen von rund 21,5 Milliarden Franken ein klares Bestreben der Unternehmen wider, durch den Technologieeinsatz sicher durch die Untiefen aktueller Entwicklungen zu navigieren und sich in volatilen Märkten behaupten zu können.