Debitkarten sind und bleiben ein Payment-Liebling
Sandro Graf leitet das Swiss Payment Research Center, ein Forschungskompetenzzentrum zu Fragen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs des Instituts für Marketing Management an der ZHAW in Winterthur. Welche Trends er im Payment-Markt sieht und warum Kreditkartenherausgeber unter der Pandemie leiden, sagt er im Interview.
Sie beobachten den Schweizer Payment-Markt sehr genau. Was ist gerade besonders angesagt?
Sandro Graf: Schon länger sind Debitkarten ein Payment-Liebling von Herrn und Frau Schweizer. Dieser Trend wird auch weiter anhalten. Neu werden auch Debitprodukte speziell für Onlinezahlungen eingesetzt. Was auch langsam Fahrt aufnimmt, ist Mobile Payment. Zwar hält es sich im Gesamtbild noch auf tiefem Niveau, wird aber deutlich besser bewertet und auch vielseitiger eingesetzt.
Wo hat Mobile Payment denn konkret zugelegt?
Einerseits hat Mobile Payment vor allem in Onlinebereich - im sogenannten Distanzgeschäft - Marktanteile gewonnen. Andererseits geht die Nutzung der Peer-to-Peer-Zahlungen - direkte Geldüberweisungen von Person zu Person - stark nach oben.
Derweil werden laufend neue Payment-Produkte entwickelt. Welche davon faszinieren Sie persönlich am meisten?
Was mich fasziniert, und was ich mir auch persönlich wünsche, sind unkomplizierte Lösungen für den Check-out im Onlinebereich. Heute muss man noch zu oft von Hand seine Zahlungsdetails eintragen. Es gibt zwar bereits nutzerfreundliche Lösungen wie etwa Apple Pay oder Paypal. Ich würde mir jedoch einen anbieterübergreifenden, einfachen Check-out-Prozess wünschen. Weiter beobachten meine Kollegen und ich spannende Entwicklungen im Bereich Kryptowährungen. Und auch Wearables - etwa Ringe oder Uhren, mit denen man bezahlen kann - gewinnen möglicherweise in Zukunft an Bedeutung.
Konnte der Payment-Markt von der Pandemie profitieren?
Man könnte vielleicht meinen, dass Kreditkartenfirmen zu den grossen Profiteuren der Coronakrise zählen - aber das stimmt nicht. Zwar hat sich das Zahlungsverhalten in den vergangenen Monaten zugunsten der Kartenprodukte verändert. Vor allem das kontaktlose Zahlen legte während des Lockdowns zu. Negativ entwickelte sich jedoch gleichzeitig das Konsumverhalten: Es wurde weniger konsumiert, und die Auslandstransaktionen sind regelrecht eingebrochen. Abgesehen vom Distanzgeschäft gingen die Umsätze während des Lockdowns deutlich zurück.
Und wie entwickelt sich die Situation weiter?
Umsatzmässig gehören Kreditkartenherausgeber bisher eher zu den Verlierern der Pandemie. Aber sollten die Einschränkungen weiter gelockert werden, konsumieren wir auch wieder mehr. Entsprechend dürfte sich der Markt erholen. Ob sich das Zahlungsverhalten nachhaltig stärker zugunsten der Kartenprodukte ändert, muss sich zuerst noch zeigen.
Was ist Ihre Kernbotschaft an die Besucher des Swiss Payment Forums?
Auf dem Payment-Markt ist es so spannend wie nie zuvor. Einerseits erlebten wir gerade einen Digitalisierungsschub. Andererseits gibt es viele spannende Entwicklungen: von digitalen Identitäten über Real-time-Payment bis hin zu Mobile Payment. Das zeigt sich auch im Vortragsprogramm der diesjährigen Konferenz: Die Diversität der Themen ist viel grösser als in vergangenen Jahren.
Auf welchen Vortrag freuen Sie sich besonders?
Am zweiten Konferenztag spricht Key Pousttchi zum Thema "Die verblendete Gesellschaft - warum uns keiner die Wahrheit über die Digitalisierung sagt". Pousttchi hat nicht nur sehr viel Wissen weiterzugeben, sondern ist auch ein begnadeter Keynote-Sprecher, auf den ich mich sehr freue.