Zur richtigen Zeit im richtigen Kontext
Stets die richtige Information im passenden Kontext zur Verfügung haben: Von diesem Ziel ist man in vielen öffentlichen Verwaltungen noch weit entfernt. Eine Vielzahl von Ablagesystemen und Insellösungen für jeden Geschäftsfall schaffen Redundanzen und verunmöglichen effiziente, digitalisierte Workflows.
Es ist ein Fall, wie er in der Verwaltungspraxis häufig vorkommt: In einem Bundesinstitut haben rund 50 verschiedene Organisationseinheiten über die Jahre eigene Strukturen für die Ablage und Bewirtschaftung von Informationen aufgebaut. Es existieren keine Standards oder gemeinsamen Nenner, wie Dokumente oder Dokumentvorlagen bereichsübergreifend abgelegt und gepflegt werden. Im Tagesgeschäft behilft man sich mit «temporären» Transferverzeichnissen, in denen Dokumente zur gemeinsamen Bearbeitung oder Einsicht zur Verfügung gestellt werden. Das führt nicht nur zu Verzögerungen in den Arbeitsabläufen, sondern es entstehen auch unterschiedliche Versionsstände des gleichen Dokuments und Informationen müssen oft mit beträchtlichem Aufwand gesucht werden.
Viele Ablagesysteme verhindern eine zentrale Sicht
Werden Daten und Dokumente an verschiedenen Orten unstrukturiert abgelegt, entstehen aber nicht nur Redundanzen. Auch eine zentrale bereichsübergreifende Sicht wird verhindert. Noch gravierender ist, dass sich die Informationen nicht zeitnah im Kontext von Geschäftsfällen oder Personen zur Verfügung stellen lassen. Historisch gewachsene Ablagestrukturen sind zudem für die Verwaltung von Zugriffsberechtigungen problematisch und können ein Sicherheitsproblem darstellen. Schliesslich verhindern sie auch die Einführung von effizienten elektronischen Workflows – einem Kernelement der «digitalen Verwaltung».
Zentral abgelegt in einem ECM-System
Abhilfe schaffen kann ein ECM-System (Enterprise Content Management, siehe unten). Solche Systeme decken den gesamten Lebenszyklus von Daten und Dokumenten von der Erfassung bis zur Archivierung ab. Der Einstieg kann auch niederschwellig in einem Teilbereich erfolgen – etwa durch die Digitalisierung des Posteingangs oder im Vertrags- oder Rechnungswesen mit einem elektronischen Freigabeprozess von Debitoren- und Kreditorenrechnungen. Für die Bestimmung des richtigen Startpunkts empfiehlt sich eine gründliche Potenzialanalyse, um die Anforderungen und Herausforderungen im individuellen Umfeld genau zu verstehen.
Ein Ausgangspunkt für eine ECM-Implementierung könnte beispielsweise die Digitalisierung des Tagesposteingangs sein. Sämtliche Daten und Dokumente werden zentral entgegengenommen, falls nötig digitalisiert, kategorisiert, mit Metadaten versehen und gezielt einem Geschäftsfall oder Dossier zugeordnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Briefe oder E-Mails, auf Internetformularen eingegebene Daten oder hochgeladene Dokumente handelt.
Mit digitalen Workflows die Effizienz steigern und Fehler vermeiden
Damit wird gleichzeitig auch eine Grundlage geschaffen, um nachfolgende Prozesse zu automatisieren. Denn oft wird in der öffentlichen Verwaltung noch mit manuellen Prozessen gearbeitet. So setzt beispielsweise das Sekretariat einen Vertrag auf. Dieser wird dann ausgedruckt und via interne Post an die Rechtsabteilung zur Prüfung geschickt. Später wird das mit Korrekturen angereicherte Dokument ans Sekretariat retourniert, wo eine neue Version erstellt, ausgedruckt und an die Direktion zur Unterzeichnung weitergeschickt wird.
Ein digitaler Workflow ist effizienter, sicherer und nachvollziehbar. Vom ersten Entwurf über die Einholung von Feedbacks bis zur Unterzeichnung, Ablage und anschliessenden Vertragsverwaltung lassen sich sämtliche Schritte digitalisieren. Jede beteiligte Person wird vom System automatisch zur Erbringung ihres Beitrags aufgefordert. Steht eine Erneuerung des Vertrags an, wird eine Erinnerung verschickt und im Falle der Abwesenheit einer Person automatisch die Stellvertretung kontaktiert. Die komplette Entstehungsgeschichte des Vertrags mit sämtlichen Versionen, Änderungen und Freigaben ist jederzeit nachvollziehbar.
Aussagekräftige Dossiers, die jederzeit zur Verfügung stehen
Eine Stärke von ECM ist auch, dass relevante Informationen über einen Geschäftsfall oder eine Person gebündelt und bereichsübergreifend zur Verfügung gestellt werden können. Heute sind diese Informationen oft über verschiedene Systeme verteilt und müssen in detektivischer Kleinarbeit zusammengesucht werden. Eine zentrale Ablage der Dokumente ermöglicht die Bildung von elektronischen Dossiers, eine bereichsübergreifende Suche sowie jederzeit nachvollziehbare, bedarfsgerechte und kontextbasierte Zugriffe. Über verschiedene Oberflächen wie etwa Thin-Clients, Web oder Mobile Clients lässt sich auf alle relevanten Unterlagen zugreifen und rasch ein umfassender Überblick gewinnen – etwa in einem sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Bewilligungsverfahren mit viel Korrespondenz und Fachgutachten.
Solche Dossiers sind auch im Personalwesen sehr nützlich. Von der Bewerbung und dem Einstellungsprozess über die Beurteilung bis zu Qualifikationen und Weiterbildungen lassen sich Dossiers bilden, die alle wichtigen Informationen zu den Mitarbeitenden enthalten. Aufgrund von spezifischen Zugriffsrechten können einerseits Mitarbeitende Einsicht auf ihre eigenen Dossiers erhalten, andererseits können für Vorgesetzte erweiterte Zugriffe und Prozesse definiert werden – von der Dossiereinsicht und Dokumentenpflege bis zur Mitarbeiterbefragung oder der Ablage von Notizen aus dem Qualifikationsgespräch.
Bestehende Individuallösungen einfach ablösen
Oft kommt es in der Praxis zudem vor, dass in einzelnen Organisationseinheiten spezifische Anwendungen auf der Basis von Access-Datenbanken, komplexen Excel-Sheets oder Eigenentwicklungen eingeführt wurden. Betrieb und Support dieser Lösungen stellen jedoch einen hohen Aufwand dar und bergen Risiken wie einen unkontrollierten Zugriff oder Datenverlust. Für spezifische Geschäftsfälle entwickelte Anwendungen lassen sich auch auf einer ECM-Plattform realisieren und betreiben. Damit können neben Dokumenten auch strukturierte Daten verwaltet und für die Digitalisierung von neuen oder bestehenden Geschäftsprozessen genutzt werden. Befinden sich ERP-Systeme oder andere Fachapplikationen im Einsatz, lassen sich von ihnen generierte Dokumente im ECM-System ablegen. Zugriffe sind dann aus der Fachapplikation und auch über das ECM-System möglich.
Ein stabiles technologisches Fundament für die Zukunft
ECM bietet also eine ganze Reihe von Vorteilen und geht wesentlich weiter als Lösungen, die nur einzelne Geschäftsfälle abdecken. Durch die zentrale Verwaltung wird eine elementare Voraussetzung geschaffen, um die richtige Information zur richtigen Zeit im passenden Kontext zur Verfügung zu stellen. Wenn Informationen nicht mehr aufwändig gesucht und Dokumente manuell zusammengeführt werden müssen, lassen sich die personellen Ressourcen für wertschöpfende Aktivitäten einsetzen. Digitale Workflows und inhaltsbasierte Anwendungen erhöhen die Produktivität und ermöglichen auch eine bessere Zusammenarbeit – sowohl verwaltungsintern als auch im Geschäftsverkehr mit den Bürgern und weiteren externen Stellen. Dazu kommt, dass der ganze Lebenszyklus von der Erfassung bis zur Archivierung umfassend abgedeckt wird. Mit einem ECM-System stehen Daten und Dokumente auf einem technologisch stabilen, sicheren und skalierbaren Fundament.
ECM-Systeme sind umfassende, skalierbare Lösungen
Enterprise Content Management (ECM) steht für Systeme, welche die Verwaltung, Bearbeitung und Archivierung von Informationen in Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen ermöglichen. Zentrale Elemente sind die Erfassung aller wichtigen Informationen, die Verwaltung von Daten, Dokumenten und Prozessen auf einer einheitlichen Plattform, eine tiefe Integration in bestehende Systeme, direkter und bedarfsgerechter Zugriff aller Benutzer für eine kollaborative Zusammenarbeit sowie eine sichere Speicherung, Schutz und auch Löschung von Informationen. Auf der Plattform einer ausgereiften ECM-Lösung lassen sich inhaltbasierte Anwendungen zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen und -vorgängen realisieren. Möglich wird auch die Verarbeitung und Verwaltung von strukturierten in Kombination mit unstrukturierten Daten.