Bundesrat will Kinder und Jugendliche besser vor Cyber-Sexualdelikten schützen
Der Bundesrat will die Massnahmen, um sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet zu bekämpfen, weiter vorantreiben. Ein wichtiger Teil kommt dabei der Prävention zu. Der Bundesrat plädiert aber auch für verstärkte Koordination der involvierten Akteure und für weiterführende Studien.
Es muss mehr geschehen, um Kinder und Jugendliche vor Cyber-Sexualdelikten zu schützen. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat, der sich in einem Bericht mit den aktuellen und künftigen Massnahmen befasst. Die Voraussetzungen, um weitere Schutzmassnahmen voranzutreiben, seien gegeben, schreibt der Bundesrat zum Bericht. Die Hauptrolle kommt dabei den Kantonen zu, in deren Zuständigkeit der Kinderschutz und die Strafverfolgung fallen. Der Bund handle subsidiär und übernehme spezifische Aufgaben, wie die internationale Kooperation mit Interpol und Europol, heisst es weiter. Auch private Organisationen und Telekommunikationsunternehmen leisten einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Cyber-Sexualdelikten.
Vier strafbare Handlungen untersucht
In seinem Bericht stützt sich der Bundesrat auf eine Studie, die von der Universität Lausanne (UNIL, École des sciences criminelles) im Auftrag des Bundesamts für Sozialversicherungen erarbeitet wurde. Die Autoren der Studie untersuchen dabei wiederum die Rechtslage und den Wissensstand zu vier Cyber-Sexualdelikten gegen Minderjährige, die in der Schweiz allesamt strafbar sind:
- Herstellung und Verbreitung von Darstellungen sexueller Handlungen mit Kindern im Internet
- Cybergrooming (Eine erwachsene Person, die sich häufig als Jugendlicher oder Jugendliche ausgibt, nimmt über das Internet Kontakt mit einem Kind auf, mit dem Ziel sexuelle Handlungen vorzunehmen.)
- Sextortion (Eine Person beschafft sich über soziale Netzwerke oder andere Plattformen freizügige Bilder von Dritten und droht, sie zu veröffentlichen. So wird versucht, noch mehr Bilder, Geld oder ein Treffen mit dem Opfer zu erpressen.)
- Livestreaming von sexuellem Missbrauch von Kindern
Laut dem Bericht liegen aktuell erst wenige Studien zu Cybergrooming, Sextortion und Livestreaming vor, die mehrheitlich aus den USA stammen. Entsprechend regt der Bundesrat als erste von fünf Massnahmen mehr wissenschaftliche Studien auf nationaler Ebene an. Neue Forschung auf diesem Gebiet könne die Kenntnisse zu solchen Cyber-Sexualdelikten verbessern und die Erarbeitung angemessener, bedürfnis- und entwicklungsorientierter Massnahmen erleichtern, schreibt die Exekutive.
Koordination, Prävention, Evaluation
Ausführlicher beschreibt der Bundesrat dann die Vorschläge diverser Akteure, Koordination und Zusammenarbeit zu verstärken. Demnach sollte unter anderem die Möglichkeit geprüft werden, ein Privatunternehmen oder eine NGO zu beauftragen, die Meldungen zu Material betreffend Kindsmissbrauchs über das Internet entgegenzunehmen und zu sortieren. Eine Verbesserung bringen würde ferner eine Harmonisierung der kantonalen Gesetzesgrundlagen zum Datenaustausch zwischen Polizeikorps im Rahmen von Ermittlungen. "Allgemein regen die Expertinnen und Experten an, eine nationale Strategie zur Prävention von Cyber-Sexualdelikten gegen Minderjährige zu erarbeiten, die auch die Einrichtung einer nationalen Koordinationsplattform und einer Beobachtungsstelle vorsehen würde", heisst es im Bericht.
Weiter will der Bundesrat Präventionsmassnahmen ausbauen. Auch hier sollte laut dem Gremium die Koordination verbessert werden, um pädagogische Widersprüche in den Präventionsprogrammen zu vermeiden. Ferner wäre es interessant, künftig innovativere Massnahmen zu entwickeln, die Unterhaltung und pädagogische Botschaften verbinden. Diese sollen laut dem Bericht an Orten umgesetzt werden, an denen sich das anvisierte Zielpublikum aufhält (zum Beispiel zu Hause, in der Schule, in Jugend- und Freizeiteinrichtungen, auf sozialen Netzwerken oder Gaming-Plattformen). Vermehrt sollten künftige Präventionsinitiativen nicht mehr nur Kinder und Jugendliche ansprechen, sondern auch Eltern, Lehrkräfte und jegliche Berufsgruppen, die mit ihnen arbeiten.
Zum Schluss empfehlen die Expertinnen und Experten im Bericht, die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen auszuwerten sowie "polizeiliche und sonstige Daten in Wissen und Informationen umzuwandeln". Damit sollte die Verbreitung von Kenntnissen und guter Praxis gefördert werden.
In seiner Schlussfolgerung verweist der Bundesrat unter anderem auf die Plattform "Jugend und Medien" des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV). Man werde über diese Plattform gezielte Massnahmen umsetzen, um über die Problematik und den Schutz vor Cyber-Sexualdelikten gegen Kinder und Jugendliche zu informieren. 2025 soll das BSV zudem einen Bericht über die erreichten Fortschritte sowie eine aktualisierte Bestandesaufnahme des Schweizer Präventionsangebots für Personen mit sexuellen Interessen an Kindern vorlegen.
Im Mai 2022 stellte die EU ein umstrittenes Gesetz vor. Sie wollte Anbieter von E-Mail- und Messengerdiensten verpflichten, alle Nachrichten auf kinderpornografisches Material zu scannen und gegebenenfalls zu melden. Die obersten Datenschützer der EU kritisieren den Gesetzesentwurf und sehen Grundrechte in Gefahr. Was der Bundesrat von diesem Vorhaben hält, lesen Sie hier.
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