New Work oder wenn Misstrauen auf Paranoia trifft
Manager können infolge von Hybrid Work in eine toxische Spirale von Misstrauen und Verfolgungswahn geraten, weil sie ihre Mitarbeitenden nicht mehr physisch zu Gesicht bekommen. In dieser Situation zweifeln Führungskräfte die Produktivität ihrer Untergebenen an. Diese hingegen übertreiben ihre Aktivität mit digitalen Tools, was zu Überlastung und Überforderungen führen kann.
Immer mehr Organisationen gehen zu hybriden Arbeitsmodellen über, wobei die Mitarbeitenden einen Teil ihrer Arbeit mit mehr oder weniger Flexibilität von zu Hause aus verrichten. Dieses "New Work" gilt aber nur für bestimmte Branchen und viele Berufe sind davon ausgeschlossen. Für Büroangestellte bzw. Information Workers ist hybride Arbeit vielerorts zur Norm geworden, fordert die Mitarbeitenden aber auch. Und wie bei jeder neuen Organisationsform müssen Unternehmen noch einiges lernen, angefangen beim Umgang mit der Produktivität der Mitarbeiter.
Wachsendes Vertrauen
Die Verbreitung von remote Work als Folge der Pandemie hat in der Tat zu einer Explosion der Mitarbeiteraktivität mit digitalen Tools geführt. Laut dem Work Trend Index von Microsoft stieg die Zahl der Teams Meetings vom ersten Quartal 2020 bis zum ersten Quartal 2022 weltweit um 153 Prozent und die dafür aufgewendete Zeit um 252 Prozent.
Mitarbeitende planen auch mehrere Meetings gleichzeitig und 42 Prozent der Teilnehmenden verschicken während den Meetings E-Mails oder andere Nachrichten. Die Menschen sind hyperbeschäftigt, arbeiten mehr und eine überwältigende Mehrheit von ihnen, nämlich 87 Prozent, sind der Meinung, dass sie produktiver geworden sind.
Manager bezweifeln dies allerdings, denn sie sehen ihre Mitarbeitenden nicht mehr geschäftig am Computer oder im Konferenzraum mit ihren Kollegen.
Laut einer kürzlich von Edelman für Microsoft durchgeführten Umfrage unter 20'000 Berufstätigen haben 49 Prozent der "hybriden" Manager Schwierigkeiten, darauf zu vertrauen, dass ihre Mitarbeiter ihr Bestes geben, verglichen mit 36 Prozent der "Büro"-Manager. Hinzukommt, dass Arbeitgeber immer häufiger auf Tools zurückgreifen, um die Aktivitäten der Mitarbeiter - und nicht die Wirkung ihrer Arbeit - zu messen, was das Vertrauen untergräbt.
Paranoia und Produktivitätstheater
Dieser toxische Cocktail führt zu paradoxen Situationen: Angestellte, die im Homeoffice arbeiten, veranstalten ein Produktivitätstheater - eine Art digitaler Präsentismus, bei dem die eigene Aktivität mit IT-Tools übertrieben wird -, während Manager in einen Produktivitätswahn verfallen und befürchten, dass die Mitarbeiter nicht arbeiten, egal wie viele Stunden sie arbeiten, wie viele Meetings sie abhalten und wie viele andere Messungen der Aktivität sie vornehmen.
Da 48 Prozent der Angestellten und 53 Prozent der Führungskräfte bereits erschöpft sind, warnen die Autoren der Studie: "Wir haben einen Punkt erreicht, an dem die Leistung aufgrund von Überlastung und Überforderung abnimmt - wenn die Führungskräfte nicht eingreifen, gefährden sie die Produktivität".
Als Ausweg aus dieser Spirale empfiehlt die Studie, den Mitarbeitenden mehr zuzuhören und sich auf die Klärung von Aufgaben und Zielen zu konzentrieren, anstatt die Aktivität zu messen. In der Studie sagen 81 Prozent der Angestellten, dass es wichtig sei, dass ihre Vorgesetzten ihnen hülfen, ihr Arbeitspensum zu priorisieren, aber nur 31 Prozent sagen, dass ihre Vorgesetzten ihnen bereits in Vier-Augen-Gesprächen klare Ratschläge gegeben hätten.
Übrigens: Wie Führung im Zeitalter von Hybrid Work funktioniert, lesen Sie im Fachbeitrag von PwC.