"Data-Literacy-Charta Schweiz"

Ohne Datenkompetenz keine KI-Kompetenz!

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von Diego Kuonen, CEO, Statoo Consulting; Professor für Data Science, Universität Genf; Co-Initiant & Co-Autor "Data-Literacy-­Charta Schweiz"; ­Co-Initiant "Data Literacy – Switzerland".

Ohne Daten gibt es keine künstliche Intelligenz (KI) und ohne eine solide Datenkompetenz gibt es keine KI-Kompetenz! Und bei deren Förderung gilt es, niemanden zurückzulassen!

Diego Kuonen, CEO, Statoo Consulting; Professor für Data Science, Universität Genf; Co-Initiant & Co-Autor "Data-Literacy-­Charta Schweiz"; ­Co-Initiant "Data Literacy – Switzerland". (Source: zVg)
Diego Kuonen, CEO, Statoo Consulting; Professor für Data Science, Universität Genf; Co-Initiant & Co-Autor "Data-Literacy-­Charta Schweiz"; ­Co-Initiant "Data Literacy – Switzerland". (Source: zVg)

Daten sind der Treibstoff für künstliche Intelligenz (KI). Aber was sind Daten? Die Akademien der Wissenschaften Schweiz veröffentlichten im Mai 2024 eine "Data-Literacy-­Charta" für die Schweiz und darin steht geschrieben: "Daten sind analoge und digitale Informationseinheiten, die in diversen Formaten als Zahlen, Texte, Bilder, Videos oder Audios vorliegen." 

So sind etwa Daten in Form von Zahlen und Texten die Inputs (sogenannte Prompts oder Eingabeaufforderungen) für generative KI-Werkzeuge wie zum Beispiel ChatGPT von OpenAI, Copilot von Microsoft, Gemini von Google oder Grok von X. Auch deren Ergebnisse (Outputs) sind erneut Daten. Daten rein, Daten raus!

Zudem basieren die gebräuchlichsten generativen KI-­Werkzeuge auf sogenannten grossen KI-Sprachmodellen, die wiederum auf Daten trainiert werden, um selbst Daten als Outputs zu generieren. Solche KI-Technologien werden bereits zu sogenannten multimodalen Modellen erweitert, die zum Beispiel neben Text auch Bilder und Videos verarbeiten und generieren können. Auch dies sind wieder Daten. Daten, überall Daten! Ohne Daten, keine KI!

Da Daten, Datenanwendungen und datenbasierte Technologien wie KI zum Mainstream werden, ist Datenkom­petenz ("Data Literacy") eine Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts. Das Alphabet (kurz: ABC) ist die Grundvoraussetzung, um lesen und schreiben zu können. Im 21. Jahrhundert braucht es ein ABCD mit einem "D wie Datenkompetenz".

Datenkompetenz

Aber was ist Datenkompetenz? Hierzu liefert die erwähnte "Data-Literacy-Charta Schweiz" erneut die gemeinsame Sprache: "Datenkompetenz umfasst die Fähigkeiten, Daten auf kritisch-reflexive Weise in ihrem jeweiligen Kontext zu sammeln, zu verwalten, zu bewerten und zu verwenden. Dies geschieht unter Einhaltung datenethischer Grundsätze und des Datenschutzes. Ein ethischer Umgang mit Daten berücksichtigt ferner ökonomische, soziale und ökologische Aspekte der Datennutzung. Das Bewusstsein für die eigene digitale Spur, die man bei der Nutzung von IT-Diensten erzeugt, ist als ebenso wesentliches Element einer Datenkompetenz zu betrachten." Datenkompetenz ermöglicht es, Daten und daraus gewonnene Informationen einzuordnen und somit zum Beispiel datenbasierte Technologien wie KI kritisch-reflexiv zu beurteilen und diese adäquat zu nutzen.

Die Datenkompetenz umfasst fünf Kompetenzbereiche: konzeptueller Rahmen, Datensammlung (einschliesslich Datenqualität), Datenverwaltung (einschliesslich Datenkonvertierung, Metadatenmanagement, Datensicherheit und Datenwiederverwendung), Datenevaluierung (einschliesslich Datenanalyse, Dateninterpretation und datenbasierte Entscheidungsfindung) und Datennutzung (einschliesslich Datenethik, Datenweitergabe und Beurteilung von datenbasierten Entscheidungen).

Zentrale Fragen

Was soll, darf, will und kann ich mit Daten machen und was nicht? Diese Fragen stehen im Zentrum der Datenkompetenz und entsprechen einem der Prinzipien der Charta: "Data Literacy ist aus verschiedenen Perspektiven zu berücksichtigen". So sind folgende Perspektiven stets zu beachten:

  • die gesellschaftlich-kulturelle: Was soll ich mit Daten machen? Daten sollten so verwendet werden, dass ein nachhaltiger Nutzen für den Menschen, die Gesellschaft und die Umwelt entsteht;
  • die rechtliche: Was darf ich mit Daten machen? Der Datenschutz und weitere bestehende gesetzlichen Regelungen der Datennutzung sind stets zu berücksichtigen;
  • die anwendungsbezogene: Was will ich konkret mit Daten machen? Daten und Datenanalysen werden immer für konkrete Anwendungen erhoben und durchgeführt;
  • die technisch-methodische: Was kann ich mit Daten machen? Die verfügbaren technischen und methodischen Möglichkeiten beeinflussen, wie Daten erhoben, verarbeitet und Erkenntnisse und Entscheidungen daraus abgeleitet werden können.

Durch Datenkompetenz werden die Selbstbestimmtheit und das Verantwortungsbewusstsein gestärkt und eine respektvolle gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe aller in einer durch Digitalisierung geprägten Welt gefördert. Da sich Daten, Methoden, Technologien sowie Praktiken ständig verändern, bedingt Datenkompetenz eine Kultur des lebenslangen Lernens. Auf diese Weise wird ein sinnvoller Umgang mit Daten, deren Austausch und deren Interpretation sichergestellt.

Eine solide Datenkompetenz ist somit heutzutage wie Lesen und Schreiben unverzichtbar für den Erhalt der Grundwerte einer demokratischen Gesellschaft wie Freiheit, Gleichberechtigung und Mitbestimmungsrecht. Datenkompetenz ist für alle wichtig! Nicht nur Fachleute brauchen Datenkompetenz – sie ist eine Grundanforderung für eine informierte Gesellschaft.

Die "Data-Literacy-Charta Schweiz" liefert eine gemeinsame Sprache, ein einheitliches Verständnis und Leitprinzipien zu Datenkompetenz. Die Charta dient als Orientierungsrahmen für die Schaffung einer schweizerischen Datenkompetenzkultur und ihrer Verankerung als zentraler Bestandteil der Allgemeinbildung in einer digitalisierten Welt.­


Aufruf
Mit der Charta rufen die Akademien der Wissenschaften Schweiz die breite Bevölkerung, alle betroffenen Fachgebiete, die Medien und die Politik dazu auf, diesen Wandel im jeweiligen Kontext anzustossen, vorwärtszutreiben und umzusetzen. Es ist ein Beitrag zu einem breit abgestützten, koordinierten Datenkompetenzwandel. Dieser soll alle Akteurinnen und Akteure dazu befähigen, ihre Daten in sämtlichen Bereichen methodologisch, ethisch und datenschutzkonform zum Wohl einer inklusiven, partizipativen und aufgeklärten Gesellschaft vertrauensvoll austauschen und nutzen zu können.

Ich lade sie ALLE ein, sich mit Datenkompetenz aus­einanderzusetzen, die Charta zu lesen und zu teilen!

Vergessen Sie nicht, dass es ohne vertrauenswürdige Daten, keine vertrauenswürdige KI gibt, und dass es ohne eine ­solide Datenkompetenz keine KI-Kompetenz gibt! 

Datenkompetenz: Niemanden zurücklassen!

Webcode
Qu6R6Uaf