Focus: Digitale Zwillinge in der Medizin

Sind digitale Zwillinge die Zukunft einer besseren Gesundheitsversorgung?

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von Maria Kirschner, Vice President, ­General Manager Kyndryl Alps

Digitale Zwillinge könnten unsere gesamte Gesundheitsbranche revolutionieren – sowohl für ­Anbieter, Kostenträger und Patienten als auch für Pharmaunternehmen. Ihre Anwendungsfelder und wo wir aktuell stehen.

Maria Kirschner, Vice President, ­General Manager, Kyndryl Alps. (Source: zVg)
Maria Kirschner, Vice President, ­General Manager, Kyndryl Alps. (Source: zVg)

KI in der Medizin ist schon längst Wirklichkeit. So findet sie beispielsweise Anwendung in der Diagnostik, in Multiorgan-Monitoringsystemen auf Intensivstationen oder in Frühwarnsystemen für Epileptiker. Ein weiterer Anwendungsfall sind die sogenannten digitalen Zwillinge. Dabei handelt es sich um hochpräzise und integrierte Modelle, welche die Leistung (und potenzielle Fehler) des ihnen zugrunde liegenden Systems simulieren können. In den letzten Jahrzehnten hat die Gesundheitsbranche grosse Fortschritte auf dem Weg in eine digitale Zukunft gemacht.

In der Medizin können digitale Zwillinge auf unsere medizinischen Informationen (Blutgruppe, Augenfarbe, Grösse, Gewicht, Röntgenbilder, MRT-Resultate etc.) und nicht-medizinischen Informationen (Lifestyle-Daten aus Fitness-Apps, Telefon- und Social-Media-Nutzung) zurückgreifen, um ein digitales Abbild unserer Selbst, unserer Gesundheit und unseres Verhaltens zu erstellen. Welche Vorteile ergeben sich daraus?

Potenzielle Anwendungsfelder 

Das Potenzial dieser Modelle ist immens. Die Erfahrungen von Patienten im Umgang mit akuten und chronischen Erkrankungen können deutlich verbessert werden, indem der individuelle digitale Zwilling mit den Daten von Wearables auf dem Laufenden gehalten wird. Damit können medizinische Notfälle wie Unterzuckerungen oder Herzinfarkte vorhergesagt und Betreuer benachrichtigt werden.

Für Ärztinnen und Ärzte könnten die digitalen Zwillinge präzisere medizinische Behandlungen für die Patienten bedeuten: Durch die Kombination eines digitalen Körpers mit virtueller Realität könnte ein dreidimensionaler digitaler Zwilling geschaffen werden, an dem Studenten Eingriffe üben können. Selbst erfahrene Chirurgen könnten diese Zwillinge dazu nutzen, ihre Technik zu perfektionieren oder alternative Strategien für komplexe und riskante Verfahren auszuprobieren.

Schnellere und bessere klinische Studien

Klinische Studien benötigen einige tausend Patienten und der Abschluss kann zum Teil Jahre dauern. Dies könnte durch den digitalen Zwilling beschleunigt werden und Pharmaunternehmen wären in der Lage, neue Medikamente schneller auf den Markt zu bringen. Denn: Menschen sind vielleicht eher dazu geneigt, mit ihrem «digitalen Ich» an solchen Studien teilzunehmen.

Grosser Anklang in der Schweiz

In dem Masse, in dem der Zugang zu digitalen Aufzeichnungen immer einfacher wird und darüber hinaus Fortschritte bei der künstlichen Intelligenz erzielt werden, könnten auch Patienten bald selbst digitale Zwillinge haben. Eine repräsentative Umfrage in der Schweiz, durchgeführt durch die Digital Society Initiative (DSI) gemeinsam mit GFS Bern, hat ergeben, dass bereits jetzt das Konzept der digitalen Zwillinge hierzulande so beliebt ist, dass zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer einen solchen von sich haben möchten. Besonders ältere Personen waren von der Idee angetan.

Für die Durchführung eines digitalen Zwillingsprojekts, unabhängig davon, ob die Anwendungsfälle mit einem Anbieter, einem Kostenträger oder einem Pharmaunternehmen in Zusammenhang stehen, gibt es Schritte, die befolgt werden müssen: Das Aufsetzen, die Analyse, das Management sowie die Verwaltung der Daten sind dabei von essenzieller Bedeutung. Kurzum: Bei den digitalen Zwillingen handelt es sich um eine Technologie, die wir immer häufiger sehen werden.
 

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