Wie die Zukunft von Kultur- und Kreativschaffenden im KI-Zeitalter aussehen könnte
Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum hat am 5. November im Congress Center Basel die CLTR-Konferenz 2024 zum Thema "Kreatives Schaffen, KI und Plattformen" durchgeführt. Rund 300 Gäste nahmen an der Diskussion teil, bei der es um wirtschaftliche, rechtliche sowie ethische Fragen ging.
Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) hat am 5. November 2024 rund 300 Gäste eingeladen, um sich im Rahmen der CLTR 2024 über das Thema "Kreatives Schaffen, KI und Plattformen" auszutauschen. Im Congress Center Basel trafen sich die Teilnehmenden für die öffentliche Konferenz, bei der es sowohl um wirtschaftliche als auch um rechtliche und ethische Fragen rund um KI und Kreativschaffen ging. Ziel war eine öffentliche Diskussion mit allen Beteiligten, wie Bundesrat Beat Jans in seiner Begrüssungsrede hervorhob.
In der Keynote "The winner takes it all! Können Kulturschaffende und KMU neben Internetkonzernen bestehen?" erklärte Tommaso Valletti vom Imperial College London seine Sicht auf die Entwicklungen mit KI. Dabei erklärte er anhand von vier kurzen Lektionen unter anderem die Wichtigkeit des Kartellrechts und der Repräsentation von kleineren Unternehmen, um mit grossen Tech-Firmen mitzuhalten.
Die Rechtsanwältin und Präsidentin der Weko Laura M. Baudenbacher fuhr fort mit dem Thema "KI im Wettbewerb". Sie hob das Potenzial von KI im juristischen Bereich hervor und sieht viele Möglichkeiten, die durch künstliche Intelligenz geschaffen werden. Es sei jedoch wichtig, sich der Risiken bewusst zu sein, wie etwa "Winner-Takes-All"-Märkte oder die Möglichkeit, dass Algorithmen den fairen Wettbewerb behindern könnten. Laut Baudenbacher sei die Schweiz mit dem Kartellgesetz vom Jahr 1995 auch in Bezug auf die KI gut aufgestellt. Doch die Wettbewerbskommission habe stets ein Auge auf die Entwicklungen im Bereich der KI im Markt.
Laura M. Baudenbacher, Rechtsanwältin und Präsidentin der Weko. (Source: Netzmedien)
Können Maschinen lustig sein?
Die Frage, ob KI auch mal lustig sein kann, richtete der Speaker und Dozent für künstliche Intelligenz, Patrick Karpiczenko ans Publikum. Anhand von praktischen Beispielen, zeigte er auf, dass KI aktuell noch unfreiwillig lustig ist. Denn für KI-Plattformen, welche Bilder generieren, wie zum Beispiel Midjourney, existiere keine Welt, bei der ein Pferd mal auf einem Mann reitet und nicht umgekehrt. "Eine KI ist nur so gut wie die Daten, mit der sie gefüttert wurde".
Patrick Karpi Czenko, Speaker und Dozent für künstliche Intelligenz. (Source: Netzmedien)
Weiter ging es im Programm mit fünf unterschiedlichen Paneldiskussionen zu den Themen Sprache, Bild, Musik, Design und Film. Im Panel Bildgestaltung diskutierten Experten über das Thema, ob KI als (zusätzliches) Instrument wahrgenommen wird oder als zerstörerische Konkurrenz. Laut einer Expertin sei es wichtig, die Einstellung von Mensch gegen Maschine zu Mensch mit Maschine zu wechseln, damit man gemeinsam etwas Neues schaffen könne. Dabei falle unter anderem auch die Idee für ein globales Lizenzsystem für die Datennutzung als möglicher Lösungsansatz.
Weiter erklärte Dorothea Baur, Referentin und Dozentin für Ethik und Nachhaltigkeit in ihrer Rede, dass es einen guten Grund dafür gibt, Kreativität zu schützen. Kunst sei Kommunikation und "KI redet nicht, sondern rechnet" fügte sie hinzu. Für Gerechtigkeitsfragen rund um Urheberrecht und KI brauche es laut Baur Regulierungen. Die Tools wurden bereits mit geschützten Daten trainiert, deshalb gäbe es nur noch die Möglichkeit für Entschädigung.
Dorothea Baur, Referentin und Dozentin für Ethik und Nachhaltigkeit. (Source: Netzmedien)
Ein Weg zwischen Offenheit und Regulierung muss her
In einem Dreiergespräch tauschten sich der Direktor des Bundesamts für Kommunikation (Bakom), Bernard Maissen, Co-Leiterin Sektion Film Bundesamt für Kultur Nadine Adler Spiegel und die Direktorin des IGE, Catherine Chammartin, über die politische Sicht aus. Dabei stellte sich die Frage welche Rahmenbedingungen es erlauben, dass Innovation in der Schweiz weiterhin stattfinden kann. Beim Bakom sei das Thema KI zwar zeitintensiv, aber noch klein, sagte Maissen, da es noch unklar sei, was der Bundesrat diesbezüglich vorhabe. Maissen betonte aber, das Thema als Ganzes wahrzunehmen, statt nur die persönliche Perspektive zu sehen. Dabei solle man einen Weg zwischen Offenheit und Regulierung entscheiden. Chammartin erwähnte dabei die Studien, die das IGE in Auftrag gegeben hat. Ziel des Urheberrechts sei es, die Werke von Kunstschaffenden in Werte umzuwandeln, aber ob man von diesen Werten leben könne, sei noch offen.
Bernard Maissen, Bakom-Direktor, Nadine Adler Spiegel, Co-Leiterin Sektion Film Bundesamt für Kultur (BAK) und Catherine Chammartin, Direktorin des IGE. (Source: Netzmedien)
Studien an der IGE zum Thema KI
Das IGE führt zurzeit ebenfalls mehrere Studien im Bereich KI durch, von denen es zwei am CLTR vorstellte. Sebastian Singler erklärte die Ziele der Studie "Urheberrecht und generative künstliche Intelligenz im Spannungsfeld". Diese beinhalte die Untersuchung der weitreichenden Auswirkungen auf das Urheberrecht und die Identifikation der potenziell betroffenen Regelungsbereiche. Das klare Verständnis der Situation schreite nur langsam voran, meinte Singler. Er ging dabei zudem auf künftige Diskussionen ein, unter anderem das Risiko der Ausweitung des "Digital Divide" innerhalb der Kreativbranche.
Die zweite Studie über den Schutz von Software durch Patent- und Urheberrecht präsentierten Florent Thouvenin und Peter Picht. Dabei schlugen sie zwei Schutzrechte in Bezug auf Funktionalität und Source Code vor.
Den Schluss der öffentlichen Konferenz der IGE bildeten unterschiedliche Anwendungsbeispiele von KI im Werbetonstudio, bei Special-Effects in Filmen und kreativen Schreiben. Die Beispiele zeigten die facettenreichen Möglichkeiten des KI auf, doch auch wo die KI in der Kreativbranche auf Grenzen stösst.
Sebastian Singler stellt die Studie "Urheberrecht und generative künstliche Intelligenz im Spannungsfeld" vor. (Source: Netzmedien)
Der Hype um generative KI führte zur schnellen Verbreitung von ChatGPT & Co. – auch Banken und Versicherungen setzen solche KI-Dienste mehr und mehr im Rahmen von Pilotprojekten ein. Die Liechtensteiner Bank LGT hat die Pilotphase allerdings bereits hinter sich gelassen. Wie das Finanzinstitut den KI-Assistenten Copilot einsetzt, um Mitarbeitenden zu helfen, erfahren Sie hier.