Waadtländer Unispital legt kontroverse KIS-Beschaffung auf Eis
Das Waadtländer Universitätsspital muss die Beschaffung eines neuen Klinikinformationssystems aufgrund einer Beschwerde aussetzen. Die Ausschreibung soll dem Vorwurf nach auf den US-Anbieter Epic zugeschnitten sein. Auch beim Unispital Zürich sorgt die mögliche Wahl von Epic für Zoff.
![Das Waadtländer Universitätsspital muss eine IT-Beschaffung aufgrund einer Beschwerde aussetzen.
(Source: CHUV)](https://data.netzwoche.ch/styles/np8_full/s3/media/2024/11/15/chuv_aout09.jpg?itok=v7tTjUCb)
Das Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) muss die Beschaffung eines neuen Klinikinformationssystems (KIS) aufgrund einer Beschwerde der Genfer Softwarefirma Kheops aussetzen. Diese argumentierte, die Mitte September publizierte Ausschreibung sei auf den US-amerikanischen KIS-Anbieter Epic zugeschnitten. Gemäss einer Recherche von "Le Temps" hatten zuvor bereits mehrere lokale Anbieter medizinischer Software moniert, dass Epic bevorzugt werde. Das Waadtländer Kantonsgericht bestätigte nun die aufschiebende Wirkung, die die Beschwerde von Kheops provisorisch bewirkt hatte.
Den Ausschreibungsunterlagen zufolge will das CHUV die Software Soarian von Oracle-Cerner ersetzen. Die Lösung ist auch bei den Waadtländer Regionalspitälern respektive bei den Mitgliedern der Fédération des hôpitaux vaudois (FHVi) im Einsatz. 2027 stellt der Hersteller allerdings den Wartungsservice ein - und spätestens 2029 wird die Software unbrauchbar. Von einer Nachfolgelösung erhofft sich das CHUV ein integriertes und skalierbares System, das mehr Bereiche abdeckt, zum Beispiel die Planung von OP-Kapazitäten, der Patientenbetreuung, des Transportmanagements und der Intensivpflege. Bis März 2028 soll das neue System zum Einsatz kommen.
Was an Epic stört
Mehrere Anbieter wie etwa Cistec, Kheops und Tecost kritisierten, dass bestimmte Kriterien in der Ausschreibung lokale Anbieter de facto ausschliessen. Die Ausschreibung setzt etwa voraus, dass das neue System bereits in Spitälern ähnlicher Grösse in der Schweiz oder in Europa in Betrieb ist, den gesamten Funktionsumfang abdeckt (Produktentwicklungen und -integrationen sind ausgeschlossen) und dass das System nach Emram Stage 7 zertifiziert ist. Derzeit gibt es weltweit jedoch nur zwei Unternehmen, die Spitäler auf dem Weg zur Zertifizierung nach Emram 7 begleitet haben: Epic und Cerner, wobei letzteres seit mehreren Jahren nicht mehr am europäischen Markt interessiert ist, wie ein Experte gegenüber “Le Temps” erklärt.
Ausserdem stören sich mehrere Anbieter daran, dass die FHVi, also der Verband der Waadtländer Regionalspitäler, in die Ausschreibung einbezogen wurde. "Es ist ziemlich klar, dass die für das CHUV vorgesehene Lösung nicht für kleinere Krankenhäuser geeignet ist. Die Bedürfnisse eines Universitätsspitals (akademische Forschung neben dem klinischen Auftrag und der Ausbildung) sind nicht dieselben wie die eines Regionalspitals", schrieb die Kommission für öffentliche Gesundheit des Waadtländer Grossrats in einem im Februar 2023 veröffentlichten Bericht.
Epic setzt sich in der Schweiz durch
Der Bericht erwähnt Epic an mehreren Stellen ausdrücklich. Es sei "sehr wahrscheinlich, dass vier der fünf Schweizer Universitätsspitäler über das gleiche Tool verfügen". Tatsächlich gewinnt der US-amerikanische KIS-Lieferant hierzulande an Boden. Das Berner Inselspital setzt die Lösung seit 2023 ein. Das Universitätsspital Basel publizierte Ende 2023 eine Ausschreibung für ein neues KIS, wobei vor allem zwei Anbieter in Frage kommen: Cistec und Epic.
In Zürich hat das Universitätsspital (USZ) im Februar eine Ausschreibung für sein zukünftiges klinisches System veröffentlicht, die Epic angeblich ebenfalls bevorzugt. Die Formulierung der Ausschreibung deute darauf hin, dass das USZ unbedingt Epic einführen möchte, schreibt "Inside IT".
Zürcher Kantonsräte stossen Debatte an
Nun schaltet sich die Politik ein. Zürcher Kantonsräte aus fast allen Parteien verlangen in einer dringlichen Anfrage (PDF) Antworten zur Beschaffung - und deuten darin an, dass sie wohl einen anderen Anbieter vorziehen würden, wie "Inside IT" berichtet.
In ihrer Anfrage machen die Parlamentarier Datenschutzbedenken geltend und fragen: "Wem gehören die erhobenen Daten?" Bei Epic würden sie zum Konzern in die USA gelangen, bei Cistec hingegen in der Schweiz bzw. beim Spital verbleiben. "Wie beurteilen der Regierungsrat, die Datenschutzbeauftragte sowie die Patientenorganisationen diesen gravierenden Umstand?"
Auch die Kostenfrage gibt zu reden. Epic sei "massiv teurer im Vergleich zu Cistec", folglich stelle sich die Frage, ob die Zürcher Gesundheitsdirektion einen Mehrwert im System des US-Anbieters im Vergleich zur Schweizer Cistec-Lösung erkenne.
Wie "Inside Paradeplatz" unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Quelle Anfang November berichtete, dürfte das Epic-System für das USZ rund 150 Millionen Franken kosten - die Lösung von Cistec gäbe es hingegen für rund 50 Millionen Franken. Die Entscheidung sei allerdings bereits gefallen - zugunsten von Epic, schreibt das Onlinemedium.
Nicht alle Schweizer Unispitäler setzen auf Epic. Die Hôpitaux universitaires de Genève (HUG) und das Hôpital du Valais (HVS) entwickeln zusammen ein eigenes KIS namens DPI+ - die Eigenentwicklung soll die Unabhängigkeit der Spitäler von privaten Anbietern stärken. Lesen Sie hier mehr dazu.
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