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Zürcher Gemeinderat will keine digitalen Werbedisplays mehr auf öffentlichem Stadtboden

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von René Jaun und dda

Digitale Werbebildschirme sollen aus der Stadt Zürich verschwinden. Der Gemeinderat stellt sich mit 58 zu 57 Stimmen hinter eine entsprechende Motion. Nun muss der Stadtrat eine Regelung ausarbeiten – gegen seinen Willen.

(Source: Goldbach Neo)
(Source: Goldbach Neo)

In der Stadt Zürich gibt es deutlich zu viele Werbeschirme. Dieser Meinung sind zumindest die drei linken Parteien Alternative Liste (AL), Sozialdemokratische Partei (SP) und Grüne. In einem Postulat verlangten die Parteien schon 2023, Aussenwerbung auf öffentlichem Stadtboden so gut wie zu verbieten. Am 19. März 2025 befasste sich der Gemeinderat mit einer Motion, die dieses Anliegen nur leicht abschwächt.

AL-Politiker Michael Schmid ging in der Ratsdebatte zum Vorstoss mit Werbung hart ins Gericht: Ihr Ziel sei die Manipulation des Publikums und mache dieses nachweislich unzufriedener. Ausserdem heize sie den Überkonsum an und trage damit zu Umweltzerstörung und Klimaerwärmung bei. Digitale Werbedisplays zögen die Aufmerksamkeit besonders auf sich und seien "ein ökologischer Unsinn", so der Politiker.

Scharfe Kritik gegen den Vorstoss kam von den bürgerlichen Parteien. GLP-Gemeinderat Nicolas Cavalli titulierte das Verbot als stossend, ideologisch und wirtschaftsfeindlich, wie "Persoenlich" zusammenfasst. Und FDP-Gemeinderat Patrik Brunner erinnerte an die 7000 Stellen in der Schweizer Werbebranche, die durch einen solchen Vorstoss gefährdet würden. In weiteren Voten war zu hören, dass ein Werbeverbot so gut wie nichts für den Klimaschutz bewirke und es überspitzt sei, zu meinen, ein Verbot rette Gesellschaft oder Klima.

Werbebranche ist enttäuscht

Mit einer hauchdünnen Mehrheit – mit 58 zu 57 Stimmen – stellte sich der Gemeinderat am Schluss hinter die Motion und überwies diese an den Stadtrat. Der muss nun binnen 2 Jahren eine der Motion entsprechende Regelung ausarbeiten. Der Stadtrat muss dies gegen seinen Willen tun. In einer Stellungnahme zur Motion empfahl er deren Ablehnung. Sie stelle einen erheblichen Eingriff in die lokale Wirtschaft dar. Zudem warnte er davor, dass der Stadt durch die Motion Werbeeinnahmen von 28 Millionen Franken entgehen würden.

Wenig überraschend zeigt sich auch die Werbebranche enttäuscht über den Entscheid des Zürcher Gemeinderates. Die Motion sei "nicht zielführend für die Weiterentwicklung der Stadt Zürich", schreibt etwa Goldbach Neo in einer Mitteilung. CEO Tom Gibbings kommentiert: "Wir hätten es begrüsst, wenn der Gemeinderat der Empfehlung des Stadtrats gefolgt wäre und sich gegen die Einschränkungen ausgesprochen hätte. Wir sind besonders enttäuscht, da Aussenwerbung in Bezug auf CO2-Effizienz unter allen Mediengattungen führend ist und direkt die öffentliche Hand mitfinanziert. Dies über die erheblichen Gebühren, die wir jährlich als Vermarkterin entrichten". Sein Unternehmen werde sich aktiv an der Diskussion zur Zukunft der Aussenwerbung beteiligen. Man erkenne die in der Motion geäusserten Bedenken an, plädiere jedoch "für Lösungen, die diese Überlegungen mit den klaren Vorteilen und der Wirtschaftlichkeit von Aussenwerbung in Einklang bringen."

 

Übrigens läuft aktuell und noch bis Ende Mai 2025 die Einreichefrist für den diesjährigen Swiss Out of Home Award. Kreative, Agenturen und Werbetreibende können ihre analogen und digitalen Aussenwerbekampagnen zur Beurteilung einschicken. Mehr dazu lesen Sie hier.

 

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