Yeng Chow, Robert Half

"IT-Profis müssen nicht auf Jobsuche gehen"

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Yeng Chow, Senior Manager bei Robert Half (Quelle: Robert Half)
Yeng Chow, Senior Manager bei Robert Half (Quelle: Robert Half)

Wie hoch ist die freiwillige Mitarbeiterfluktuation in der Schweizer ICT-Branche?

Yeng Chow: In der Schweiz stellen 60 Prozent der Befragten in unserer Arbeitsmarktstudie fest, dass die freiwillige Mitarbeiterfluktuation in ihren Unternehmen in den letzten Jahren gestiegen sei. Im IT-Bereich ist die Situation sogar noch etwas verschärft, da aktuell eine besonders hohe Nachfrage nach entsprechenden Spezialisten herrscht. IT-Profis müssen nicht auf Jobsuche gehen. Sie werden direkt angesprochen und sind, wenn das Angebot die richtigen Anreize enthält, schnell zum Wechsel bereit.

Was sind die häufigsten Kündigungsgründe für Arbeitnehmer aus der ICT-Branche?

IT-Profis wechseln am ehesten den Arbeitgeber, wenn sie die Möglichkeit bekommen, mit neuen Technologien zu arbeiten. Besonders beliebt sind internetbasierte Technologien, also der Bereich Web Development und Web Applications. Generell besteht heutzutage auch der gros­se Wunsch bei Arbeitnehmern, Erfahrungen in anderen Unternehmen und Branchen zu sammeln. Das ist gemäss unserer Arbeitsmarktstudie für fast jeden zweiten Arbeitnehmer der Fall. Ein höheres Gehalt ist zwar nicht ausschlaggebend, aber laut 40 Prozent der befragten HR-Manager ein entscheidendes Wechselmotiv.

Wie kann ein Chef einer hohen Personalfluktuation vorbeugen?

Vorgesetzte können vor allem durch einen intensiven Austausch mit ihren Mitarbeitern vorbeugen. Regelmässige Feedbackgespräche, in denen beide Seiten offen ihre Erwartungen darlegen, sind unentbehrlich. Darüber hinaus müssen natürlich auch die Unternehmens- und Führungskultur im gesamten Unternehmen stimmen und Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeiter angeboten werden.

Welchen Stellenwert haben dabei Exit-Gespräche?

Exit-Gespräche sind für die gesamte Personalarbeit – vom Recruiting über die Mitarbeiterbindung bis zum Employer Branding – ein wertvolles Instrument. Denn Veränderungen lassen sich erst dann ableiten, wenn die Wechselgründe bekannt sind. Das setzt voraus, dass diese systematisch erfasst und analysiert werden. Insofern sollten Exit-Gespräche einen deutlich höheren Stellenwert bei Arbeitgebern mit steigenden Fluktuationsraten bekommen, als es womöglich aktuell der Fall ist.

Können Sie den idealen Ablauf eines Exit-Gesprächs schildern?

Für den idealen Ablauf eines Austrittsgesprächs müssen auf jeden Fall drei Faktoren berücksichtigt werden: Der Termin, der Gesprächspartner sowie der vertrauliche und individuelle Rahmen. Der beste Zeitpunkt für das Gespräch ist kurz vor dem Abschied und nachdem das Arbeitszeugnis ausgestellt wurde. Dann sind ehrliche Antworten zu erwarten. Das Gespräch sollte nicht vom direkten Vorgesetzten, sondern einer neutralen Person, etwa aus der Personalabteilung, geführt werden. So kommen auch mögliche Differenzen mit dem Vorgesetzten zur Sprache. Drittens sollten Arbeitgeber im Exit-Gespräch unbedingt individuell auf den Mitarbeiter eingehen. Selbstverständlich muss das Gespräch vertraulich behandelt und dem Mitarbeiter zugestanden werden, einzelne Fragen nicht zu beantworten. Kurz gesagt geht es darum, in einem Gespräch Informationen zu erhalten, die für Verbesserungen im Unternehmen genutzt werden können.

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