Digitalisieren allein reicht nicht
Was bedeutet die digitale Transformation für Banken? An der vierten Swiss Digital Finance Conference diskutierten Branchenvertreter über die Herausforderungen der Finanzwelt.
Die Schweizer Bankenwelt ist im Umbruch. Viele Banken sind mitten im digitalen Transformationsprozess, wie Georges Grivas zu Beginn der vierten Swiss Digital Finance Conference an der Hochschule für Wirtschaft in Luzern sagte. Grivas ist Professor für Digital Business Innovation & Strategic IT Management an der Hochschule. Die Banken hätten aber noch einen weiten Weg vor sich, sagte er.
Denn während sich die Banken wandeln, zieht Konkurrenz am Horizont auf. Einige der Konkurrenten werden mitunter zu Partnern, andere erschüttern die Geschäftsmodelle der Banken. Fintech-Unternehmen. Meist Start-ups.
Vier bedeutende Trends
In der Schweiz gab es Ende letzten Jahres laut Grivas 160 solcher Fintechs, wie er sie nannte. Mit Blick auf das Investitionskapital, das diese Fintechs in sich vereinen, würden sie aber eine marginale Rolle spielen. Etwa 0,7 Prozent des weltweiten Investitionskapitals floss im vergangenen Jahr in Fintech-Start-ups.
Abgesehen von den Start-ups, die den Markt aufwirbelten, gebe es vier bedeutende Trends:
- Mobile
- Big Data & AI
- Social
- Blockchain
Zu Mobile zählt Grivas Entwicklungen wie Mobile Payment, mobile Wallets, E-Commerce und neue Arten von Mobile Banking. Bei Big Data denkt Grivas an "Algorithmen, künstliche Intelligenz und Robo-Advisor".
Unter Social fasste der Professor die Interaktion mit Kunden, die interne Zusammenarbeit und Social Trading zusammen. Die Blockchain schliesslich eröffne völlig neue Möglichkeiten und könnte die Branche komplett auf den Kopf stellen. Mit der Ansicht steht Grivas nicht alleine da.
Blockchain könnte Geschäftsmodelle von Banken erschüttern
Annika Schröder, verantwortlich für Innovationen bei der UBS, bezeichnete Blockchain als die nächste Revolution im Banking. Am Ende Ihres Referats überkam manchem Zuhörer das Gefühl, dass es Banken künftig gar nicht mehr brauche.
Warum beschäftigt sich eine Bank wie die UBS also mit ihrem potenziellen Ende? "Wir glauben diese Technologie hat das Potenzial, das Geschäftsmodell der Universalbanken grundlegend zu verändern", sagte Schröder.
Technologie steht erst am Anfang
Das aktuelle Geschäftsmodell der Banken sei fehleranfällig. Es sei ein zentralisiertes System, das teilweise noch manuelle Schritte bedinge. Bei Überweisungen etwas müssten alle beteiligten Parteien einer zentralen Stelle vertrauen.
Die Bitcoin-Blockchain sei dezentral. Transaktionen würden zwischen autonomen Organisationen verteilt. Ohne manuelle Eingriffe. Die Blockchain sei inzwischen sicherer und günstiger als andere Lösungen. "Wir glauben daran, dass sie sich früher oder später durchsetzen wird", sagte Schröder. Sie räumte jedoch ein, dass sie sich noch in einem stark spekulativen Raum bewege. Die Technologie stünde erst am Anfang.
Wenn Hausgeräte online bestellen und selbstständig bezahlen
In Verbindung mit anderen Technologien könne die Blockchain aber noch mehr als nur Geld überweisen. Schröder kann sich sogenannte Smartcontracts vorstellen. Die würden etwa eine Kaffeemaschine befähigen, selbst Kaffee nachzubestellen und ihn auch noch gleich selbstständig zu bezahlen. Die Möglichkeiten dieser Smartcontracts seien praktisch grenzenlos, schwärmte Schröder.
Die UBS geht aber noch weiter. Zu den Smartcontract gesellen sich sogenannte Smartbonds. Anlagepakete, die ohne Intermediäre auskommen. Käufer und Verkäufer der Pakete verlassen sich auf die Blockchain. Der Regulator habe gleichzeitig die Möglichkeit jegliche Transaktion ohne Verzögerung einzusehen, da sie auf Millionen von Geräten gespeichert würden.
Technologien treiben die "New Economy"
Ausser der UBS setzen inzwischen über 40 Finanzinstitute auf die Blockchain-Technologie. Sie sind vereint unter dem Dach der Organisation R3. In New York, London und San Francisco arbeiten die Mitglieder von R3 an der Finanztechnologie von Morgen, wie es auf der Website von R3 heisst.
David Kauer, Leiter Produktmanagement Value Added Services bei der Postfinance, sprach ebenfalls über die Zukunft. Über die "New Economy" und wie diese von technologischen Entwicklungen getrieben werde.
Banken müssen investieren
Immer mehr Objekt, Geräte und Zugangspunkte würden entstehen. "Banken scheitern daran, diese Zugangspunkte zu erfassen", sagte Kauer. Die Banken seien mit ihren stark monolitischen IT-Infrastrukturen zu langsam. Sie bräuchten einen bimodalen Ansatz, um auf die Entwicklungen schnell genug reagieren zu können.
Die Banken müssten investieren, damit sie im Markt bleiben könnten. "Wir müssen unser Mindset überdenken", sagte Kauer. Alle würden von Disruption, von Erschütterung sprechen. Was bedeutet digitale Disruption überhaupt?, fragte Kauer ins Plenum. Sinkende Kosten und schnellere Technologieadoption.
Keine unnötigen Eintrittshürden schaffen
Künftig würden sich die Kunden an den Anbieter wenden, der ihnen Einfachheit bietet. Als Beispiel zog er die IBAN-Nummer heran. "Warum verwenden wir die für Zahlungsabwicklungen? Wir geben unseren Kunden ja auch nicht eine IP-Adresse, damit sie unsere Website finden. Wir geben ihnen eine URL", sagte Kauer.
Banken würden immer wieder Eintrittshürden schaffen, die nicht notwendig sein. Etwa beim Antrag einer Kreditkarte. Die könne man zwar online beantragen. Aber am Ende müsse man doch wieder etwas ausdrucken, unterschreiben und per Post einschicken. "Das ist unnötig", sagte Kauer. Da gehe es nur um Sicherheit und die müsse im Backend implementiert werden. Der Kunde soll sich damit nicht abplagen müssen.
Die digitale Postcard kommt bald
Kurz: "Disruptiv sein heisst nicht nur digitalisieren, sondern den Kundennutzen und die Kundenzufriedenheit erhöhen", sagte Kauer. "Beschränken Sie sich nicht auf die Digitalisierung. Setzen Sie auf outside in statt inside out."
Was das für die Postfinance bedeutet. wollte Kauer nicht allzu detailliert offenlegen. "Wir arbeiten an der digitalen Postcard", sagte er. In einigen Monaten soll es möglich sein, mit einem Android-Smartphone im Laden zu bezahlen. Kontaktlos. So als würde man eine Postcard verwenden. Mehr wollte Kauer nicht dazu sagen.
Erst Kunden verstehen, dann Produkte entwickeln
Die Zürcher Kantonalbank verfolgt einen ähnlichen Ansatz, wenn man den Worten von Remo Schmidli Glauben schenkt. Er leitet das Multichannel-Management der Bank. "Wir müssen unsere Kunden kennen, wenn wir Produkte designen", sagte er. Man könne heterogene Kundengruppen nicht mit ein und demselben Produkt abspeisen.
Es gehe nicht darum, wie viel ein Kunde verdiene, ob er Privat- oder Geschäftskunde sei. Eine Bank müsse wissen, wie der Kunde funktioniere. "Wir können unseren Kunden nicht mehr aufzwingen, wie sie mit uns Geschäfte machen sollen", sagte Schmidli. "Produkte müssen Bedürfnisse abdecken."