"Das Dokumentenmanagement steht vor einem grossen Umbruch"
Intelligente Automatisierung im Dokumentenmanagement spart Kosten, erhöht die Effizienz sowie die Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitenden. Dessen ist sich Jörg Vollmer, Leiter Swiss Post Solutions und Mitglied der Konzernleitung der Schweizerischen Post, sicher. Wie die Post Unternehmenskunden bei der Digitalisierung hilft, erklärt er im Interview.
Wie hilft Swiss Post Solutions (SPS) Unternehmen bei der Digitalisierung im Dokumentenmanagement?
Jörg Vollmer: Für zahlreiche namhafte Unternehmen weltweit digitalisieren und verarbeiten wir jedes Jahr Milliarden von Dokumenten. Diese Unternehmen lassen etwa eingehende Rechnungen oder Kundenkorrespondenz automatisch einscannen. Die Dokumente werden so von uns digitalisiert und die relevanten Daten extrahiert. Dazu setzen wir bereits heute bei der Datenerfassung, der Indexierung oder Archivierung auf teilautomatisierte Prozesse, um die Effizienz zu steigern. Trotzdem gibt es noch viele arbeitsintensive Tätigkeiten in der Dokumentenverarbeitung, die ebenfalls automatisiert werden können.
Intelligent Automation ist ein Thema, das derzeit in aller Munde ist. Eine Lösung, die auch für SPS steht?
Unter Intelligent Automation versteht man nicht die klassische Arbeit von Robotern, sondern leistungsfähige Automatisierungssysteme, die selbstlernend Schlüsse ziehen. Diese Art, Prozesse vollständig zu automatisieren, wird in den kommenden Jahren das Geschäftsmodell von SPS und die unserer Kunden nachhaltig ändern. Für uns ist das ein Hebel, um das Dokumentenmanagement künftig wesentlich schneller und effizienter zu steuern. Konkret geht es bei Intelligent Automation um Softwarelösungen mit der Fähigkeit, Barrieren zu überwinden. Dazu gehören etwa sogenannte unstrukturierte Daten in E-Mails und eingescannter Briefpost, die im Gegensatz zu Formularen bisher nicht automatisch verarbeitet werden konnten. Intelligente Softwarelösungen erkennen und sortieren die Korrespondenz der Kunden. So können etwa Anfragen, Beschwerden oder Auskunftsbegehren ohne Zeitverlust automatisch beantwortet oder an die zuständigen Mitarbeitenden weitergegeben werden. Diese Lösungen sind lernfähig, sodass sie mit der Zeit immer besser erkennen, in welche Kategorie ein Dokument gehört. Das entlastet einerseits das Personal, verbessert die Mitarbeiterzufriedenheit und erhöht zugleich die Effizienz des ganzen Unternehmens. Die gesteigerte Effizienz führt schliesslich auch zu höherer Kundenzufriedenheit. Aber auch nachgelagerte Kosten können neben der Effizienzsteigerung beeinflusst werden: Unser Kunde, die Cooperative Group in England, konnte durch die Digitalisierung mit SPS nicht nur von einer massiven Effizienzsteigerung profitieren, sondern beim Neubau ihres Firmenhauptsitzes in Manchester auch auf zwei komplette Stockwerke verzichten, da Dokumente und Informationen nur noch digital vorliegen und jederzeit – per Mausklick – eingesehen werden können.
Können Sie konkrete Beispiele für den Einsatz von Intelligent Automation nennen?
Erste SPS-Lösungen im Bereich von Intelligent Automation sind in mehreren europäischen Ländern im Einsatz. Das Feedback von Kundenseite ist vielversprechend – das Interesse an weiteren Lösungen gross. Beispielsweise ist seit dem letzten Oktober bei einer Versicherung in England eine Softwarelösung im Einsatz, mit der E-Mails zur Schadenmeldung automatisch in 36 unterschiedliche Dokumententypen strukturiert werden. Ein anderes Beispiel: In Frankreich erleichtert Intelligent Automation seit diesem Jahr in einer ersten Testinstallation die komplexen Geschäftsbeziehungen von Ärzten mit einer Krankenkasse. Dank dieser Softwarelösung kann die Krankenkasse die Flut der Arztrechnungen besser strukturieren und kanalisieren. Damit gibt es weniger Fehler bei den Buchungen und Abrechnungen, was sich auf beiden Seiten vorteilhaft auf die Effizienz und die Zufriedenheit auswirkt. Ich bin überzeugt, dass das Dokumentenmanagement in Unternehmen vor einem grossen Umbruch steht. Unser Ziel ist es, die teilautomatisierten Prozesse in Zukunft vollständig zu automatisieren. Denn die aktuellen Pilotprojekte, die momentan bei uns laufen, zeigen schon jetzt, dass die laufenden Kosten deutlich niedriger sind als bei herkömmlichen Lösungen.