"Wir benutzen selbst, was wir unseren Kunden anbieten"
Bei Fujitsu läuft ein erheblicher Teil der eigenen IT über die selbst entwickelte Cloud-Service-Plattform K5. Im Interview spricht Wilhelm Petersmann über die Herausforderungen durch Digitalisierung, agile Infrastrukturen und IT-Governance.
Weshalb ist die digitale Transformation für viele Unternehmen eine Herausforderung?
Wilhelm Petersmann: Digitalisierung bezeichnet die Veränderung von Geschäftsprozessen durch Technologien wie das Internet of Things (IoT), Cloud oder künstliche Intelligenz (KI). Klassische IT-Strukturen werden in flexible, agile Gebilde umgewandelt. Ein Beispiel dafür sind Cloud-Services, mittels derer man Infrastruktur (IaaS), Plattformen (PaaS) und Anwendungen (SaaS) bereitstellt. Allein hier gibt es verschiedenste Modelle und hybride Ansätze. Angebote unterschiedlicher Anbieter müssen eingebunden werden können. Projekte dieser Art erfordern Know-how, Planung und ein erhebliches Mass an IT-Governance.
Wie meinen Sie das genau?
Es geht um das Management von Ressourcen und Abläufen – um Risiken zu eliminieren. Die Anpassung der IT-Infrastruktur hat Einfluss auf den Betrieb. Probleme müssen vorab identifiziert werden. Das gilt für Einführungsprojekte, den laufenden Betrieb, SLAs und die Kundenbetreuung. Fujitsu arbeitet hier mit einer neuen Generation von Service Desk. Unser Social Command Center nutzt auch KI, virtuelle Assistenten und kognitives Lernen. Ursachen werden präzise analysiert. Fehler dürfen kein zweites Mal auftreten. Führung, Tracking und professioneller Support sind Schlüsselaufgaben erfolgreicher IT-Governance.
Wie sieht eine "digitalisierte" Architektur aus?
Das hängt von den Bedürfnissen des Kunden, seiner Grösse und der Branche ab. Der Anbieter sollte einen Cloud-Service, bestehend aus verschiedenen Typen bereitstellen können, also Public, Virtual Privat Hosted, Dedicated, Dedicated On-Premises. Die verschiedenen Cloud-Typen müssen für einen Kunden kombinierbar und ein Austausch seiner Daten dazwischen einfach möglich sein. Aus der Cloud heraus wird IaaS bereitgestellt – also skalierbare Rechenleistung, Storage-/Serverkapazität, Netzwerkressourcen und zum Teil auch PaaS.
Wieso PaaS nur zum Teil?
Das kommt auf die Sichtweise an. Eine Cloud-Plattform muss verschiedene Bereitstellungsmodelle unterstützen, die auf den jeweiligen Einsatzzweck zugeschnitten sind. Für Test- und Entwicklungssysteme eignet sich beispielsweise eine klassische Public Cloud (Virtual Shared). Für geschäftskritische Systeme ist dagegen ein Virtual-Private-Hosted-Modell die bessere Wahl. Wird die Public Cloud als Entwicklungsplattform zur Verfügung gestellt, ist das aus der Sicht des Kunden schon PaaS, aus Sicht des Anbieters bei der Bereitstellung aber eher IaaS.
Aber PaaS und SaaS gehören dazu?
Natürlich, zwingend. Bei Fujitsu organisieren wir diese Ebenen aber primär nicht aus der Cloud-Service-Plattform heraus, sondern im Wesentlichen über ein Framework namens "MetaArc". Das ist eine Digitalisierungsumgebung für Multi-Cloud-Management und Orchestrierung, die beispielsweise Prozesse von Fast und Robust IT vereint und so den Umgang mit Alt-, Kern- und Entwicklungssystemen erheblich vereinfacht. "MetaArc" integriert ausserdem verschiedenste IoT-, Big-Data-, KI-Anwendungen und Openstack-API zur Einbindung von Drittanbietern.
Wie stellen Sie sicher, dass die Plattformen leisten, was sie sollen?
Fujitsu erfuhr die Herausforderungen der digitalen Transformation quasi am eigenen Leib. 2015 begannen wir mit einem internen Migrationsprojekt. 640 Anwendungen, verteilt auf 13 000 Server, wurden in unsere hauseigene Cloud-Service-Plattform K5 überführt. Mit diesem Projekt sparen wir in fünf Jahren Betriebszeit etwa 300 Millionen US-Dollar ein. Wir benutzen selbst, was wir unseren Kunden anbieten. K5 ist eine universelle, offene Plattform mit hybridem Cloud-Ansatz und nutzbar für Unternehmen jeder Grösse. Wir hosten den Service seit März unter anderem auch in Deutschland, interessierte Kunden aus der Schweiz gibt es bereits.