Hans-Peter Keller, CIO, Helsana

"Wir waren die Ersten, die mit dem CRM in die Cloud gingen"

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Hans-Peter Keller ist seit März dieses Jahres CIO und Mitglied der Geschäftsleitung beim Kranken- und Unfallversicherer Helsana. Im Interview spricht er über die Herausforderungen, die Helsana in den nächsten Jahren angehen wird, und erklärt die Pfeiler der Digitalstrategie des Versicherers.

Hans-Peter Keller, CIO, Helsana
Hans-Peter Keller, CIO, Helsana

Sie sind seit März CIO von Helsana. Wie ist es Ihnen seither ­ergangen?

Hans-Peter Keller: Ich arbeitete zuvor bereits seit sieben Jahren bei Helsana und war auch schon im Führungsteam des Geschäftsbereichs Informatik tätig. Daher kannte ich die mir jetzt unterstellten Kolleginnen und Kollegen sehr gut. Auch die Organisation war mir vertraut. Insofern bin ich sehr gut gestartet. Die Kollegen in der Geschäftsleitung hiessen mich herzlich und freundschaftlich willkommen.

Sie haben die Leitung der IT übernommen und sind in die ­Geschäftsleitung aufgestiegen. Wie haben sich Ihre Aufgaben verändert?

Ich musste lernen, die Themen aus einer anderen Flughöhe zu betrachten, da in der Geschäftsleitung der Fokus ein ganz anderer ist. Ich musste mich in die übergreifenden Themen einarbeiten. Zu Beginn fiel es mir teilweise schwer, spannende Themen loszulassen, für die ich zuvor als Leiter der Front Solution Group tätig war. Es wurde einfacher, als ich diese an meinen Nachfolger übergeben konnte.

Was waren denn Ihre Lieblingsthemen?

Ich leitete zuvor die Entwicklung aller Frontend-Applikationen. Hierzu zählen etwa das My-Helsana-Portal, die Helsana-Website und der Online-Angebotsrechner. Für mich sind das sehr spannende Bereiche, weil sie einem grossen Technologiewandel unterworfen sind. Zudem war ich auch für das CRM verantwortlich, das wir jetzt in Form von Microsoft Dynamics in der Cloud einsetzen. Wir waren das erste Finanzinstitut der Schweiz, das mit seinem CRM in die Cloud ging.

Welche Probleme ergaben sich dabei?

Als "First Mover" mussten wir uns zuerst einmal darüber klar werden, welche Auflagen wir erfüllen müssen. Die Abklärungen waren umfangreich, auch in Zusammenarbeit mit Microsoft. Die Einführung von Dynamics dauerte insgesamt zirka zwei Jahre, wobei wir während der Projektlaufzeit verschiedene Releases hatten. Wir sammeln immer noch Erfahrungen, auch was den Betrieb einer Cloud-Lösung in diesem Umfang betrifft.

Wie geht es weiter?

Aufgrund der gesammelten Erfahrungen können wir künftig einfacher Services aus der Cloud beziehen. Im Moment sind wir daran, in CRM-Folgeprojekten weitere Komponenten, unter anderem auch basierend auf Microsoft Azure, umzusetzen. Nach der Migration von Dynamics stellt dies einen weiteren Schritt in Richtung Cloud für uns dar. Gerade in diesen Bereichen haben wir gelernt, wie wichtig Partnerschaften sind, um neue anspruchsvolle Themen anzugehen. Grundsätzlich glauben wir, dass wir die Herausforderungen – ob sie nun technologisch oder fachlich sind – nur mit starken Partnern bewältigen können. Dies wiederum bedeutet nicht, dass wir uns die entsprechenden Skills nicht aneignen müssen.

Wie sehen die Partnerschaften innerhalb von Helsana aus?

Mir liegt die interne Zusammenarbeit am Herzen. Wir sprechen immer noch zu oft von IT und Fach, als wären diese Antagonisten. Ich bin der festen Überzeugung, dass Abgrenzung kein Erfolgsrezept ist und wir unsere Herausforderungen nur gemeinsam meistern können. Daher ist es wichtig, die richtigen Personen für eine Aufgabe zu finden. So haben wir etwa unser Digitalisierungsteam interdisziplinär zusammengestellt. Dieses Team beschäftigt sich mit der Digitalisierung aus der Sicht von Helsana, mit den Markt- und Technologietrends, den entsprechenden Kundenbedürfnissen und leitet daraus Initiativen und Projekte ab.

Wie sieht die digitale Roadmap bei Helsana aus?

Die Verschmelzung von Fach- und Technologiethemen spielt für uns eine grosse Rolle. Daher sind eigentlich alle Projekte in unserem Portfolio auch Digitalisierungsprojekte. Wenn wir etwa stärker automatisieren, tun wir dies nicht zum Selbstzweck, sondern um Ressourcen für die Kundeninteraktion freizumachen. Wir definierten bei Helsana für die Digitalisierung drei Kompetenzfelder: "Customer Interaction", "Quality & Efficiency" und "Analytics & Awareness".

Was ist darunter zu verstehen?

Unter Customer Interaction verstehen wir unser Bestreben, unseren Kunden einen einfachen Zugang zu Helsana auch über die digitalen Kanäle bieten zu können; unter Analytics & Awareness laufen die Aktivitäten, aus unseren Daten Erkenntnisse zu gewinnen, die unsere Kunden weiterbringen und im komplexen Gesundheitswesen Orientierung stiften. Und Quality & Efficiency meint die Initiativen zur weiteren Automatisierung bei Aufrechterhaltung einer hohen Qualität. Sicherheit ist hier natürlich auch ein Thema.

Wie sichern Sie Ihre IT-Systeme ab?

Wir sind in diesem Bereich gut aufgestellt und betreiben unter anderem ein eigenes Cyber-Defence-Center. Dieses überwacht und verfolgt die Angriffsversuche auf unsere Applikationen und Systeme. Angreifer suchen immer nach leichten Zielen. Deshalb ist es in solchen Situationen wichtig, dass der Angreifer schnell merkt, dass er keine leichte Beute machen kann.

Sind Versicherer besonders gefordert bei der Sicherheit?

Wir verfügen über Leistungsdaten, die besonders schützenswert sind. Aber nicht nur deswegen setzen wir alles daran, mit unseren Sicherheitsvorkehrungen immer up to date zu sein.

Wie sieht Ihre Strategie in puncto Big Data und Analytics aus?

Als Versicherer unterstehen wir strengen Auflagen und können nicht alles mit unseren Daten machen. Dennoch möchten wir unseren Kunden mit den verfügbaren Daten einen möglichst hohen Nutzen bieten. Mit anonymisierten Daten betreiben wir etwa ein wissenschaftliches Zentrum für Versorgungsforschung. Indem wir für Transparenz in der Versorgungslandschaft Schweiz sorgen, schaffen wir die Grundlagen für eine substanzielle Verbesserung von Effektivität, Wirtschaftlichkeit und Behandlungsqualität.

Was sind die grössten Herausforderungen, mit denen Sie sich als IT-Leiter konfrontiert sehen?

Ein zentraler Punkt ist sicher der Technologiewandel. Dabei geht es aber nicht einfach nur um Soft- und Hardware. Wir sehen eine Verschmelzung von Technologie und Kundenverhalten.

Wie kann man sich das vorstellen?

Nehmen wir das Beispiel Uber. Faktisch hat Uber lediglich Bestehendes genutzt. Die Innovation lag darin, eine Plattform bereitzustellen, mit der man einfach zu einer Transportmöglichkeit kommt. Damit haben sie eine grössere Nachfrage bei den Anbietern und für die Kunden eine grös­sere Auswahl geschaffen. Das Medium ist dabei eine Applikation. Aus Kundensicht sind daher Service und Technologie oft nicht mehr zu trennen. Das prägt das Kundenverhalten.

Wie wirkt sich dies auf Ihre Tätigkeit aus?

Die IT ist nicht einfach Technologielieferant, und es bleibt den Nutzern überlassen, etwas mit der Technologie zu tun. Wir müssen heute die Prozesse im Unternehmen von der Technik bis zum Endkunden hin denken. Schon sehr früh müssen daher die richtigen Fragen gestellt werden: Was sind die Kundenbedürfnisse? Wie lässt sich Technologie im Sinne unserer Kunden einsetzen? Wie machen wir das Leben unserer Kunden einfacher? Diese Fragen betreffen aber nicht bloss die Informatik. Hier ist die erwähnte Interdisziplinarität ganz wichtig, weshalb wir eng mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Bereichen zusammenarbeiten.

Wie arbeiten Sie bei Projekten mit Kunden zusammen?

Wir wollen Kunden möglichst früh in die Projektentwicklung einbinden. Wir bauen zunächst ein Minimum Viable Product. Dabei geht es darum, den Benutzern möglichst früh Gelegenheit zu bieten, Feedback zu geben. Das Produkt respektive die Applikation, die wir zur Verfügung stellen, ist dabei noch nicht vollständig entwickelt, enthält aber bereits die wesentlichen Merkmale des Endprodukts. Die Kunden-Feedbacks können wir in den nächsten Entwicklungsschritt einfliessen lassen und damit sicherstellen, dass wir nicht an den Kundenbedürfnissen vorbei entwickeln. Gefragt ist aber auch unser Servicebereich. Es gibt vieles, das man mit Technik allein nicht lösen kann.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Wenn wir etwa eine Landingpage mit Informationen zu Produkten und Services anbieten, müssen wir sicherstellen, dass die Interaktion mit den Kunden nicht nur auf der Webpage stattfindet. Wenn sich der Kunde auf der Website etwas angesehen hat und fünf Minuten später anruft, dann müssen die Mitarbeiter am Telefon möglichst die gleichen Aussagen und Angebote machen können. Diese Abläufe sollen möglichst nahtlos vonstatten gehen. Ich glaube, das macht die Informatik, aber auch die fachlichen Fragestellungen so interessant.

Inwiefern?

Beides verschmilzt immer mehr. Es geht darum, die Interaktionspunkte mit den Kunden zu verbessern und zu vermehren.

Wie nutzen Sie Social Media?

Wir sind auf Facebook und Twitter sehr aktiv. Dies sind sehr interessante und schnelle Kanäle. Es zeigt aber auch die Vielzahl der Interaktionsformen. Denn nicht alle Kunden sind auf Twitter oder Facebook. Es gibt immer noch viele Kunden, die unsere Niederlassungen besuchen.

Spüren Sie eine Verschiebung zwischen physischen und digitalen Kanälen?

Wir stellen schon fest, dass die digitalen Kanäle besser genutzt werden und Kunden digital stärker interagieren. Aber wir sehen keine umfassende Verschiebung der Kundenströme. Man kann sicherlich auch gewisse Kontaktpunkte steuern, denn nicht jedes Kundenanliegen ist an jedem Kontaktpunkt richtig angebracht. Wir müssen den Kunden unterstützen, den besten Interaktionspunkt für sein Anliegen bei Helsana herauszufinden. Aber grundsätzlich wollen wir unseren Kunden möglichst Kanalfreiheit bieten.

Welche weiteren Projekte haben Sie auf der Agenda?

Unser Projektportfolio ist gut gefüllt. Basierend auf den existierenden Plattformen wie etwa dem CRM bauen wir weitere Funktionalitäten auf. Ebenso werden wir das Portal "My Helsana" weiter ausbauen. In einem nächsten Schritt werden wir die Applikationslandschaft im Unternehmensgeschäft komplett modernisieren, nachdem wir vor Kurzem unsere im Individualgeschäft eingesetzte Applikationslandschaft grundlegend erneuert haben. Selbstverständlich arbeiten wir auch an digitalen Services für unsere Endkunden.

Wann werden Sie mit der Ablösung der Applikationen im Unternehmensgeschäft starten?

Im Moment befinden wir uns in der Vorbereitungsphase. Ab Oktober wollen wir mit der eigentlichen Umsetzung beginnen. Das ist eine grosse Initiative, aber in gewisser Weise auch der Endpunkt unserer Applikationserneuerung. Wir verfolgen damit das Ziel, effizienter Lösungen für unsere Kunden auf den Markt zu bringen.

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