Öffentliche Aufträge in der Schweiz

So viel kosten öffentliche IT-Ausschreibungen

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1Öffentliche Ausschreibungen für die IT dauern lange, swowohl für Einkäufer wie auch für IT-Lieferanten. Das belegt die Masterarbeit einer Studentin der Universität Bern. Sie zeigt einige Möglichkeiten auf, die Situation für beide Seiten zu optimieren.

(Photos: Kristian Peetz / Fotolia.com)
(Photos: Kristian Peetz / Fotolia.com)

Digitale Technologien in der öffentlichen Verwaltung werden immer wichtiger. Bund, Kantone, Gemeinden, Universitäten und öffentliche Spitäler investieren jedes Jahr enorme Summen in ihre IT-Systeme, oft im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen. Dieses transparente Verfahren hat mehrere Vorteile: mehr Wettbewerb, Neutralität bei der Angebotsbearbeitung und die Möglichkeit, das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis zu finden. Aber es braucht auch Zeit, sowohl für die einkaufenden Organisationen, die die Aufträge erstellen und die Angebote bewerten, als auch für die Lieferanten, die sie vorbereiten, in der Hoffnung, den Auftrag zu erhalten. Dank der Masterarbeit von Corinne Wegmüller lässt sich jetzt genaueres sagen über die Stunden, und damit auch über die Kosten, die auf beiden Seiten investiert werden.

Hunderte Stunden und tausende Franken pro Angebot

Die Studentin der Universität Bern erkundigte sich bei 84 öffentlichen Auftraggebern (Bund, Kantone, Städte, Universitäten, Spitäler) und 56 IT-Anbietern. Auf Seiten der staatlichen Behörden dauern die Arbeiten vor, während und nach dem Verfahren zwischen rund 60 Stunden für Hardwarekäufe bis hin zu 140 Stunden für den Kauf kundenspezifischer Software. Bei den Angaben handelt es sich um Mittelwerte, wobei der Durchschnitt aufgrund von Extremwerten wenig aussagekräftig ist.

Auf der Seite der IT-Anbieter sind die Unterschiede ebenso signifikant: 49 Stunden für ein Hardwareangebot, 70 Stunden für Standardsoftware und 240 Stunden für eine individuelle Anpassung. Da diese Offerten von IT-Profis erstellt werden, kann etwa ein Angebot für eine benutzerdefinierte Anwendung mehrere zehntausend Franken kosten (bei einem durchschnittlichen Stundenpreis von 67 Franken). Andererseits schätzen die Verwaltungen, dass sie durch die öffentliche Ausschreibung zwischen 7 Prozent und 11 Prozent sparen, schreibt Corinne Wegmüller.

IT-Ausschreibungen besonders komplex

IT-Einkäufe gestalteten sich mitunter besonders schwierig, betont Wegmüller. Agile Entwicklung, schneller technologischer Fortschritt und sich ändernde Bedürfnisse sind Herausforderungen für das Tempo der öffentlichen Ausschreibungen, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass manchmal nur eine Marktlösung in der Lage zu sein scheint, die Anforderungen zu erfüllen. Diese Schwierigkeiten erklären auch, warum 45 Prozent der öffentlichen IT-Aufträge privatwirtschaftlich vergeben würden, ohne das Ausschreibungsverfahren zu durchlaufen.

Für Käufer ist die Herausforderung gross, den erwarteten Service genau zu beschreiben. Die Forscherin empfiehlt daher, vor allem den Definitionsprozess zu optimieren: "Dies ist jedoch bei IT-Beschaffungen oft schwierig und Beschaffungsstellen sind meist keine IT-Experten. Daher kann eine mögliche Handlungsempfehlung sein, dass Beschaffungsstellen schneller externe Spezialisten in beratender Funktion hinzuziehen."

Die Herausforderung ist auch für die Lieferanten wichtig, die sicherstellen müssen, dass sie die Erwartungen verstehen und über die Mittel verfügen, den Auftrag zu gewinnen, um den Zeitaufwand zu optimieren. "Als Handlungsempfehlung ist der Entscheidungsprozess auf Anbieterseite zu überdenken und falls offeriert wird, dies auf allen Stufen mit 100 Prozent Überzeugung zu tun. Jeder Anbieter muss sich kritisch hinterfragen, ob er die nötige Erfahrung auch anhand von geforderter Referenzen und die nötigen zeitlichen und finanziellen Ressourcen besitzt, um ein Angebot zu erstellen und den anschliessenden Auftrag auszuführen", empfiehlt sie.

Abschliessend weist Corinne Wegmüller auch darauf hin, wie viel bessere Kommunikation die Dinge erleichtern würde: "Die Beschaffungsstellen sowie die Anbieter wünschen sich gemäss den Bemerkungen am Schluss der Umfrage eine offenere Kommunikation und einen Austausch, welcher aktuell gesetzlich stark eingeschränkt ist."

Ende August trafen sich Entscheidungsträger und interessierte an der achten IT-Beschaffungskonferenz. Worüber man dort sprach, lesen Sie hier.

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