Kantone harmonisieren Beschaffungswesen, Gewerkschaft befürchtet Dumping
Die Kantone haben die revidierte Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen verabschiedet. Auf diese Weise wollen die Kantone die angestrebte Harmonisierung mit dem Beschaffungswesen des Bundes voranbringen. Die Gewerkschaft Syna kritisiert den Entscheid.
Die Harmonisierung des Beschaffungswesens kommt voran. Die Kantone haben die revidierte interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) einstimmig verabschiedet. Die revidierte IVöB ermögliche die angestrebte Harmonisierung mit dem ebenfalls revidierten Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB), wie die Mitglieder des Interkantonalen Organs für das öffentliche Beschaffungswesen (InöB) mitteilen. Das revidierte BöB tritt voraussichtlich Anfang 2021 in Kraft.
Die Kantone könnten nun in eigenen gesetzgeberischen Verfahren den Beitritt zum Konkordat in die Wege leiten, heisst es in der Mitteilung weiter. Die revidierte IVöB wird in Kraft treten, sobald zwei Kantone dem Konkordat beigetreten sind.
Gewerkschaft kritisiert den Entscheid
Die Gewerkschaft Syna kritisiert den Entscheid des InöB. Die Kantone würden Dumping ermöglichen, indem sie weiterhin auf das Herkunftsprinzip statt auf das Leistungsprinzip setzen würden.
Dieser Punkt führte bereits während der Vernehmlassung zu Diskussionen, wie aus der Botschaft des Bundesrates zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (PDF) hervorgeht. Streitpunkt ist die Frage, "ob Zuschlagsempfängerinnen die Arbeitsschutzbestimmungen an ihrem Sitz- oder Niederlassungsort ('Herkunftsorts-Prinzip') oder am Ort der Leistungserbringung ('Leistungsorts-Prinzip') einhalten müssen." Laut der Botschaft des Bundesrates sprachen sich mehr Vernehmlassungsteilnehmende für das Leistungsorts- als für das Herkunftsorts-Prinzip aus.
Die Syna bezeichnet den Entscheid als "Affront gegenüber den Arbeitnehmenden in den besonders betroffenen Branchen und auch gegenüber den Firmen in 'Hochlohnkantonen', die nun im Vergleich zu Anbietern aus 'Niedriglohn-Kantonen' schlechter gestellt sind." Ferner wirft die Syna den Kantonen vor, den Willen des Gesetzgebers ignoriert zu haben.
Die Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz entgegnet
Diesen Vorwurf weist Mario Cavigelli, Delegierter Beschaffungsrecht der Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz, auf Anfrage zurück. "Die Kantone können nicht so ohne Weiteres auf das Leistungsortsprinzip wechseln." Denn sie seien verpflichtet, das Bundesgesetz über den Binnenmarkt (BGBM) anzuwenden. Und eine Einführung des Leistungsortsprinzips auf Kantonsebene würde gemäss einem Gutachten der Wettbewerbskommission im Widerspruch zum BGBM stehen.
Und was die Bestimmungen zum Arbeitsschutz angeht, entgegnet Cavigelli dem Vorwurf der Syna wie folgt: "Es gibt in verschiedenen Branchen Gesamtarbeitsverträge, die vom Bundesrat allgemeinverbindlich erklärt wurden und damit allfällige minime Ungleichheiten ausgleichen."