Wie RPA kosteneffizient Geschäftsprozesse automatisiert
Viele Routinearbeiten werden bis heute manuell, zeitintensiv und oft fehlerhaft ausgeführt. Wie Softwareroboter solche Arbeiten besser und effizienter erledigen, die Qualität steigern und Zeit sowie Geld sparen, erklärt Rüdiger Sellin, Diplom-Ingenieur (FH) und seit 1992 Fachjournalist SFJ/MAZ mit den Schwerpunkten ICT und Elektrotechnik.
Industrieroboter haben bereits seit den 1980er-Jahren viele manuelle Arbeiten der produzierenden Industrie automatisiert, sei es in der Produktion von Fahrzeugen oder in der Mikroelektronik. Nun sorgt die robotergesteuerte Prozessautomatisierung für eine ähnliche Furore. Sie wird Robotic Process Automation (RPA) genannt und beschreibt die automatisierte Bearbeitung strukturierter Geschäftsprozesse.
Digitale Softwareroboter
So genannte RPA-Bots bilden dabei den Kern dieser innovativen Technologie, die ihre Stärken bei eindeutig strukturierten, sich wiederholenden oder regelbasierten Prozessen und Aufgaben ausspielt, die bisher von Menschen ausgeführt werden. Wie sie arbeiten die RPA-Bots auf der Ebene grafischer Benutzeroberflächen (GUI) und können nahezu jeden Prozess ausführen. Dazu sind weder Prozessänderungen noch spezialisierte Schnittstellen erforderlich. Die RPA-Bots übernehmen die Rollen und Aufgaben von menschlichen Anwendern und interagieren an ihrer Stelle mit anderen Softwaresystemen.
Sie wickeln die Prozesse gemäss definierten Anweisungen selbstständig ab und bedienen andere Programme voll automatisiert. Das Spektrum der eingesetzten Roboter reicht dabei von einfachen, manuell eingerichteten Abläufen wie das Editieren einfacher Excel-Sheets bis hin zu komplexer Software auf einer virtuellen Maschine. So wurden Softwareroboter schon in deren Anfängen zum Absetzen von Posts in sozialen Medien, zum automatisierten Versand von E-Mails oder im Kundendienst in Form von Interactive Voice Response (IVR) bei Kundenanrufen eingesetzt.
RPA verfolgt dabei im Gegensatz zur traditionellen Prozessautomatisierung einen anderen Ansatz. Die Einführung von RPA ist nicht mit hohen Investitionen in neue Plattformen verbunden und beeinträchtigt zudem in keiner Weise bestehende Geschäftsprozesse. RPA verarbeitet regelbasierte, strukturierte Daten über die Benutzeroberfläche der prozessunterstützenden Robotersoftware. Beispiele hierfür sind wiederholte Dateneingabefunktionen oder Downloads und Uploads im Bereich Enterprise Ressource Planning (ERP). RPA zielt darauf ab, Prozesse zu automatisieren, ohne bestehende Anwendungen zu verändern oder zu ersetzen.
Paradigmenwechsel
Die RPA-Software ist kein Teil der klassischen IT-Infrastruktur eines Unternehmens. Vielmehr befindet sie sich eine Ebene darüber und ermöglicht eine schnelle und effiziente Implementierung der neuen Technologie, ohne die bestehende Infrastruktur und Systeme zu verändern. Da die RPA-Bots ähnlich operieren wie die eigentlichen Anwender, sind zusätzliche, zeitraubende Systemtests nicht erforderlich. Dadurch lässt sich RPA-Software vergleichsweise schnell implementieren.
Bei der Nutzung von RPA stehen strukturierte Prozesse mit wiederkehrenden Regeln und klaren Handlungsanweisungen im Mittelpunkt. Die RPA-Bots folgen dem festgelegten Prozess und treffen Entscheidungen auf der Basis der zuvor festgelegten Regeln. Anschaulich gesprochen ahmen sie Routineaufgaben nach und führen sie beliebig oft immer wieder aus. Die Softwareroboter erfassen dazu die unterschiedlichsten Anwenderinteraktionen über vorhandene Software und Benutzerschnittstellen vollautomatisch, extrahieren sie und führen sie selbstständig aus. Genau wie ein menschlicher Mitarbeiter bedienen die RPA-Bots alle notwendigen Applikationen via Front-End.
Die Anwendungsgebiete von RPA sind so unterschiedlich wie die automatisierten Prozessabläufe selbst. RPA-Bots füllen zum Beispiel Formulare aus, lesen, kopieren und speichern Informationen aus bestehenden Systemen und strukturierten Dokumenten, führen Berechnungen durch und führen konditionierte Aktionen aus (wenn Fall X eintrifft, dann vollführe Aktion Y). Sie können aber auch auf Webseiten zugreifen, Daten und Informationen aus dem Internet holen und verarbeiten, auf Plattformen sozialer Medien zugreifen oder sogar E-Mails öffnen und Anhänge daraus verarbeiten.
Anwendungsfälle und Branchen
Grundsätzlich ist RPA-Software für alle Branchen gut geeignet und in Firmen anzutreffen, die traditionell Legacy-Systeme nutzen, um die Systemintegration sicherzustellen. Ein wichtiger Faktor für die Einführung von RPA ist somit die Fähigkeit, Altsysteme zu integrieren und die digitale Transformation voranzutreiben. Erste RPA-Anwender sind primär im Dienstleistungsbereich zu finden, so bei Banken, Versicherungen und Versorgungsunternehmen.
Im Bankenbereich können klassische Finanzprozesse wie Kontenabgleiche, die laufende Aktualisierung von Stammdaten, das Erstellen von Rechnungen oder die Bearbeitung von Kündigungen gänzlich automatisiert werden. Da die heutigen Banken stark reguliert sind, können durch RPA frei werdende Ressourcen etwa für die Umsetzung neuer regulatorischer Richtlinien eingesetzt werden. Auch die Erstellung und der Versand von Kreditkartenabrechnungen oder das Berechnen von Kreditlimiten können RPA-Bots übernehmen.
Bei Versicherungen kann ein Softwareroboter das Versenden von Versicherungsbestätigungen vornehmen, Online-Anmeldungen vom Internet sowie neue oder aufgelöste Verträge bearbeiten, Adressdaten der Versicherten aktuell halten oder Rechnungen und Schadensabrechnungen erstellen und versenden. RPA-Bots können basierend auf den Kundenangaben auch einen neuen Versicherungsbetrag errechnen und den entsprechend aktualisierten Vertrag automatisch mailen.
Bei den Energieversorgern erzeugt die Zählerdatenerfassung von Millionen von Kunden sehr grossen Aufwand. Softwareroboter können Zählerdaten verarbeiten, Tarifanpassungen und -wechsel bestehender Kunden vornehmen, Zahlungseingänge verarbeiten und Neukunden im System automatisch erfassen. Sie können zudem helfen, Fehler in Abrechnungen (etwa durch falsche Zählerzuordnung) aufzudecken.
Ausblick
RPA unterstützt Unternehmen bei der digitalen Transformation und bewirkt
einen besseren Kundenservice
eine genauere und bessere Einhaltung von Vorschriften und Standards
schnellere Geschäftsabläufe und Prozesse
eine spürbare Effizienzsteigerung durch Digitalisierung und Auditierung von Prozessdaten
Kostensenkungen bei manuellen und repetitiven Aufgaben
eine gesteigerte Produktivität der Mitarbeiter
Insbesondere die künstliche Intelligenz eröffnet neue Perspektiven. Während die Roboter früher auf jene Tätigkeiten und Aufgaben fixiert waren, die ihnen zuvor beigebracht wurden, bestimmen heute zunehmend selbstlernende Maschinen die Produktionsprozesse. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten, welche die Einsatzmöglichkeiten von RPA erweitern werden.