Wie Salesforce ihre Kunden noch besser aus der Schweiz heraus unterstützen will
Petra Jenner leitet seit wenigen Monaten die Schweiz-Geschäfte des CRM-Spezialisten Salesforce. Im Interview verrät sie, auf welche Branche sie ein Augenmerk richten will, wie sie es mit Sprachassistenten hält und warum sie Managern zu mehr Experimentierfreude rät.
Seit März sind Sie die neue General Managerin Schweiz und Osteuropa bei Salesforce. Wie erlebten Sie die vergangenen Wochen?
Petra Jenner: Es waren sehr intensive, spannende Wochen. Angesichts der Pandemie war es eine besondere Herausforderung, diese neue Aufgabe zu übernehmen. Dennoch konnte ich bereits mit vielen Partnern und Kunden sprechen, und es war sehr interessant, nach so vielen Jahren in die Schweiz zurückzukehren.
Zusätzlich zu Salesforce Schweiz leiten Sie auch die Region Osteuropa. Wie viel Arbeitszeit können Sie effektiv in Salesforce Schweiz investieren?
Die Schweiz ist ein bedeutendes Land für uns, und ich werde sicherlich einen grossen Teil meiner Zeit in der Schweiz verbringen. Ich habe schon viele Jahre lang internationale Positionen und entsprechende Verantwortung innegehabt. Daher kann ich sehr gut einschätzen, wie ich die Themen angehen werde. Wahrscheinlich werde ich mehr Zeit in der Schweiz verbringen, als ich in der Vergangenheit in anderen Ländern verbracht habe.
Haben Sie sich schon in der Schweiz niedergelassen?
Momentan bin ich in München, wo ich die letzten Jahre gelebt habe. Wegen der Pandemie gestaltet sich ein Umzug schwierig. Ich habe aber vor, in den nächsten Monaten in die Schweiz zu ziehen.
Von 2011 bis 2015 leiteten Sie die Schweizer Geschäfte von Microsoft, wie Salesforce ein grosser Tech-Konzern mit Hauptsitz in den USA. Welcher Aspekt fasziniert Sie an Salesforce besonders?
Sowohl Salesforce als auch Microsoft sind erfolgreiche Unternehmen, die natürlich ihre Unterschiede haben. Mir war stets wichtig, bei einem innovativen, expansiven Unternehmen zu arbeiten. Diesbezüglich hat mich Salesforce schon immer interessiert. Es ist ein Unternehmen, das sich Werte setzt und diese auch lebt. Dies hat mich letztlich dazu bewogen, zu Salesforce zu wechseln.
Wie ist Salesforce in der Schweiz aufgestellt?
Die Schweiz gehört zu den globalen Topmärkten für Salesforce. Wir legen sowohl einen Fokus auf KMUs als auch auf Grosskunden, und wir werden in den kommenden Monaten noch stärker in diese Bereiche investieren, etwa mit mehr Mitarbeitenden. Wir möchten unsere Schweizer Kunden noch besser aus der Schweiz heraus unterstützen.
Aus welchen Branchen kommen Ihre Schweizer Kunden?
Wir haben Kunden aus fast allen Branchen. Zu den wichtigsten gehört der Bereich Manufacturing. Auch die Bereiche Medien oder Luxury Goods sind aus Schweizer Sicht stark vertreten. Verstärken möchten wir künftig unser Engagement im hier sehr dominanten Finanzsektor, einschliesslich Versicherungen. Uns interessiert etwa, inwieweit wir kantonale oder Privatbanken auf ihrer Digitalisierungsreise unterstützen können. Gleichzeitig haben wir hohe Ambitionen im Bereich Life Science, Consumer Goods oder Handel.
Ist auch der öffentliche Sektor ein Thema?
Die öffentliche Verwaltung ist ein Thema. Da wir aber ein Cloud-Only-Anbieter sind, stossen Kunden aus diesem Bereich bisher weniger schnell zu uns als aus anderen. Wir wollen aber auch in der Schweiz verstärkt in diese Bereich investieren.
Welche Veränderungen streben Sie innerhalb von Salesforce Schweiz an?
Wichtig ist mir zunächst, dass wir stärker expandieren können. Wir müssen eine Umgebung schaffen, die es uns ermöglicht, zu wachsen. Des Weiteren werden wir unseren Marktauftritt noch mehr unserem Fokus auf mittelständische Unternehmen anpassen. Schliesslich sind mir auch jene Unternehmen wichtig, die sich neu mit Digitalisierungsthemen auseinandersetzen. Wir werden verstärkt investieren, um diese Unternehmen beraten zu können.
Sie wollen also noch näher an die Kunden?
Meiner Erfahrung nach kann man nie nahe genug am Kunden sein. Salesforce hat bislang seine Kunden auch schon recht gut betreut. Zu verbessern ist jedoch – gerade jetzt während der Pandemie – noch die Vernetzung der Kunden untereinander, indem wir etwa den Austausch fördern, wie sie ihre Digitalisierungsprojekte realisiert haben.
Wie ist es um die Schweizer Channel-Landschaft von Salesforce bestellt?
Unsere Schweizer Channel-Landschaft ist stark gewachsen und soll auch künftig weiter ausgebaut werden. Die Cloud ist generell ein Wachstumssegment, entsprechend haben unsere Partner noch sehr viel Wachstumsmöglichkeiten. Derzeit haben wir 1400 zertifizierte Berater und mehr als 70 Partner in der Schweiz, die Kunden in allen Segmenten unterstützen.
Was kommt als Nächstes auf die Schweizer Partner zu, mit Ihnen am Steuer?
Für viele Partner bin ich gar nicht neu, sondern wir kennen uns bereits von anderen Märkten. Was die Zusammenarbeit betrifft, wird sich nicht viel ändern. Wir werden nach wie vor Bereiche suchen, wo wir gemeinsam attraktive Lösungen schaffen können. Durch die Pandemie ist jedem Unternehmen die Wichtigkeit der Digitalisierung bewusst geworden. Für uns und unsere Partner entsteht dadurch wiederum Wachstumspotenzial.
Daten stehen im Zentrum vieler Salesforce-Produkte. Bereiten Ihnen die verschärften Datenschutzgesetze Probleme?
Als Cloud-Unternehmen haben wir das Thema Datenschutz immer sehr ernst genommen. Vertrauen ist einer unserer wichtigsten Werte. Dazu gehört nicht nur der vertrauensvolle Umgang mit unseren Kunden, sondern auch mit Daten. Wir haben uns schon sehr früh an der europäischen Datenschutz-Grundverordnung orientiert, und wir besprechen das Thema Datenschutz mit fast jedem Kunden, um sowohl technische als auch rechtliche Aspekte abzuklären. Würden wir das Thema Datenschutz nicht ernst nehmen, hätten wir keinen Erfolg, insbesondere in Ländern mit strengen Datenschutzgesetzen, wie Deutschland oder der Schweiz. Transparenz spielt für uns eine wichtige Rolle. Kunden können alle Informationen zu dem Thema jederzeit auf unser Trust Website einsehen.
Wie bereiten Sie sich auf das revidierte Schweizer Datenschutzgesetz vor?
Unsere europäische Datenschutzbeauftragte hat in den letzten Wochen sehr viel Zeit darauf verwendet, sich damit auseinanderzusetzen. Wir nehmen das neue Datenschutzgesetz sehr ernst und werden uns entsprechend darauf einstellen.
Wo speichert Salesforce die Daten seiner Schweizer Kunden?
Die Daten werden in europäischen Datenzentren gehalten. Stand heute haben wir kein Datacenter in der Schweiz, arbeiten aber daran.
Vor anderthalb Jahren lancierte Salesforce ein sprachgesteuertes CRM. Wozu soll das gut sein?
Sprachsteuerungen haben in unserem Alltag schon längst Einzug gehalten. Die Herausforderung ist nun, sie auch in die Arbeitswelt einzubringen. Nehmen Sie als Beispiel den Besuch eines Aussendienstmitarbeiters bei einem Kunden, wie er ausserhalb der Pandemie oft vorkommt. Häufig müssen am Ende dieses Besuchs die wichtigsten Punkte zusammengefasst werden. In der Regel tut dies der Mitarbeiter irgendwo an einem PC oder Tablet. Unsere Lösung erlaubt es dem Mitarbeiter, die Informationen zu diktieren. Dabei verknüpft unsere Lösung die Angaben aus dem Protokoll schnell und einfach mit den entsprechenden Kundendaten. Im Anschluss schlägt das System durch unsere künstliche Intelligenz «Einstein» ermittelte Handlungsschritte vor, etwa einen Follow-up-Termin mit dem Kunden.
Nutzen Sie selbst Sprachassistenten bei der Arbeit?
Ich nutze Sprachassistenten vor allem, wenn ich Auto fahre, wenn ich also gar nicht tippen kann. Ich glaube, je mobiler wir werden, umso häufiger werden wir die Systeme nutzen. Am Arbeitsplatz nutze ich Sprachassistenten derzeit jedoch nicht, da mir das Tippen im Zehnfingersystem sehr leicht fällt.
Vor fast zehn Jahren ist Ihr Buch «Mit Verstand und Herz: Authentisch und erfolgreich: Führungskraft ist weiblich» erschienen. Es ist ein Plädoyer für ein empathischeres, ein weiblicheres Führungsklima. Ist das Buch heute noch relevant?
Ich glaube, das Buch ist nach wie vor aktuell. Gerade in Zeiten der Pandemie, in der wir uns vor allem digital austauschen, ist es wichtig, sich mit Menschen sowohl inhaltlich als auch auf persönlicher Ebene zu vernetzen. Dieser Aspekt wurde in den letzten zwölf Monaten so stark diskutiert wie nie zuvor. Zudem wird immer wieder gesagt, dass Empathie und Ausgewogenheit unbedingt nötig seien, um überhaupt mit der momentanen Krise fertig zu werden. Gleichzeitig thematisiere ich im Buch auch schon die Frage, wie wir mit einem gemischten Arbeitsumfeld aus Homeoffice, Büro und Fertigung umgehen – auch dies ist heute aktueller denn je. Ich gehe davon aus, dass wir auch nach der Pandemie sehr komplexe Arbeitsstrukturen haben werden, anstatt einfach zur Situation vor der Pandemie zurückzukehren.
Sie haben als Managerin den Wechsel ins Homeoffice begleitet. Welches Mittel empfehlen Sie anderen Managern in ähnlichen Situationen?
Das Wichtigste ist die Individualisierung. Diese wird oft beiseite geschoben mit dem Argument, dass schlicht zu viele Mitarbeitende vorhanden sind. Es ist bedeutend, auf die einzelnen Mitarbeitenden oder die einzelnen Teams und ihre unterschiedlichen Arbeitsstile einzugehen. Hier sind Mut und Experimentierfreude gefragt. Manager tun gut daran, sich mit unterschiedlichen Arbeits- und Führungsstilen auseinanderzusetzen, offen zu sein und auch mal zu hinterfragen, was man noch anders machen könnte. Dabei muss ein Manager nicht sofort Antworten auf alle Unklarheiten liefern. Es ist oft besser, kleine Gruppen zu fragen, was sie brauchen, um besser und effektiver arbeiten zu können.
Sie sagten schon, dass Ihnen Werteorientierung wichtig sei. Wie steht es diesbezüglich bei Salesforce?
Salesforce hat schon seit seiner Gründung eine Wertekultur gepflegt. Chancengleichheit (Equality) ist einer unserer Kernwerte, und wir engagieren uns in verschiedenen globalen und regionalen Initiativen, um diesen Wert zu fördern. In der Schweiz tun wir dies zum Beispiel mit dem Programm «Bring Women Back To Work». Erste Kandidatinnen haben dieses Programm mittlerweile erfolgreich durchlaufen und einen Job gefunden. Weitere Kernwerte sind Vertrauen (Trust), Innovation und Kundenerfolg (Customer Success). In der Schweiz engagiert sich Salesforce zudem sehr stark im Bereich der Sustainability. Wir sind aber auch immer an weiteren Initiativen interessiert, die wir unterstützen können.
Wie fördert Salesforce das soziale Engagement?
Jeder Salesforce-Mitarbeiter erhält beispielsweise pro Kalenderjahr siebenArbeitstage, um sich gemeinnützig zu engagieren. Wie und in welcher Form, bleibt den Mitarbeitenden überlassen. So kann jeder einen guten Zweck fördern, der dem jeweiligen Interesse entspricht.