40 Digitalprojekte geprüft

Die Jury des Digital Economy Award 2021 hat getagt

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von Joël Orizet und ml

Die Jurymitglieder haben die Köpfe zusammengesteckt, Pitches beurteilt und Urteile gefällt. An den Jurytagen des Digital Economy Award zeigte sich, worauf es im Rennen um die Preise ankommt. Und dass mit Buzzwords noch nichts gewonnen ist.

Jurypräsident Marcus Dauck (r.) diskutiert mit den Jurymitgliedern über die gezeigten Projekte in der Kategorie "Highest Digital Quality". (Source: Netzmedien)
Jurypräsident Marcus Dauck (r.) diskutiert mit den Jurymitgliedern über die gezeigten Projekte in der Kategorie "Highest Digital Quality". (Source: Netzmedien)

30 Pitches, Grundsatzdebatten und Telefonkonferenzen mit fiesen Fragen – an den beiden Jurytagen des Digital Economy Awards sind die ersten grossen Entscheidungen gefallen: Wer zählt zu den Favoriten? Wer scheidet aus? Und wie kann man die Antworten auf solche Fragen am besten begründen? Darüber diskutierten die 53 Jurorinnen und Juroren in den Seminarräumen des Weiterbildungsanbieter Digicomp in Zürich.

Der Digital Economy Award geht dieses Jahr in die dritte Runde. Neu ist ausser SwissICT auch Digitalswitzerland als Co-Veranstalter mit an Bord. Das bringt gleich zwei Veränderungen mit sich, wie Christian Hunziker, Geschäftsführer von SwissICT, im Gespräch sagte: "Zum einen gewinnt der Award durch die Mitunterstützung von Digitalswitzerland an Visibilität, Anerkennung und Reputation. Zum anderen hilft uns das Engagement in Sachen Logistik, bei der Planung der Abläufe und bei den Diskussionen im Vorfeld der Veranstaltungen." Und auch die Preisverleihung gewinne an Stellenwert. "Die Award Night ist erstmals als der krönende Abschluss des Digitaltags positioniert, eine absolute Win-Win-Situation für beide Formate", sagte Hunziker.

Christian Hunziker, Geschäftsführer von SwissICT und Mitglied des Beirats des Digital Economy Awards. (Source: Netzmedien)

Gibt es schon ein erstes Fazit zu den eingereichten Projekten? "Das Qualitätslevel ist dieses Jahr deutlich gestiegen", sagte Hunziker. Spannend sei für ihn, dass es auch noch eher unbekannte Firmen mit beeindruckenden Transformationsprojekten auf die Shortlist geschafft hätten. "Das zeigt, dass jede Firma und jede Organisation im Bereich der digitalen Exzellenz etwas tun kann – und auch muss."

Letzte Chance zum Abrocken

Auf dem Prüfstand standen ursprünglich 90 Einreichungen in den Kategorien "Digital Innovation of the Year", "Digital Excellence Award" und "Highest Digital Quality" sowie über 40 Nominierungen für "The Next Global Hot Thing". An den Jurytagen nutzten rund 30 Projekt-Teams die Gelegenheit für einen letzten Pitch. 10 weitere Digitalprojekte standen ebenfalls zur Diskussion.

Marcus Dauck, Jurypräsident der Kategorie "Highest Digital Quality", achtete vor allem auf Folgendes, wie er sagte: "Können wir nachvollziehen, dass die Qualität stimmt und wie das Potenzial für eine Weiterentwicklung aussieht?" Schon die ersten Präsentationen seien vielversprechend gewesen. "Wir haben sehr innovative, inspirierende Ideen gehört und viel gelernt."

Marcus Dauck, CIO von Ringier und Jurypräsident der Kategorie "Highest Digital Quality". (Source: Netzmedien)

Zwischen "Buzzword-Bingo" und "Meisterleistung"

Bei den Pitches lief es in etwa so ab: während 15 Minuten präsentierten die Kandidatinnen und Kandidaten ihren Case, dann stellten sie sich den Fragen der Jurys, die schliesslich ihre Eindrücke diskutierten und ein Urteil fällten – natürlich unter sich, wobei sie in ihrer Kritik mitunter nicht gerade zimperlich waren.

Da hiess es etwa: "Buzzword-Bingo", "solide, aber nicht sexy", "ganz witzig, aber nicht wertstiftend", "hübscher PR-Gag, aber der Hype ist doch schon längst vorbei", oder: "Wenn ich einen Investorenhut aufhätte, würde ich fragen: und jetzt?"

Vernichtende Bewertungen waren allerdings die Ausnahme. Häufiger gab es ausdrückliches Lob wie zum Beispiel: "ein echter Transformations-Case", eine "Meisterleistung in puncto Datensammlung" oder: "ein Beispiel dafür, dass die Investition in Innovation sich lohnt – erst recht in einer Branche, die in Sachen Digitalisierung gemeinhin als rückständig gilt."

Natürlich gab es nicht einfach nur ein pauschales Daumen hoch oder runter. Die Jurorinnen und Juroren diskutierten durchaus vertieft, stellten Fragen über die Gewichtung einzelner Kriterien und darüber, wie man mit dem Bauchgefühl beim Bewerten umgehen soll.

Die Jury mit dem Telefonjoker

Und in einem Raum verhielten sich die Jurymitglieder fast wie Journalisten im Rechercherausch, denn in der Kategorie "Digital Excellence Award KMU" gab es keine Pitches. Stattdessen besprachen die fünf Jurymitglieder zunächst die Bewertungen, die jeder für sich im Vorfeld vorgenommen hatte. Zwei von sechs Kandidaten fielen schon mal raus, bei den übrigen gab es offene Fragen. Einer der Juroren setzte sich ans Telefon, die anderen googelten. "Immer noch in der Warteschleife? Versuch mal diese Nummer – und wenn jemand abnimmt: Frag unbedingt nach der Handynummer!" Als die gewünschte Auskunftsperson endlich am Apparat war, sagte ein Jurymitglied: "Wir haben gesehen, dass es bei den Google-Reviews erstaunlich viele negative Bewertungen von Kundinnen und Kunden gibt, die niemand beantwortet hat. Bei ihrem Konkurrenten sieht es zwar nicht anders aus, aber trotzdem: Was ist da los?"

Es sei das erste Mal, dass die Jury den Kandidatinnen und Kandidaten quasi hinterhertelefoniere, sagte Jurymitglied Peter Hogenkamp. "Erstaunlich, wie gross dabei der Erkenntnisgewinn ist. Ein richtiges Gespräch gibt dem Ganzen ein anderes Flair." Bei der Bewertung müsse man so ein Telefonat jedoch auch wieder ausklammern können, weil da eben das Bauchgefühl mitspiele. Und weil man sich für ein Urteil nicht nur auf qualitative Kriterien verlassen könne.

In der Kategorie "Digital Excellence Award KMU" haben die Juroren hartnäckig nachgefragt. (Source: Netzmedien)

Dennoch haben die Anrufe so einiges gedreht, unter dem Strich denn auch ins Positive. Ein Fazit lautete beispielsweise: "Das Gespräch hat es bestätigt: Zwar ist die Sache mit der künstlichen Intelligenz offenbar nur heisse Luft, doch der Case löst tatsächlich ein dringendes Problem vieler KMUs und die Wertschöpfung findet grösstenteils in der Schweiz statt."

Trotz aller Hartnäckigkeit beim Nachhaken: Der Jurierungsprozess sei sehr angenehm gewesen, sagte Jurypräsident Samy Liechti zum Abschluss des ersten Jurytags. "Wir hatten dieses Jahr eine grosse Auswahl an spannenden Projekten; es war eine schwierige Entscheidung, doch schliesslich waren wir uns alle einig."

Showdown am 11. November

Am zweiten Jurytag standen die Kategorien "Digital Innovation of the Year" und "The Next Global Hot Thing" auf dem Programm. Letztere tanzt etwas aus der Reihe, denn dort kann man sich nicht einfach so bewerben. Stattdessen suchen die Scouting-Partner des Awards das ganze Jahr über nach vielversprechenden Start-ups, die international den Durchbruch schaffen können. Worauf es dieses Jahr besonders ankommt, erläutert Jurypräsident Pascal Kaufmann im Interview.

Es sind übrigens noch nicht alle Entscheidungen getroffen. Wer den Preis in der Kategorie "Nextgen Hero" gewinnt, zeigt sich erst an der Award Night vom 11. November. Die vielversprechendsten Anwärterinnen und Anwärter können dann noch ein letztes mal pitchen – dann entscheidet ein Tischvoting. Kleiner Tipp für die Kandidatinnen und Kandidaten: Wer Jurypräsident Dominik Grolimund beeindrucken will, sollte vor allem mit Leidenschaft überzeugen und zeigen, dass man bereit ist, die Extrameile zu gehen. Worauf Grolimund sonst noch achtet, verrät er im Interview.

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