So sieht der Schweizer Markt für Rechenzentren aus
Der Schweizer Markt für Rechenzentren (RZ) wächst und gedeiht. Seit der letzten Übersicht in der Netzwoche im Jahr 2020 haben einige RZs den Besitzer gewechselt, ein Betreiber ging konkurs. Ausserdem sind zahlreiche neue RZ-Bauten und -Erweiterungen geplant – inklusive eines ganz neuen Campus.
In der Schweiz hat sich in Sachen Rechenzentren (RZ) in den letzten zwei Jahren einiges getan. Das ist nicht weiter verwunderlich: Immerhin hat die Schweiz in Europa die zweithöchste RZ-Dichte pro Kopf. Nur in den Niederlanden ist sie noch höher, wie das Immobilienunternehmen CBRE in einer Studie 2021 feststellte. Weitere Schweizer RZs sind geplant und werden zum Teil noch dieses Jahr in Betrieb genommen. Einzelne Namen sind aber auch aus der RZ-Übersicht verschwunden.
Grapin geht Konkurs, Tineo geht in Netrics auf und Colt verkauft
Grapin Data Center gibt es nicht mehr. Seit November 2019 befand sich das Unternehmen unter anderem wegen Sanierungsarbeiten in einem Refinanzierungsprozess, wie "Inside IT" schrieb. Im November 2020 musste die Firma dann Konkurs anmelden, weil die Covid-19-Situation im Frühling des Jahres den Finanzierungsprozess beeinträchtigte und Kundenzahlungen ausstanden.
Im gleichen Jahr schlossen sich der RZ-Dienstleister Nexellent und sein Mehrheitseigner Tineo mit Cloud-Anbieter Netrics zusammen und firmieren neu unter dem Namen Netrics. Anfang 2021 übernahm die neue Netrics-Gruppe ausserdem ein Bieler RZ, dessen Erstbetreiber Datahub im Herbst 2019 Konkurs gegangen war. Damit hatte Netrics gemäss eigenen Angaben zwei eigene RZ in Münchenstein und eines in Biel. Nun verkauft das Unternehmen seine RZ aber - an das niederländische RZ-Unternehmen NorthC.
Ein weiteres Unternehmen, das es in der Schweiz nicht mehr gibt, ist Colt Data Center Services. Der Betreiber verkaufte Ende 2021 zwölf seiner Colocation-Standorte in Europa an Atlas Edge Data Centers – darunter auch sein RZ in Zürich. Nur Hyperscale- und grosse Enterprise-RZ blieben bei Colt. Atlas Edge Data Centers besitzt gemäss eigenen Angaben über 100 RZs in elf europäischen Ländern.
High DC und der Stollen Luzern ergänzen die Übersicht
Ausser Atlas Edge Data Centers erscheinen zwei weitere neue RZ-Betreiber in der Übersicht. High DC öffnete seine Tore bereits im Jahr 2019 und steht im neuenburgischen La-Chaux-de-Fonds. Es liegt mehr als 1000 Meter über Meer. Diese Höhe gibt dem RZ nicht nur seinen Namen, sondern sorgt auch für seine natürliche Kühlung. Es werde ausserdem zu 100 Prozent mit erneuerbarer und lokal erzeugter Energie betrieben.
Das RZ von Energie Wasser Luzern (EWL) war bereits als Bauprojekt 2020 gelistet, unterdessen sind neue Details bekannt. Die Eröffnung des RZ "Stollen Luzern" soll im Mai 2022 stattfinden, wie es auf Anfrage heisst. Es befindet sich in einem unterirdischen Bunker und wird mit Seewasser ohne zusätzlichen Energieaufwand gekühlt, wie EWL in einem Factsheet schreibt. Der RZ-Betrieb sei zudem CO2-neutral.
Erweiterungen und Neubauten
Verschiedene RZ-Betreiber wollen ihre Kapazitäten mit Aus- und Neubauten vergrössern. Dazu gehört etwa das Rechenzentrum Ostschweiz (RZO) der St.-Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK): Ein Ausbau im zweiten Stockwerk soll die Kapazitäten verdoppeln und die Sicherheit erhöhen. Betreiber Safehost will seinerseits sein grösstes RZ in Gland ausbauen, das mit über 14'000 Quadratmetern Nutzfläche gleichzeitig das grösste der Schweiz ist. Nach dem Ausbau soll es zusätzliche Kapazität im Wert von 18 Megawatt geben.
Neubauten errichten derzeit CKW Fiber Services, Interxion und Green Datacenter. CKW baut sein viertes RZ "DC Zug" in Rotkreuz und will es rundum mit Solarpanels bestücken. Ende 2022 soll es in Betrieb gehen. Interxion baut sein neues RZ hingegen auf seinem Zürich Campus. Es wird bereits das dritte RZ auf dem Campus sein, "ZUR3" heissen und über 11'000 Quadratmeter gross werden. Mit einer Leistung von 24 Megawatt verfüge es über mehr Kapazität als die beiden anderen RZs auf dem Campus zusammen. Im zweiten Quartal 2022 sollen die ersten 2900 Quadratmeter zur Nutzung freigegeben werden.
Green Datacenter plant nicht nur ein neues RZ, sondern gleich einen ganzen Campus. Der "Metro-Campus" wird in Dielsdorf (Zürich) gebaut und kostet Green voraussichtlich eine halbe Milliarde Franken. Auf 46'000 Quadratmetern entstehen drei RZs und ein "Business Park" mit Bürogebäuden, Gewerbe- und Grünflächen. 20'000 Quadratmeter sind als RZ-Nutzfläche vorgesehen. Green will den neuen Campus für die Nachhaltigkeit unter anderem an ein Fernwärme- und Fernkältenetz anschliessen. Der bereits bestehende Campus Zürich-West hat noch Platz für drei RZ, welche aber bereits in Planung seien.
Die komplette Marktübersicht über RZ in der Schweiz. Die Tabelle kann im Vollbild betrachtet werden, wenn man den Mauszeiger auf die Tabelle bewegt, auf die drei Punkte oben rechts in der Tabelle klickt und danach auf das untere Symbol (Monitor) klickt.
Mit der Anzahl RZ steigt auch der Energieverbrauch in der Branche. Ein neues Schweizer Label soll darüber Auskunft geben, wie energieeffizient ein RZ ist. Mehr dazu lesen Sie im Interview mit EPFL-Professor Babak Falsafi.