So soll die Digitalisierung der Behörden vorangehen
Der Unterschied zwischen DVS und DTI, die Beliebtheit der E-Services der Behörden und eine interaktive Ransomware-Simulation: Das beschäftigte das Publikum am zweiten Tag des Swiss eGovernment Forum 2022.
Der zweite Tag des "Swiss eGovernment Forum 2022" hat am 29. Juni stattgefunden. Die Anwesenden lauschten Referaten, welche die Sprecher unter dem Motto "Pusher der Digitalisierung in der Verwaltung" hielten. In diesem Rahmen erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer unter anderem mehr zu der im Januar 2022 gestarteten Digitalen Verwaltung Schweiz (DSV) und zum Bereich "Digitale Transformation und IKT-Lenkung" (DTI). Auch das Thema Cybersecurity wurde angesprochen. Am Nachmittag ging ein Referent ausserdem kurz auf die Ergebnisse der aktuellen nationalen E-Government-Studie ein. Was das diesjährige "Swiss eGovernment Forum" am ersten Tag für die Besucherinnen und Besucher bereithielt, erfahren Sie hier.
Den Anfang machten Peppino Giarritta, Beauftragter von Bund und Kantonen für die DVS und Daniel Markwalder, Delegierter des Bundesrates für DTI. Sie beschrieben ihre jeweiligen Organisationen und deren Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede genauer. Dabei wurde deutlich: Digitalisierung ist eine Gruppenanstrengung und sollte nicht sequentialisiert, sondern parallel und überall gleichzeitig passieren.
Die Themen der DVS und der DTI
Die DVS und die DTI arbeiten grundsätzlich an ähnlichen Themen, aber mit unterschiedlichen Akteuren. Während sich die DTI primär um die Digitalisierung der Bundesverwaltung kümmert, setzt sich die DVS im Rahmen der digitalen Transformation vor allem mit der Kooperation von Kantonen, Gemeinden und Städten auseinander. Der Fokus liegt auf der föderalen Zusammenarbeit.
Peppino Giarritta stellte die DVS vor. (Source: Severin Nowacki)
Passenderweise ist auch der Sitz der DVS im Haus der Kantone in Bern, das symbolisch für Zusammenarbeit und Dialog zwischen Kantonen und Bund steht. Die DVS beschäftigt sich unter anderem mit der digitalen Kommunikation zwischen Bevölkerung und Behörden, der Automatisierung der Wirtschaft, der Behörden-übergreifenden digitalen Identifikation, föderalem Datenmanagement und den Grundlagen für Cloud-Dienste in der Verwaltung. Zur Cloud betonte Giarritta: "Es geht nicht nur darum, wo die Daten in den Clouds gehalten werden. Es geht auch um die Frage der Souveränität." Bei solchen Themen sind Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch zwischen den Behörden von grösster Wichtigkeit. "Wir sind wie eine Seilschaft: Wir setzen gemeinsam Ambitionen um. Es geht nicht nur darum, was wir tun, sondern auch, wie wir es tun."
Markwalder sprach unter anderem über die Rolle des Staates in der Digitalisierung. (Source: Severin Nowacki)
Markwalder zeigte seinerseits die Rolle des Staates für die Digitalisierung auf. Die Schaffung von Sicherheit und Vertrauen, die richtigen Rahmenbedingungen und die erforderliche Infrastruktur sei alles Aufgabe der Behörden. Auch die Bildung nimmt im Rahmen der Digitalisierung eine wichtige Rolle ein. "Bildung braucht’s, damit ein Land digital prosperieren kann", brachte es Markwalder auf den Punkt. Er zeigte ausserdem Beispiele, wie die Digitalisierung künftig schneller vorangehen soll. APIs etwa würden als Schnittstellen eine wichtige Rolle dabei spielen, um Synergien in der Verwaltung zu nutzen. Weiter sollen Pilotversuche zu Projekten künftig schon während den entsprechenden Gesetzgebungsverfahren beginnen, um Zeit zu sparen. Die gesetzliche Grundlage für das und mehr im Bereich Digitalisierung schafft das neue Gesetz EMBAG, das Mitte 2023 in Kraft treten soll.
Bevölkerung ist mit E-Gov-Diensten zufrieden, aber weiterer Ausbau ist erwünscht
Wenn auch noch einiges passieren soll in der Digitalisierung des Schweizer Staates, so sind zumindest Bevölkerung und Unternehmen schon ganz zufrieden mit den bestehenden E-Services. Zu diesem Schluss kommt Demoscope, das im Auftrag der DSV und des SECO die Nationale E-Government-Studie 2022 durchgeführt hat. Michael Buess stellte die Ergebnisse der Studie am Forum in aller Kürze vor. Interessierte finden die detaillierten Resultate hier.
Demnach nutzen bereits 69 Prozent der Bevölkerung für mindestens die Hälfte der Dienstleistungen von Behörden digitale Werkzeuge, wobei die Pandemie als Katalysator diente. Bei Firmen sind es 78 Prozent. Grösstenteils zeigen sich die Befragten zufrieden mit den Dienstleistungen, auch wenn sie einen weiteren Ausbau der Services klar befürworten. Hingegen schätzen die Behörden die Zufriedenheit mit ihren Leistungen eher kritisch ein. Den grössten Nutzen der Services sehen Bevölkerung und Firmen in der zeitlichen Flexibilität, die sie bieten, und im zeitlichen Gewinn. Die grössten Hindernisse bei der Nutzung sind die schwierige Auffindbarkeit der Dienstleistungen und fehlendes Vertrauen in den Datenschutz. Zudem wünschen sich die Nutzenden, dass die Dienstleistungen Mobile-freundlicher werden.
Daniel Nehmer stellte das E-Service-Portal der Gemeinde Kirchberg vor. (Source: Severin Nowacki)
Wie es aussehen könnte, wenn die Behördengänge grösstenteils durch digitale Hilfsmittel ersetzt werden, zeigte Daniel Nehmer auf, Gemeindeschreiber und Leiter der Gemeindeverwaltung Kilchberg in Zürich. Die Gemeinde hat ein E-Service-Portal, über das die Bewohnerinnen und Bewohner auf über 70 Services zugreifen können. Ob es darum geht, ein Kind für den Cello-Unterricht anzumelden oder einen Platz an einem bestimmten Tag zu reservieren: Alles könne über das Portal erledigt werden. Wer ein Konto erstellt hat, muss auch Informationen wie Namen und Wohnadresse nicht mehr bei jedem digitalen Behördengang ausfüllen. Hat jemand einen Antrag gestellt, erhält er oder sie eine Bestätigungsmail, dass der Antrag in Bearbeitung ist, und eine weitere Mail, wenn der Antrag fertig bearbeitet wurde. Intern haben die Mitarbeitenden stets im Blick, wer die Anfrage wann bearbeitet hat. Die Vorteile gemäss Nehmer: Zeitunabhängige Behördengänge, Transparenz, integrierte Verrechnung und weniger Fehlerquellen, weil unter anderem keine Medienbrüche mehr stattfinden.
Die Cyberorganisation auf Stufe Bund und eine interaktive Ransomware-Simulation
Max Klaus, stellvertretender Leiter Melde- und Analysestelle Informationssicherung Melani beim Nationalen Zentrum für Cybersicherheit (NCSC), ging auf die Kernpunkte der neuen Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyberrisiken (NCS) ein. Die neue Cyberverordnung schaffe die rechtliche Grundlage für die Cyberorganisation auf Stufe Bund. Für die nationale Cybersicherheit werde künftig weiter das NCSC verantwortlich sein, während die Cyberdefence respektive -Verteidigung beim VBS angelegt wird. Die Strafverfolgung im Cyberbereich wird das EJPD in Zusammenarbeit mit den Kantonen übernehmen.
Max Klaus ging auf die Kernthemen der NCS ein. (Source: Severin Nowacki)
Eine Abwechslung zum üblichen Referatsformat boten Philipp Leo und Fabian Muhly von "Leo & Muhly Cyber Advisory". Sie führten eine interaktive Präsentation durch und erzählten die Geschichte des CEOs eines Unternehmens, das sich plötzlich mit einem Ransomware-Angriff konfrontiert sieht. Per Smartphone wählte das anwesende Publikum an bestimmten Punkten in der Geschichte, welche Entscheidung getroffen werden sollte. So konnte es etwa am Ende darüber entscheiden, ob das Unternehmen nun Lösegeld bezahlen, einen Online-Decrypter ausprobieren oder das Backup wiederherstellen soll. Je nach Entscheidung änderte sich die Erzählung. Am Ende verwiesen die Referenten auf ihre Webseite, wo sich kostenfrei ein Leitfaden zum Thema Ransomware-Angriff findet.
Leo und Muhly spielten mit dem Publikum eine interaktive Geschichte zu einem Ransomware-Angriff durch. (Source: Severin Nowacki)