Diese Rolle könnte Disney im Metaverse spielen
Wer "Metaverse" liest, denkt vielleicht zuerst an Facebook, an Decentraland oder auch an Games-Studios mit ihren virtuellen Welten, in die Nutzer eintauchen können. Aber an Hollywood? Ja, findet einer, der es wissen muss.
Wenn jemand weiss, wie sich Hollywood auf das Metaversum vorbereiten könnte, dann ist es wohl Matthew Ball. Dieser Überzeugung ist Janko Röttgers vom Technologie-Portal Protocol in seinem Beitrag. Ball ist der ehemalige Geschäftsführer von Amazon Video und gilt als führender Experte für das Metaverse, der nächsten Version des Internets.
In seinem Buch "The Metaverse: And How It Will Revolutionize Everything" erkläre Ball ausführlich, was es mit dem Metaverse auf sich habe und welche Veränderungen in Technik, Wirtschaft und Kultur stattfinden müssten, damit es entstehen könne, schreibt Protocol weiter.
Veränderungen unterschätzt
Wie soll also das Metaversum Hollywood verändern? In seinem Buch argumentiert Ball, dass die Menschen dazu neigten, die Veränderungen zu unterschätzen, die neue Technologien auf Medien und Unterhaltung haben werden, wie Protocol weiter schreibt. Als Beispiel nennt Ball die Art und Weise an, wie Zeitungsverleger die Anfänge des Internets bewältigt haben. Damals gingen die Herausgeber davon aus, dass die Menschen eine PDF-Ausgabe ihrer Tageszeitung abonnieren würden, die sie dann zuhause selbst ausdrucken und von vorne bis hinten lesen würden.
Diese Vorstellung, dass das Internet die Druckmaschinen überflüssig machen könnte, war damals geradezu revolutionär. Einige Jahre später sind sich die Menschen 24/7-Berieselung mit Nachrichten und andere Informationen gewöhnt. Die Tageszeitung selbst erscheint altmodisch, wie Protocol weiter schreibt. Ausserdem fragt Protocol, wer denn überhaupt noch etwas drucke ...
Linear vs. interaktiv
Ball vertritt demnach die Ansicht, dass dies auch für die Vorstellung gelte, dass wir lineare Inhalte in AR oder VR sehen würden. Aber anstatt nur zu sehen, wie sich ein Film 360 Grad um uns herum abspielt, prophezeit der Experte, dass die Zuschauenden Teil des Films sein und eine aktivere Rolle spielen werden wollen.
Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, seien Games, bei denen die Grenzen zwischen Storytelling und Interaktivität schon lange verwischt seien. Ball prognostiziert aber auch ein breites Spektrum an angrenzenden Inhaltserlebnissen, von virtuellen Tinder-Verabredungen im "Star Wars"-Universum bis hin zu Fahrten durch Lieblingsfilmkulissen mit dem Hometrainer.
Laut Ball wird die virtuelle Produktion der Schlüssel zur Ermöglichung dieser Zukunft sein, wie Protocol schreibt. Studios würden auf Echtzeit-Produktionstechnologien wie Game-Engines und LED-Wände setzen, um Produktionen zu beschleunigen und Regisseuren mehr Möglichkeiten zu geben, die perfekte Einstellung zu finden. Ein Nebeneffekt dieses Ansatzes sei, dass die Studios zunehmend digitale Assets bzw. virtuelle "Requisiten" anhäuften, die für zukünftige Projekte wiederverwendet werden können. Bei diesen Requisiten könne es sich um Kulissen, Charaktere oder kleine 3D-gerenderte Objekte handeln, die Filmstudios dann an Unternehmen wie Tinder oder den Hometrainer-Anbieter lizenzieren oder zum Bevölkern ihrer eigenen Metaverse-Welten verwenden könnten. Da die meisten Filmstudios jedoch kaum Erfahrung im Gaming-Bereich hätten, glaubt Ball, dass die Lizenzierung dieser Inhalte entscheidend sein wird, wie er gegenüber Protocol sagt.
Welches Studio für das das Metaverse am besten aufgestellt sei? Ball tippt auf Disney. "Wir unterschätzen wahrscheinlich, wie gut sie in dieses Internet der nächsten Generation passen", wird er in dem Protocol-Artikel zitiert. Ein Grund dafür sei die Stärke von Disneys geistigem Eigentum. "Star Wars" und das Marvel Cinematic Universe allein könnten die Kulisse für unzählige Metaverse-Welten sein.
Gute Voraussetzungen für Disney
Für Disney spreche auch, dass dessen Tochterfirma Industrial Light & Magic auch führend in der virtuellen Produktion sei, die für Serien wie "The Mandalorian" ausgiebig genutzt worden sei. Ausserdem nutze Disney Tools von Drittanbietern und treibe auch die Entwicklung eigener Technologien und Branchenstandards aktiv voran. Dazu gehört das USD-Dateiformat - Universal Scene Description, wie Protocoll weiter schreibt. Es ist ein Format für Beschreibungen dreidimensionaler Computergrafiken, das von Pixar entwickelt wurde und für die Zukunft des 3D-Internets entscheidend sein könnte. "Dieses Dateiformat ist das HTML des Metaversums", so Ball.
Man darf darauf gespannt sein, wer im Metaverse das Rennen machet. Es scheint jeddenfalls, dass Hollywood und allen Studios voran Disney dafür einer blendenden Ausgangslage ist. Der Einfluss der Filmstudios dürfte das Metaversum bzw. Internet 3.0 auf jeden Fall prägen.
Übrigens: Hier lesen Sie, was der "Playboy" im Metaversum macht.