Nach Gesprächen mit Seco

Temu zeigt keine Glücksräder mehr, dafür Kontaktangaben von Verkäufern

Uhr
von René Jaun und dda

Temu verzichtet ab sofort auf verschiedene unlautere Verkaufspraktiken. Dazu gehören Floskeln wie "Blitzangebot" oder "Beeilen Sie sich!". Die Shoppingplattform reagiert damit auf eine Intervention des Bundes, bei dem sich hiesige Händlerorganisationen beschwert hatten.

(Source: Snowing/Freepik.com)
(Source: Snowing/Freepik.com)

"Beeilen Sie sich, sonst verpassen Sie etwas!" Mit solchen und ähnlichen Sprüchen versuchte die Onlineshopping-Plattform Temu, Kundschaft zu einem raschen Kauf zu bewegen. Derartiges Marketing, das den User unter künstlich erzeugten Zeitdruck setzt, ist in der Schweiz als unlauter verboten.

Auch Temu macht nun offenbar mit derartiger Verkaufsförderung Schluss. Zumindest sichert dies die Onlineplattform gegenüber dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) zu. Dieses tauschte sich mit dem in Irland ansässigen Unternehmen Whaleco Technology aus, dass für Temu in der Schweiz verantwortlich ist, wie es in einer Mitteilung heisst. In der Folge habe Whaleco die Darstellung des Angebots der Online-Plattform schrittweise und kurzfristig verbessert. Laut dem Seco gehören folgende Änderungen zu den wichtigsten:

  • Bei Rabatten bzw. Preisvergleichen präzisiert Temu neu, dass der durchgestrichene Referenzpreis der Produktepreis auf Temu unmittelbar vor der Preissenkung ist.

  • Name, Adresse und E-Mail der Verkäufer sind neu angegeben.

  • Es erscheint keine Benutzeraktivität in Form eines Glücksrades mehr.

  • Die Angabe "Fast ausverkauft" wird angegeben, wenn der Lagerbestand zwischen 99 und 20 Einheiten liegt und damit innert weniger Tage ausverkauft ist. Zuvor wurde die Angabe "Fast ausverkauft" bei einem Lagerbestand zwischen 199 und 20 Einheiten verwendet. Ein Kontrollmechanismus stellt die angemessene Verwendung der Angabe sicher.

  • Temu entfernt verschiedene Angaben, die Kunden zeitlich unter Druck setzten (z.B. "Beeil Dich! Über x Personen haben diesen Artikel in ihrem Einkaufswagen!"), respektive Zeit reduzieren (z.B. "Blitzangebot").

  • Auch aus Marketing-Mails streicht Temu verschiedene Angaben, die Kunden emotional und zeitlich unter Druck setzten (z.B. "Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen", "Beeilen Sie sich, sonst verpassen Sie etwas", "Sie müssen etwas unternehmen, sonst ist Ihr Favorit ausverkauft").

Händler sehen Gesetzgeber in der Pflicht

Whaleco habe sich verpflichtet, diese Änderungen beizubehalten, teilt das Seco mit. Die Verhandlungen mit der Onlineplattform führte die Behörde nach Beanstandungen durch die Schweizer Konsumenten- und Händlerverbände. Die Swiss Retail Federation, die sich in einer eigenen Mitteilung als "treibende Kraft hinter der Beschwerde" präsentiert, zeigt sich erfreut über das Erreichte: Die offiziell unterzeichnete Unterlassungserklärung von Temu markiere einen ersten wichtigen Schritt hin zu faireren Wettbewerbsbedingungen für den Schweizer Detailhandel. Alle Marktteilnehmer – ob inländisch oder international – müssten sich an die Regeln des lauteren Wettbewerbs halten, erklärt die Organisation.

Doch noch sind hiesige Händler nicht vollends zufrieden. So hebt etwa der Handelsverband.swiss hervor, dass zwar Fragen zur Preisbekanntgabe oder zum unlauteren Wettbewerb besprochen worden seien. Klärungsbedarf sieht die Organisation jedoch in den Bereichen Produktehaftpflicht, Produktesicherheit sowie Rücknahme und Entsorgung elektronischer Geräte. Die entsprechenden rechtlichen Grundlagen seien mitunter ungenügend und müssten gegebenenfalls angepasst werden.

Seitens Seco hat Temu vorerst nichts zu befürchten. Es stünden keine rechtlichen Schritte gegen Whaleco bevor, bestätigt die Behörde in der Mitteilung. Allerdings würde das Seco bei neuen Beschwerden betreffend die Lauterkeit des Angebots die Whaleco erneut in die Pflicht nehmen.

 

Eine Studie des Forschungszentrums für Handelsmanagement der Universität St. Gallen HSG hat den sogenannten Online-Einkaufstourismus, also den Onlineeinkauf im Ausland untersucht. Dieser legt immer mehr zu. Auch wegen Temu, Shein und AliExpress, wie Sie hier lesen können.

 

Webcode
joYD5AtE