Die Schweizer Crowd gibt Gas
2014 haben Schweizerinnen und Schweizer fast 16 Millionen Franken in Crowdfunding-Projekte investiert. Rekord. Die Hochschule Luzern untersuchte das Phänomen.
Im Internet Kapital zu sammeln, ist seit einigen Jahren populär. US-Plattformen wie Kickstarter oder Indiegogo sind die bekanntesten Vertreter. Es gibt aber auch Schweizer Portale für Crowdfunding oder Schwarmfinanzierung, wie es die Hochschule Luzern nennt.
In Zusammenarbeit mit Swisscom untersuchte die Hochschule Luzern jene Plattformen. Das "Crowdfunding Monitoring 2015" zeigt, dass im vergangenen Jahr Projekte auf Schweizer Plattformen insgesamt 15,8 Millionen Franken einsammelten. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Plus von 36 Prozent. Seit 2011 verfünffachte sich das Volumen sogar. Die Summe verteilte sich auf 1078 Kampagnen.
Schweizer Markt klein im Vergleich zu USA und UK
Im internationalen Vergleich seien die absoluten Beträge aber immer noch sehr tief, schreibt die Hochschule. "Der Crowdfunding-Markt steckt in der Schweiz nach wie vor in den Kinderschuhen", lässt sich Finanzprofessor Andreas Dietrich zitieren. Dietrich verfasste die Studie gemeinsam mit Simon Amrein.
Knapp die Hälfte des Gesamtvolumens entfiel gemäss Mitteilung auf Crowdsupporting und Crowddonating. 29 Prozent stammten aus Crowdinvesting und 22 Prozent aus Crowdlending. Im Vergleich zu 2013 legten Crowdsupporting und Crowdlending besonders stark zu: um 82 respektive 95 Prozent.
Kapitalsuchende trauen sich noch zu wenig auf Plattformen
Die Zahl der Crowdlending-Kampagnen kletterte dabei von 116 auf 214. Allesamt wurden erfolgreich finanziert und sammelten insgesamt 3,5 Millionen Franken ein. "Investitionen in Crowdlending sind bei Anlegern zunehmend beliebt, weil solche Anlagen in den vergangenen Jahren attraktive Renditen bei bisher tendenziell tiefen Risiken versprachen", sagt Dietrich.
Die Herausforderung für die Crowdlending-Plattformen liege darin, Kapitalsuchende auf die Plattformen zu bewegen. Kapitalgeber seien genügend vorhanden.
Durschnittsalter von Darlehensnehmern: 38
Im Vergleich zum Konsumkreditmarkt ist das Geschäft mit Krediten aus dem Schwarm aber immer noch verschwindend klein. 2014 wurden für 3,9 Milliarden Franken Konsumkredite abgeschlossen.
Die Schweizer Plattform Cashare stellte der Hochschule Luzern für das Monitoring alle Daten zu vermittelten Darlehen zwischen 2008 und 2014 zur Verfügung. Die Hochschule konnte so die Darlehensnehmer charakterisieren. Das Durchschnittsalter liegt demnach bei 38 Jahren. 76 Prozent sind Männer, über zwei Drittel Schweizer. Ein Fünftel hat bei Darlehensabschluss mindestens ein Kind unter 16 Jahren.
37 Prozent der Darlehensnehmer leben in einer Ehe, 19 Prozent besitzen Wohneigentum. 60 Prozent aller seit 2008 vermittelten Darlehen gingen an Personen unter 40 Jahren. Über 60-jährige waren in nur vier Prozent der erfolgreich beendeten Projekte Darlehensnehmer. Die Altersverteilung zeige, dass Crowdlending derzeit noch vorwiegend eine Angelegenheit der Generation Y sei, sagt Dietrich.
1,5 Millionen für Technologie und Start-ups
Crowdsupporting und Crowddonating etabliere sich insbesondere im Kulturumfeld. 2014 kamen für 216 Musik-, Konzert- und Festival-Kampagnen knapp 1,5 Millionen Franken zusammen. Im Schnitt macht das 6850 Franken pro Projekt.
Kampagnen für Technologie, Business und Start-up sammelten ebenfalls 1,5 Millionen Franken. Die Zahl der Projekte war mit 40 aber deutlich tiefer. Entsprechend wurden im Schnitt 36'600 Franken vermittelt.
Die Hochschule Luzern bietet die vollständige Studie zum Download an.
Die vier Formen von CrowdfundingJe nach Gegenleistung, die der Kapitalgeber für seine Investition erhält, werden vier Formen von Crowdfunding unterschieden:
- Crowdinvesting: Ein Start-up sammelt auf diese Weise Kapital für die Umsetzung seiner Geschäftsidee. Als Gegenleistung werden die Investoren am Unternehmenserfolg beteiligt.
- Crowdlending: Bei dieser Form geht es um die Vermittlung von Darlehen zur Finanzierung von Unternehmen oder Privaten. Als Gegenleistung erwarten die Darlehensgeber eine risikogerechte Rendite. Die Projekte, die auf diese Weise finanziert werden, sind sehr unterschiedlich: Ein Familienauto, Hochzeitsvorbereitungen, eine Zahnspange oder ein Start-up.
- Crowdsupporting: Diese Kategorie beinhaltet häufig kulturelle und soziale Projekte sowie Vorhaben aus dem Bereich Sport. Der Investor erhält für seinen Beitrag eine einmalige Gegenleistung: Wer z.B. das Album einer Band mitfinanzieren möchte, bekommt die CD nach deren Produktion kostenlos.
- Crowddonating: Damit lassen sich vor allem soziale, karitative und kulturelle Projekte (z.B. Orchesterkonzerte, Hilfsprojekte einer Non-Profit-Organisation) finanzieren. Die Unterstutzungsbeiträge sind reine Spenden, die nicht an eine Gegenleistung geknüpft sind.