"Brauchen wir überhaupt Intranets?"
Die Einfachheit von Facebook, Twitter und Co. haben die Bedürfnisse der Nutzer bezüglich Inhalten von Intranets und Internets verändert. Was bedeutet dies für IT-Abteilungen?
Heutige Intranets können Angestellte manchmal schier zur Verzweiflung bringen. Inhalte zu ändern ist oft kompliziert und schwerfällig, ausserdem können heutige Intranets mit den den vielseitigen Angeboten im Internet meist nicht mithalten. Dieser Unterschied zwischen Internet und Intranet war eines der Hauptthemen am heutigen Teil des zweitägigen i2 Swiss Internet and Intranet Summits in Zürich.
In einer Keynote ging Headshift-Gründer Lee Bryant auf diesen Unterschied ein. Headshift ist ein britisches Beratungsunternehmen für Social Business. "Angestellte benutzen heutzutage Facebook und Twitter und erfreuen sich an deren Einfachheit", so Bryant. Die Tools, die den Menschen online zur Verfügung stehen, seien viel besser als diejenigen, die sie an ihrem Arbeitsplatz erwarten würden. "Warum sind Intranets so schlecht? Brauchen wir sie überhaupt?" fragte Bryant das Publikum. Er lieferte in seiner Rede auch gleich den Grund für die schlechte Qualität der Intranets: früher, so Bryant, habe das Internet in etwa gleich aus gesehen wie ein heutiges Intranet. Heute hingegen sei das Internet dem Intranet weit voraus. Social-Media-Inhalte im Internet seien selbstverständlich, nicht so im firmeneigenen Intranet. Der Grund für diesen grossen Unterschied ist für Bryant offensichtlich: "Intranets haben keine Konkurrenz". Ausserdem hätten Unternehmen meist kein grosses Interesse daran, eine andere Intranet-Technologie einzusetzen. "Zumindest nicht, wenn sie einen teuren Dreijahresvetrag mit einem Unternehmen wie Microsoft abgeschlossen haben."
Intranet als Zeitverschwender
Wichtig sei, dem Unternehmen eine menschliche Note zu geben, gegen aussen sowie gegen innen. "Es darf nicht sein, dass Angestellte jeden Morgen zehn Minuten ihrer Arbeitszeit investieren müssen, um sich überhaupt in das System einzuloggen." Wenn man diese zehn Minuten mal die Anzahl Mitarbeiter und fünf Tage rechne, ergebe sich daraus ein grosser finanzieller Verlust. Zudem verschwende man damit das Talent und die Zeit der Mitarbeiter. "Ein Unternehmen darf nicht alles für seine Kunden machen und dabei die Bedürfnisse der eigenen Angestellten vernachlässigen."
Doch nicht nur Intranets haben "unmenschliche" Züge. Auch im Internet finde man viele Unternehmen, die mehr Fokus auf das Aussehen ihrer Website als auf den Kundenservice setzen würden, so Bryant weiter. "Kunden wollen keine schönen Bilder mit glücklich lächelnden Menschen vor Laptops sehen." Zumindest nicht, wenn sie sich durch eine flash-lastige Website kämpfen müssten, um zu den gewünschten Informationen zu kommen. "Der manchmal schon fast narzistisch angehauchte Fokus auf die eigene Firma hat keine Zukunft", ist Bryant überzeugt Viel wichtiger als eine schön auszusehende Website sei daher ein kundenorientierter Service. "Die 'Consumer Grade Experience' ist hier das A und O."
Als Beispiel für gutes Kundenmanagement nannte Bryant den britischen Telekommunikationsanbieter "Giffgaff", der auf die Mitarbeit seiner Kunden setzt. Giffgaff belohnt seine Kunden beispielsweise mit Gratisminuten, wenn diese einem anderen Kunden helfen. "Giffgaff hat damit eine Win-Win-Situation geschaffen", so Bryant. "Kunden vertrauen einem anderen Kunden viel eher als einem Callcenter-Mitarbeiter". Giffgaff könne im Gegenzug Kosten und Ressourcen sparen.
"Versichern heisst verstehen"
Ein weiteres Unternehmen, das den Kunden in den Vordergrund stellen will, ist die Ergo Versicherungsgruppe. Dirk Schallhorn, Leiter Interaktiv Digital Business, erläuterte in seinem Beitrag das Konzept "Versichern heisst verstehen". Die Ergo Versicherungsgruppe, so Schallhorn, habe sich entschlossen, dem schlechten Image des Versicherungsvertreters Abhilfe zu schaffen und den Kunden in den Vordergrund zu stellen. Das Wichtigste beim Versichern, so Schallhorn, sei das Zuhören. "Wir wollen nicht versichern, was der Mensch nicht braucht." Falls also ein Kunde etwas nicht verstehe, "erklären wir es ihm noch mal". Falls er es dann immer noch nicht verstehe "erklären wir es ein zweites Mal". Und auch weitere Male, falls dies nötig sei. Der Anruf sei dabei innerhalb Deutschlands gebührenfrei. Um die Kunden zusätzlich zur Mithilfe zu motivieren, hat sich Ergo ein Konzept ausgedacht: Wenn der Kunde während einem dieser Telefonate einen Verbesserungsvorschlag mache, der seine Nachfrage hätte vermeiden können, werde diese Idee festgehalten und zur Prüfung an den Kundenanwalt weitergegeben. Sei die Idee umsetzbar, belohne Ergo den Kunden mit 50 Euro.
In einem weiteren Referat äusserte sich Martin Radtke von der SBB Cargo zum Relaunch der Website von SBB Cargo. Das Unternehmen habe dabei auf die Erfahrungen der SBB setzen können, die ihre eigenen Website vor ein paar Monaten erneuert haben. "Dadurch machten wir nicht die gleichen Fehler zweimal", so Radtke.
Als sehr wichtig erachtete Radtke den Usability-Test, den SBB Cargo mit ausgewählten Nutzern im Rahmen des Relaunch-Projektes durchgeführt habe. Dabei sei SBB Cargo klar geworden, dass "die Nutzer die Dinge nicht immer gleich sehen wie wir". Die Erkenntnisse aus dem Usability-Test habe daher sehr viel zum Erfolg der Website beigetragen. Daher Radtkes Fazit: "Usablility Tests sind sehr nützlich. Immer."