Keine Vorabprüfung

EGMR stärkt Rechte bei Online-Kommentaren

Uhr | Aktualisiert
von Christoph Grau

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die freie Meinungsäusserung bei Online-Kommentaren gestärkt. Das Gericht gab einem ungarischen Nachrichtenportal Recht. Eine Vorabprüfung von Kommentaren sei nicht notwendig.

In einem Urteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Meinungsfreiheit bei Kommentare auf Webseiten und Internetforen gestärkt. Der Entscheidung des Gerichts zufolge gibt es keine generelle Pflicht zur Vorabmoderation von Beiträgen, wie Golem berichtet. Das Urteil fiel am 2. Februar und ist auf der Website des Gerichts einsehbar.

Der beklagte Fall

Der Fall entzündete sich an Kommentaren auf einen Artikel des ungarischen Nachrichtenportals Index.hu aus dem Jahr 2010. Der Beitrag kritisierte die Geschäftspraktiken von zwei Immobilienwebsites. In Kommentaren wurden die Portale mit teilweise sehr abfälligen Sätzen kritisiert. Daraufhin reichten die kritisierten Websites vor dem Budapester Regionalgericht Klage ein, worauf der Index.hu die betreffenden Kommentare löschte.

In seinem Urteil befand das Gericht, dass die Kommentare entwürdigend gewesen und über das Recht auf freie Meinungsäusserung hinausgegangen seien. Sie hätten geprüft und unverzüglich gelöscht werden müssen. Das Nachrichtenportal sollte Schadensersatz leisten. Auch weitere Instanzen bestätigten diese Entscheidung, woraufhin Index.hu den EGMR anrief.

Denn Index.hu weist in seinem Impressum darauf hin, dass die Kommentare nicht die Meinung der Betreiber widerspiegeln und die Kommentatoren für den Inhalt verantwortlich seien. Über eine Meldefunktion konnten Leser die Administratoren über Missbrauch aufmerksam machen, damit der Post gelöscht wird, wenn nötig.

Abwägung von Grundrechten

Der EGMR wog in seinem Urteil das Recht auf freie Meinungsäusserung und das Recht auf Wahrung der persönlichen Reputation ab. In dem vorliegenden Fall gewichtete das Gericht die freie Meinungsäusserung höher. Die Kritik der Kommentare sei gerechtfertigt gewesen, wenn auch die Wortwahl kritisiert wurde.

Das Gericht befand daher, dass ein zeitnahes Löschen der Kommentare nach Eingang der Beschwerde ausreichend sei. Anders sehe es hingegen bei Hassbotschaften aus, oder wenn die Interessen von Personen oder der Gesellschaft direkt bedroht seien, schreibt Golem weiter. Solche "illegalen Kommentare" seien unverzüglich nach Eingang eines Hinweises zu löschen. Im vorliegenden Fall sah das Gericht dies jedoch nicht.

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