Gemeindesoftware

Durchgängigkeit – für die Gemeindelösung der Zukunft ein Muss

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von Marc Eugster, Leiter Fachmodule und Marketing, Axians IT&T

Bei vielen Gemeinden besteht bei den Verwaltungs-Software-Produkten Erneuerungsbedarf. In die Jahre gekommene Systeme machen Neubeschaffungen unumgänglich. Doch welche Anforderungen muss eine zukunftsgerichtete Gemeindesoftware erfüllen?

Marc Eugster, Leiter Fachmodule und Marketing, Axians IT&T
Marc Eugster, Leiter Fachmodule und Marketing, Axians IT&T

Wie in der Privatwirtschaft besteht auch bei Kommunen vielerorts Erneuerungsbedarf bei den Softwaresystemen. Viele bestehende Lösungen sind mittlerweile in die Jahre gekommen oder haben gar das Ende ihres Lebenszyklus erreicht. Es ist sogar ein offenes Geheimnis, dass bei gewissen im Markt weitverbreiteten Produkten die Weiterentwicklung über die nächsten Jahre hinaus nicht gesichert ist. Ganz abgesehen davon, dass die Einhaltung der Standards zur Integration automatisierter Prozesse mit Plattformen von Kanton oder Bund auch heute oft nur mühsam mit Workarounds erzielt werden kann. Letzteres ist auf jeden Fall mit ein Grund, weshalb sich IT-Verantwortliche bei Gemeinden und Städten gezwungen sehen, neue Lösungen zu evaluieren. Gilt es doch, unabhängig von den eingesetzten Systemen und dem permanenten Kostendruck, auch die Erwartungen der Bürger an zeitgemässe E-Government-Dienstleistungen zu erfüllen.

Ist bei häufig benutzten E-Government-Services jedoch eine Datenübernahme aus dem Portal ohne Medienbrüche nicht realisierbar, entsteht – trotz gutem Willen zur Digitalisierung – zusätzlicher, administrativer Aufwand. Das Resultat: Die Durchlauf- und Reaktionszeiten der Services werden unnötig verlangsamt anstatt optimiert. Dabei gilt es insbesondere bei den Verwaltungsabläufen, die Effizienz zu steigern, sehen sich doch die allermeisten Städte und Gemeinden einem ständig steigenden Kostendruck ausgesetzt.

 

Systeme ohne Zukunftsperspektive ­werden ersetzt

Ein weiterer Grund für den Erneuerungsbedarf ist der grosse Wartungsaufwand, den die teilweise monolithartig gewucherten Softwarelandschaften, bestehend aus Standardkomponenten und teilweise selbstentwickelten Applikationen, verursachen. Hinzu kommt, dass mit diesen jahrelang gewachsenen Systemlandschaften nicht selten an mehreren Orten Daten vorgehalten werden, die keinen durchgängigen Zugriff aus allen Anwendungen und erst recht keine saubere Datenhaltung erlauben. Der Aufwand, solche verzweigten, historisch gewachsenen, redundanten Datenbanksysteme zu warten, wird schlichtweg zu gross.

Falsch adressierte Postsendungen und unnötiger Mehraufwand für die Pflege sind die Folge. Hier ist es zwangsläufig ein Muss, Daten wie etwa Adressinformationen in einer einzigen Datenbank korrekt abzulegen und für die Anwendung aus allen Modulen immer in der richtigen Form und Ausprägung zur Verfügung zu stellen. Kurz gesagt ist es heutzutage wirtschaftlich nicht mehr vertretbar, Softwaresysteme aufrechtzuerhalten, deren Unterhalt zu aufwendig geworden ist, deren Fortbestand infolge fehlender Zukunftsperspektive und mangelnder Innovation seitens Hersteller nicht gesichert ist und mit denen sich Verwaltungsprozesse nicht effizient, «End-to-End» – also durchgängig – abbilden lassen.

Bei vielen mittleren und grösseren Verwaltung ist es bereits heute ein wichtiges Kriterium, dass durch Mitarbeitende geleistete Aufwände, etwa beim Strassenunterhalt, direkt aus der rapportierten Arbeitszeitkontrolle in die Jahresrechnung übernommen werden können. All die genannten Gründe, gepaart mit teilweise fehlendem kompetentem Support oder zu hohen Preisen für zu wenig Gegenleistung, sorgen schweizweit bei Verwaltungen dafür, sich nach marktgerechten, modernen und zukunftgerichteten Gesamtlösungen umzusehen.

 

Durchgängige, umfassende Gesamtlösungen

Der im Markt sich abzeichnende Trend geht dabei eindeutig in die Richtung, dass zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben einer Verwaltung wenige, aber möglichst umfangreiche Systeme nachgefragt werden. Dies bedeutet, dass in der Praxis meistens ein kompletter oder beinahe kompletter Systemwechsel auf eine neue, umfassende Lösung angestrebt wird, anstatt bestehende Systeme weiter mit zusätzlichen, untrennbaren Bauteilen weiterwuchern zu lassen. Die Vorteile der möglichst breiten Integration in ein einziges System liegen auf der Hand: Die heute noch zahlreich vorhandenen Drittanwendungen können bei einem umfassenden Ersatz auf ein Minimum reduziert werden. Es entfallen Schnittstellen, und letztlich wird auch der Aufwand für die Schulung der Mitarbeitenden auf einer einzigen, durchgängigen Lösung merklich reduziert.

Bei der Wahl eines Anbieters sollte also darauf geachtet werden, dass ausser der Grundfunktionalitäten für Einwohnerkontrolle und Rechnungswesen möglichst viele integrierte und durchgängige Fachmodule zur Verfügung stehen – und zwar nicht nur für die aktuellen, sondern auch die möglichen zukünftigen Bedürfnisse. Es sollte etwa daran gedacht werden, dass über die Grundfunktionalitäten hinaus zu einem späteren Zeitpunkt neue Anwendungen wie Module für Projektkosten- oder Projektauftragsmanagement, Personal- und Lohnsysteme oder Analyse- und Steuerungslösungen eingesetzt werden können. Oder es könnte nötig sein, zu einem späteren Zeitpunkt für das Scannen und Importieren von Belegen aus heterogenen Datenquellen ein Dokumentenmanagement-System zu verwenden, auch um auf alle mögliche Arten von Dokumenten aus den jeweiligen Fachanwendungen direkt zugreifen zu können.

Obwohl es grundsätzlich gilt, eine möglichst durchgängige Gesamtlösung anzustreben, sollte eine neue Software auch über einen umfassenden Schnittstellenbestand verfügen, kommt es doch durchaus vor, dass Drittsysteme integriert und damit bereits getätigte Investitionen geschützt werden sollen. Weitere wichtige Kriterien bei der Wahl eines Anbieters sind auf der Kostenseite ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis sowie die Frage, ob mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen individuelle Finanzierungsmöglichkeiten bestehen.

 

Praxisbeispiel: Einwohnerkontrolle

Anhand einer kleinen Geschichte soll die laufend zunehmende elektronische Übertragung von Daten und die Durchgängigkeit einer Lösung für die Einwohnerkontrolle veranschaulicht werden.

Herr Muster hat mit seiner derzeit schwangeren Frau ein Häuschen gebaut. Das Bauamt erfasste das neue Gebäude und importierte die Daten aus dem eidgenössischen Gebäude- und Wohnungsregister in das System der Einwohnerkontrolle der Gemeinde. Über das E-Government-Portal meldet Herr Muster seinen Umzug. Nachdem sich Frau Muster bei ihrer ehemaligen Wohngemeinde abgemeldet hat, erhält noch am selben Tag die Einwohnerkontrolle von der ehemaligen Wohnsitzgemeinde die elektronische Zuzugsmeldung sowie die Umzugsmeldung von Herrn Muster. Dieser begleitet seine Frau zum Schalter der Einwohnerkontrolle, um die Anmeldung abzuschliessen. Sie gibt auch noch das Stimmmaterial, das sie von der alten Wohnsitzgemeinde erhielt, ab, denn sie will bei einer wichtigen Vorlage der neuen Gemeinde abstimmen. Innerhalb weniger Minuten wird der Zuzug unter Berücksichtigung der UPI-Wert-Abfrage (Unique Person Identification, eine Funktionalität des zentralen Versichertenregisters der AHV für die Personenidentifikation) gebucht. Die Mitarbeiterin der Einwohnerkontrolle fügt Frau Muster dem Stimmregister hinzu und druckt den neuen Stimmrechtsausweis aus. Zwei Monate später trifft bei der Einwohnerkontrolle die Geburtsmeldung des gemeinsamen Kindes ein. Die Geburtsmeldung des Sohnes wurde vom Personendatenregister Infostar des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements über die Schnittstelle der Plattform Sedex (Bundesamt für Statistik) für den sicheren asynchronen Datentausch mit der neuesten Version übermittelt. Der offene Geschäftsfall «Geburt» wird von der Mitarbeiterin der Einwohnerkontrolle überprüft. Da die Konfession des Kindes noch pendent ist, erstellt sie auf dem offenen Geschäftsfall eine Notiz und übermittelt diese in die Startseite der Lernenden oder in die persönliche Eingangs- respektive Benachrichtigungs-Box («Meine Benachrichtigungen») mit der Bitte, die Konfession abzuklären. Nach einem verlängerten Mutterschaftsurlaub kann Frau Muster wieder bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber mit einem 60-Prozent-Pensum weiterarbeiten. Auf der Homepage der Gemeinde sehen die beiden, dass ihre Gemeinde Betreuungsgutscheine zuhanden der Eltern von Vorschulkindern ausrichten, wenn die Kinder in einer Kindertagesstätte oder bei Tageseltern fremdplatziert sind. Sie drucken das Antragsformular für Betreuungsgutscheine aus und stellen dieses per E-Mail der Gemeinde zu. Die verantwortliche Mitarbeiterin überprüft das Gesuch und erfasst aus der zentralen Datenbank die Familie Muster im entsprechenden Modul, damit automatisiert künftig monatlich die Auszahlung an die Familie Muster oder direkt an die Tagesstätte erfolgen kann.

Webcode
ITFG1605