20 Jahre Netzwoche/20 Jahre Schweizer IT

2001: Jetzt schlägt die Stunde der Überlebenden

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Nach dem Platzen der Dotcom-Blase steht das Gratisinternet am Pranger. Wie die Schweizer Branche die raue See des IT-Marktes überstand und welche Themen das Jahr 2001 noch prägten. Ein Rückblick.

So sah die Dezember-Ausgabe 2001 aus. (Source: Netzmedien)
So sah die Dezember-Ausgabe 2001 aus. (Source: Netzmedien)

2001 ist für die Netzwoche ein Jahr der Neuerungen. Die Netzagenda für die Events der Branche, der Netzreport und Best of Swiss Web feiern in diesem Jahr ihr Debüt.

In 45 Ausgaben lässt sich mitverfolgen, wie die Schweizer IT mit den Folgen der Dotcom-Blase kämpft und wie die Wirtschaft die sogenannte "New Economy" nicht mehr feiert, sondern plötzlich verschmäht. Schnell findet man sogar die positiven Seiten des Scheiterns der New Economy. Anfang des Jahres schreibt Marc Schlett (Coshopper.ch), wie man "von den Dotcom-Leichen" profitieren könne. Durch das Scheitern von grossen E-Commerce-Unternehmen könnten "die Überlebenden" leicht an wertvolle Datensätze mit Kundeninformationen kommen. Bertelsmann und BOL schlagen in Europa günstig zu.

Der Crash habe aber dem Image der ganzen Internetbranche geschadet, schreibt der damalige Netzwoche-Chefredaktor Thomas Brenzikofer in seinem Editorial. Der Börsenabsturz sei in Form von Massenentlassungen auch beim Arbeitsvolk angekommen. 10 Prozent der Dotcom-Pleiten fallen auf Europa und es stellt sich die Frage, ob die New Economy zur "Job-Guillotine" wird. Viele Schweizer Unternehmen müssen ihre Auslandsexpansion abbrechen und Niederlassungen schliessen.

Internetnutzer zur Kasse bitte!

Ein diskutierter Ausweg aus der Krise ist die Einführung von bezahlten Premium-Services. Micropayment als Abkehr von der Werbezentriertheit. Während Medienunternehmen wie Tamedia noch von kostenpflichtigen Inhalten abrücken, kann sich MSN Switzerland durchaus vorstellen, für mehr Speicherplatz auch Geld vom Kunden zu verlangen. "Das Gratisinternet war eine typische Ausgeburt des Börsenhypes", meint Brenzikofer. Der Hype um das Internet brachte zwar Traffic, aber kein Geld. Die Folgen sind massive Einsparungen bei den Schweizer E-Commerce-Leadern: der Post, Swissonline und Bluewin. T-Online verhängt sogar ein Investitionsstop und begräbt seine Pläne für die Schweiz.

Ebenfalls begraben muss die Swissair ihr Reiseportal Beyoo. Die Plattform erhielt noch im Mai den "Master of Swiss Web 2001" in der Kategorie Technologie. Ende Oktober ist der Höhenflug dann schon wieder vorbei – verbunden mit dem Grounding der gesamten Swissair-Flotte. Die Finanzspritze vom Bund ihn Höhe von zwei Milliarden Franken lässt den Chefredaktor an der Old Economy zweifeln.

Die Schweizer Internetbranche erhält ihren Oskar

Mit "Best of Swiss Web" lanciert die Netzwoche zusammen mit der Swiss Interactive Media Association (Sima) eine neue Plattform für die Branche. Herausragende und ansprechende Webprojekte sollen bei der Preisverleihung einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden. In den Kategorien Design, Business-Model und Technologie wurden insgesamt 20 "Best of Swiss Web"-Preise von der Fachjury vergeben.

Bei der Wahl zum Master of Swiss Web stimmten zudem die "Netzwoche"-Leser und das Publikum der Award-Night im Zürcher Kaufleuten ab. Am Ende setzt sich die neue Website von Pommes-Chips-Gigant Zweifel knapp gegen das Flugportal Beyoo durch. Chefredaktor Brenzikofer erkennt darin die Rückkehr zur Bodeständigkeit. Bei den Machern der Website von Cobolt Netservices sieht er "keine Spur von Dotcom-Chic".

Noch ist das Handy bloss Telefon

Ab 2002 sollen mehr Nutzer über drahtlose Geräte einen Internetzugang haben als über PCs, rechnet der Technology Forecast. "Unbeschränkter mobiler Zugang zu Informationen", verspricht man sich für die Zukunft. Damit verbunden sind nicht nur UMTS-Standards und Geräte von Palm. "Jeder User wird in Zukunft seinen eigenen virtuellen Assistenten haben", sagt Manuel Ebner, CEO von Artifical Life Schweiz, in einem Bericht über Bots im Internet. Der Bot kümmere sich dann um die persönlichen Daten des Nutzers und kommuniziere für ihn mit dem Internet. Ebner konnte damals nicht ahnen, dass wir in der Zukunft nur die Wahl zwischen Siri und Alexa haben.

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