Coronavirus: Datenschützer fürchten anhaltende Eingriffe in die Privatsphäre
Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, setzen Regierungen auch auf Handydaten. Teilweise greifen sie dazu auch in die Privatsphäre der Bürger ein. Datenschützer und Menschenrechtsaktivisten fürchten, dass diese Notfallmassnahmen auch über die Pandemie hinaus eingesetzt werden könnten.
Weltweit ergreifen Staaten Massnahmen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Vermehrt verwenden sie dabei auch Daten, etwa Standortdaten, die von Smartphones gewonnen werden. Die zunehmende Überwachung der Handydaten besorgen Datenschützer und Menschenrechtsaktivisten, wie "Der Standard" schreibt: "Sie befürchten weitgehende Eingriffe des Staates in die Privatsphäre der Bürger – und einen Dammbruch bei der Überwachung".
So nutzen Staaten Daten und Technologie zur Virus-Eindämmung
Dabei gehen die Staaten unterschiedlich vor, um der Coronakrise zu begegnen. Der deutsche Bundesdatenschutzbeauftragte poche zwar darauf, dass Handytracking auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit basieren müsse. Doch in EU-Staaten wie etwa Polen würden Lokalisierungs-Apps für Infizierte verpflichtend eingesetzt, um festzustellen, ob diese in Quarantäne bleiben. Mehrmals am Tag würden Betroffene unangekündigt aufgefordert, ein Selfie an immer ungefähr demselben Ort der Quarantäne zu machen. Bei Missachtung hätten die Infizierten mit einem Besuch der Polizei und Geldstrafen zu rechnen.
Auch das Schweizer Bundesamt für Gesundheit hat bereits Interesse an einer Contact-Tracing-App signalisiert, wie Sie hier nachlesen können. In Österreich werden laut "Der Standard" ebenfalls solche Ideen verfolgt. Eine solche Contact-Tracing-App stellt zum Beispiel per Bluetooth fest, ob eine Person eine bestimmte Zeit in der Umgebung einer anderen Person verbracht hat, und speichert diese Daten anonym. Würde eine Person dann positiv auf das Coronavirus getestet, würden die Personen mit der entsprechenden App, die eine bestimmte Zeit beim Infizierten verbracht haben, darüber informiert – ohne dass die Identität der infizierten Person preisgegeben würde.
Vor allem asiatische Länder nutzen die Möglichkeiten des Handytrackings, wie "Der Standard" weiter schreibt. Das Ziel sei, Bewegungsprofile zu ermöglichen, Kontaktpersonen von Infizierten aufzuspüren und zu isolieren. Zudem werde so sichergestellt, dass sich Infizierte an ihre Quarantäne halten. In China gebe ein QR-Code in den Farben Grün, Gelb oder Rot darüber Auskunft, ob sich jemand an Orten mit hohem Infektionsrisiko aufgehalten habe. Das entscheide gar darüber, ob eine Person etwa Bahnhöfe und öffentliche Verkehrsmittel betreten dürfe.
Das sind die Bedenken zu den staatlichen Massnahmen
Die Bürgerrechtsorganisation Freedom House in den USA habe wegen der Eingriffe in die Privatsphäre Alarm geschlagen. Es gebe Anzeichen dafür, dass autoritäre Regime das Coronavirus als Vorwand nutzten, um die Redefreiheit zu unterdrücken, die Überwachung auszuweiten und die Grundrechte anderweitig einzuschränken. Ein israelischer Historiker fürchte, dass die Coronakrise ein Wendepunkt in der "grossen Schlacht um unsere Privatsphäre" werden könne. Auch einige Aktivisten hätten an die Anschläge vom 11. September 2001 erinnert, "in deren Folge den US-Geheimdiensten weitreichende Überwachungsbefugnisse eingeräumt wurden", wie "Der Standard" schreibt. Die Aktivisten sähen Parallelen zum heutigen Kampf gegen Corona.
Whistleblower Edward Snowden habe ebenfalls davor gewarnt, dass die Massnahmen, die nun gegen Corona getroffen würden, auch nach der Pandemie noch genutzt werden könnten. Ähnlich sähen das zwei US-Forscher. Sie ergänzten, dass zudem problematisch sei, dass die Menschen sich an die Überwachung gewöhnen könnten, die in einer Notfallsituation eingeführt worden sei.
Die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation sehe ebenfalls, dass Regierungen in aller Welt aussergewöhnliche neue Überwachungsrechte verlangten, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Aber die Regierungen müssten auch zeigen, dass solche Befugnisse tatsächlich effektiv seien, auf wissenschaftlichen Grundlagen basieren und notwendig sowie angemessen seien.