Update: GPK klopft BFS wegen Wahlberechnungsfehler auf die Finger
Nach den Nationalratswahlen 2023 hat der Bund fehlerhafte Prozentwerte zu den Parteistärken kommuniziert. Dies geschah wegen eines Programmierfehlers beim BFS. Laut der GPK hat die Behörde die Risiken in Zusammenhang mit der Echtzeitveröffentlichung der Resultate unterschätzt.
Update vom 14.10.2024: Das Bundesamt für Statistik (BFS) verfügt über ein angemessenes Qualitätsmanagementsystem. Zu dieser Feststellung gelangt die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N), nach ihrer Untersuchung zu den im Oktober 2023 beim BFS falsch berechneten Wahlresultaten. In diesem Fall, erklärt die Behörde, liege "weder eine offensichtliche Sorgfaltspflichtverletzung noch eine Dienstpflichtverletzung" vor.
Doch eine Rüge hat die Kommission dann doch. Die Veröffentlichung von Wahlergebnissen in Echtzeit stelle das BFS vor neue Herausforderungen, heisst es in ihrer Mitteilung. "So müssen unter Einhaltung hoher Qualitätsstandards innert sehr kurzer Zeit Daten erhoben und veröffentlicht werden." Das Bundesamt habe die Risiken im Zusammenhang mit dieser Entwicklung offensichtlich unterschätzt, stellt die GPK fest. Es hätte zusätzliche Massnahmen ergreifen müssen, um sicherzustellen, dass allfällige Berechnungsfehler vor dem Wahltag erkannt werden.
Vor diesem Hintergrund begrüsst die GPK-N die vom BFS bereits angekündigten Verbesserungsmassnahmen, wie es in der Mitteilung weiter heisst. Sie betont, dass die Entwicklung eines Standardformats für die Übermittlung der kantonalen Wahldaten an das BFS dabei eine Priorität darstellen müsse und ersucht den Bundesrat, die Kantonsregierungen dafür zu sensibilisieren.
Update vom 28.06.2024:
So will das BFS künftige Wahlberechnungsfehler verhindern
Sechs Empfehlungen enthält der Untersuchungsbericht zu den falsch berechneten Parteistärken nach den Nationalratswahlen 2023. In einem eigenen Bericht erklärte das Bundesamt für Statistik (BFS) nun, wie es diese Empfehlungen umsetzen und ähnliche Pannen bei den nächsten nationalen Parlamentswahlen verhindern will.
Drei Empfehlungen will das Bundesamt im Rahmen eines Modernisierungsprojektes angehen: Konkret will es eine Serverumgebung einrichten und die Software zur Systemsteuerung und Datenverarbeitung erneuern. "Das Ziel ist, das bestehende System durch eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur abzulösen. Diese soll ausgedehnte Testing- und Plausibilisierungsmöglichkeiten bieten, mit Belastungsspitzen an Wahlsonntagen umgehen können und gleichzeitig manuelle Eingriffe erlauben, falls es an Wahlsonntagen zu unerwarteten technischen Problemen kommen sollte", heisst es in der Mitteilung des BFS. Zu den Hardwareanforderungen schreibt das Bundesamt im Bericht, das neue System müsse "anstelle von einzelnen Laptops auf einer Server-Lösung basieren".
Ebenfalls im Rahmen dieses Projektes soll ein neuer Datenstandard entstehen. Das BFS will diesen gemeinsam mit den Kantonen erarbeiten, und zwar im Rahmen von Workshops der Standardisierungsorganisation ECH. Man strebe an, den Datenstandard im Laufe von 2025 zu verabschieden. Danach wolle man die Kantone bei dessen Implementierung unterstützen und für eine einheitliche Umsetzung sorgen.
Die drei weiteren Empfehlungen betreffen "die personelle und organisatorische Ressourcenausstattung", wie das BFS schreibt. Um diese umzusetzen, braucht die Behörde mehr Personal. Zeitlich begrenzt ist dabei die Aufstockung des Kontrollpersonals am nationalen Wahlsonntag 2027. Doch auch längerfristig - zwei Jahre vor und nach den Wahlen 2027 - brauche es "mindestens eine neue Stelle für eine Person mit hinreichender technischer und fachlicher Kompetenz" in der Sektion Politik Kultur Medien des BFS; und auch um ein neues IT-System aufzusetzen, seien – zumindest für die Dauer des Entwicklungsprojekts – zusätzliche personelle Ressourcen notwendig.
Originalmeldung vom 26.10.2023:
Bund verrechnet sich bei Parteistärken – wegen Programmierfehler
Bei den Berechnung der Parteistärken nach den eidgenössischen Nationalratswahlen ist dem Bund ein IT-bedingter Fehler unterlaufen. Aufgrund dessen gab die Bundesverwaltung nach den Wahlen zunächst fehlerhafte Prozentwerte bekannt. Erst zwei Tage später bemerkte man beim Bundesamt für Statistik (BFS), das für diese Berechnungen verantwortlich ist, den Fehler. In einer Mitteilung kommuniziert die Behörde darauf die korrigierten Zahlen und hält fest, der Fehler wirke sich in keiner Weise auf die Wahlergebnisse oder die Sitzverteilung aus.
Als Ursache des Problems nennt der Bund die Software, die zum Importieren der von den Kantonen übermittelten Daten dient. Beim Import seien die Daten der Halbkantone Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden und Glarus, die ihre Daten in anderen Formaten als die anderen Kantone liefern, falsch importiert worden. Ein Programmierfehler in der Software führte dazu, dass die abgegebenen Stimmen in diesen Kantonen mehrfach gezählt wurden, was zu einer falschen Berechnung der Parteistärken auf Landesebene führte, wie das BFS erklärt.
Der Vorsteher des Departements des Innern, Alain Berset, ordnete eine administrative Untersuchung an, um die Prozesse in Zusammenarbeit mit dem BFS zu analysieren und zu verbessern. Das BFS erklärte, dass es diesen Fehler sehr bedauere und den Vorfall sehr ernst nehme. Der Prozess werde in Zukunft angepasst.
Während sich die Sitzverhältnisse aufgrund der Korrektur nicht verändern, haben die neuen Zahlen doch Konsequenzen. Denn laut der zunächst mitgeteilten Werte hätte die Mitte mit 14,6 Prozent die FDP (14,4 Prozent) in puncto Stärke überholt und wäre, wenn auch knapp, zur drittstärksten Partei der Schweiz avanciert. Doch in der korrigierten Berechnung hat die FDP eine leicht höhere nationale Stärke mit 14,3 Prozent. Die Mitte kommt dagegen auf 14,1 Prozent.
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